Fragwürdig
Katja Wolf, LINKE, ist Oberbürgermeisterin von Eisenach, Gastgeber des Burschentages
nd: Wie bewerten Sie die Vorgänge innerhalb der Deutschen Burschenschaft nach der Machtverschiebung am vergangen Wochenende?
Wolf:
 Ich sehe sie mit äußerster Sorge. Jeder, der sich mit den Machtkämpfen 
innerhalb der Burschenschaften beschäftigt, muss sehen, dass es sich um 
eindeutig rechtsradikale Tendenzen handelt, die man nicht mehr mit 
neokonservativen Blickrichtungen abtun kann.
Ab welchem Punkt sollte Eisenach nicht mehr Gastgeber des Burschentages sein?
Die
 jetzige Entwicklung ist aus meiner Sicht schon nicht mehr akzeptabel. 
Wenn Anträge abgelehnt werden, Burschenschaften und Burschenschafter 
auszuschließen, die eindeutig verfassungsfeindlich agieren, dann sind 
einfach Schmerzgrenzen überschritten. Und wenn die Frage von 
Ariernachweis und all den Diskussionen, die in dem Zusammenhang gelaufen
 sind, auftauchen, dann ist das nicht mehr Meinungsfreiheit. Sondern das
 geht in eine eindeutig rechtsradikale Richtung, die nicht mehr 
akzeptabel ist und die man auch nicht mehr ignorieren kann. 
Heißt das, Sie werden bereits aktiv?
Ja. Der Machtkampf 
läuft zwar noch, und sollten die eher wertkonservativen liberalen Kräfte
 Oberwasser gewinnen, muss man die Situation neu betrachten. Aber nach 
dem jetzigen Stand werden wir aktiv. Die Halle ist Eigentum der Stadt 
und an der Stelle sind wir als Vermieter gefragt. 
Gibt es in Eisenach dafür Unterstützer?
Natürlich werden 
die Meinungen gespalten sein. Denn auf der anderen Seite war der 
Burschenschaftstag bisher für Eisenach immer ein Wochenende, an dem alle
 Betten vermietet und die Gaststätten voll waren. Von daher war es ein 
wirtschaftlicher Aspekt für die Stadt, das kann man nicht ignorieren. 
Wenn man aber deutlich macht, wie sehr sich Burschenschaften von ihrer 
sowieso schon sehr konservativen Ausrichtung aus in der letzten Zeit 
nochmal radikalisiert haben, dann gehe ich davon aus, dass es da auch 
eine breite Unterstützung in der Eisenacher Bürgerschaft gibt. Auch im 
Stadtrat wird das entsprechend mitgetragen werden, denke ich.
Wer trifft denn letztendlich die Entscheidung?
Ich. Im 
Moment sind wir in der etwas unglücklichen Situation, dass es noch einen
 Vertrag mit den Burschenschaften gibt. Es gibt aber ein 
außerordentliches Kündigungsrecht. Das ist schon vorbereitet und wird in
 den nächsten Tagen eingeleitet.
Eisenach ist ein historischer Ort für die Burschenschaften. Rechnen Sie denn mit einer Gegenwehr?
Das
 ist jetzt Lesen im Kaffeesatz. Für mich ist die Situation relativ 
eindeutig, nämlich dass Eisenach keine Gastfreundschaft gegenüber 
Rechtsradikalen zeigen wird. Da sind alle Grenzen aus meiner Sicht im 
Moment überschritten. Und von daher ist für mich erst einmal wichtig, 
hier ganz klar die Notbremse zu ziehen.
Der Burschentag könnte sich einen anderen Veranstaltungsort in Eisenach suchen.
Wenn
 sich die Burschenschaften in Eisenach einen anderen Austragungsort 
suchen, mit dem die Stadt nichts zu tun hat, ist unsere Handlungsbasis 
natürlich eine schwierigere.
Fragen: Marlene Göring
