Die deutsch-irakische Künstlerin Lin May setzt sich in ihren Arbeiten mit dem Mensch-Tier-Verhältnis auseinander. Ihre künstlerische Praxis umfasst Texte, Zeichnungen, Skulpturen und Scherenschnitte. 2003 gründete sie den Ausstellungsraum Center in Berlin. Neben regelmäßigen Ausstellungen in Galerien hat sie ihre Arbeiten auch bei Tierbefreiungs-Veranstaltungen gezeigt, z. B. beim New Roads of Solidarity-Antirepressionskongress in Hamburg, 2010.
Ich besuche Lin May abends in ihrem Atelier in Berlin, wo einige 
großformatige Werke in Arbeit zu sehen sind sowie, auf zwei Tischen 
ausgebreitet, eine größere Anzahl Zeichnungen auf 
Schreibmaschinenpapier. An einer Wand lehnt zwischen einem Schweißgerät 
 und einer Werkbank ein Bild aus Stahlgittern,  eine Art demontiertes 
Gartentor. Obwohl noch in Arbeit, verrät die Wandzeichnung dahinter, 
dass es eine_n Tierbefreier_In darstellen wird, die/der auf den Armen 
ein Tier wegträgt; daneben ist der Fernsehturm zu sehen, der das 
Geschehen eindeutig in Berlin verortet. Berlin ist bekanntlich 
Deutschlands Hauptstadt der Tierversuche, ein Ort, in dem Tierausbeutung
 hinter geschlossenen Türen stattfindet. Wir reden über das Bild: ob der
 Fernsehturm als visuelles Signal für Berlin ausreicht; ob noch Text 
notwendig wäre oder ob es schon für sich spricht; über die Dynamik, die 
sie in dem Bild erzeugt hat; und über das dargestellte Tier, das, wie 
die menschliche Figur, so wenig spezifisch ist, dass es für alle Tiere 
stehen könnte. Sie zeigt mir einige Skizzen, die die Basis ihrer Arbeit 
formen. Auf einem Tor-Entwurf ist ein Hummer zu sehen, um den sich das 
Wort ‚Liberation‘ schlängelt. „Hier hatte ich Bedenken wegen des 
Hummers. Jemand, der sich mit der Materie auskennt, versteht das, für 
Außenstehende sieht es wohl nach der Fress-Etage vom KaDeWe aus.“ 
																																																																	„Aber 
mit dem  Wort ‚Liberation‘ drauf kann man das gar nicht mehr denken“, 
entgegne ich.
																																																																	„OK, du
 hast Recht. Vielleicht könnte man das doch machen. Die Gefahr bei 
diesen Türen ist, die sind eben sehr schön. Formale Entscheidungen im 
Zusammenhang mit der Arbeit werden am ehesten honoriert, wie etwa dieses
 Gelb oder wie präzise die Drähte gebogen sind – eigentlich hat das was 
mit Übung zu tun.“ 
																																																																	„Das 
Mensch-Tier-Verhältnis ist schon lange Thema deiner Kunst, seit deiner 
Studienzeit. Kannst du diese Entwicklung beschreiben?“ 
																																																																	
„Einzelschicksale von Tieren haben mich schon immer interessiert, ich 
habe aber nicht die übergeordneten bzw. strukturellen Zusammenhänge 
erkennen können, innerhalb derer Tierausbeutung legitimiert wird. 
Während meiner Studienzeit lernte ich durch einen Kommilitonen an der 
Kunstakademie Melanie Bujok kennen. Melanie war offen für  meine Fragen 
und ohne Dünkel. Dass man die Chance erhält, einen Zugang zum 
Tierrechts-/Tierbefreiungsgedanken zu bekommen, hat glaube ich ziemlich 
viel damit zu tun, dass man mit jemandem in Dialog treten kann, der 
sich, so wie sie, um  präzise Formulierungen bemüht und versucht eine 
Sprache für sich zu entwickeln, aber gleichzeitig auch fair reagiert auf
 einfache Fragen von außen. Ich weiß gar nicht, wie es gewesen wäre, 
wenn sie anders reagiert hätte. Aber ich bin auch ziemlich 
frustrationstolerant, und denke das ist OK, weil ich mittlerweile weiß, 
was es für jemand bedeutet, eine Million mal die gleichen Fragen zu 
beantworten.“
																																																																	„Aber diese Gesprächsbereitschaft ist auch total wichtig…“ 
																																																																	„Ja. 
Zum Beispiel Fragen wie – ‚Lebst du mit Tieren zusammen, welche sind 
deine Lieblingstiere?‘. Ich weiß nun, das spielt gar keine Rolle, aber 
ein Außenstehender kommt erst mal so zu diesem Thema. Das ist noch 
dieses ‚Ein Herz für Tiere‘-Niveau, mit dem wahrscheinlich viele erst 
mal ankommen, und wenn man dann merkt, wie umfassend dieses Thema ist, 
ahnt man erst die politische Dimension. Dann beginnt auch der Versuch 
die eigene Sprache weiterzuentwickeln.“ 
																																																																	„Und in
 deiner Kunst? Bist du auch noch dabei eine Sprache zu entwickeln?“ 
																																																																	„Ja, 
und  es geht momentan etwas leichter als noch vor einiger Zeit. Aber 
jede tatsächliche Tierbefreiung ist wichtiger, als das was ich hier 
mache. Es ist nichts Besonderes, es ist einfach das, was ich leisten 
kann, aber ich glaube nicht, dass wir von einem Kunstwerk und der Kunst 
generell besonders viel erwarten können. 
																																																																	Es muss
 verschiedene gesellschaftliche Bereiche geben, wo das Thema eingebracht
 wird, und dies ist nur einer davon.“
																																																																	„Aber 
es ist irgendwie mehr. Zum einen bringst du, wie gesagt, das Thema in 
einen gesellschaftlichen Bereich, der normalerweise nichts von der 
Tierbefreiungsbewegung oder von Tieren etwas mitbekommt, aber 
anderseits, ich finde eine Bewegung braucht Bilder für und von sich, 
einen Kontext für uns, wo wir uns sehen. Eine Bewegung und eine 
bestimmte Einstellung muss gefeiert werden und das machst du auch. Du 
feierst eine Bewegung und eine Meinung, die oft nicht beachtet wird. Für
 mich ist das eine Bereicherung.  Wie hat Deine Serie ‚Die Befreiung der
 Tiere aus den Käfigen‘ begonnen?“  
																																																																	„Das 
war 2006, ich hatte mich schon einige Jahre mit der Tierrechtsbewegung 
beschäftigt. Ich sah eine DVD mit Film-Dokumentationen von 
Tierbefreiungen,  unterlegt mit Punkmusik, sie hieß Animal Liberation – 
History of the Making. Das hat mich so geflasht! Es hatte so was ganz 
Konkretes und es war wie eine Art Kampf-Sport, der aber Sinn macht. Das 
war der Anlass, Kunst über Tierbefreiung zu machen: Das ist möglich. Es 
ist möglich! Das ist natürlich eine Art Philosophie, aber auch etwas, 
was praktisch machbar ist, du kannst Tiere aus den Käfigen holen. Das 
kann man abbilden. Tierrecht ist hingegen ein abstrakter Begriff. Und 
das ist sicher  nur einer der Gründe, warum Tierbefreier sich jetzt 
Tierbefreier nennen und eher nicht mehr Tierrechtler. Ich habe das so 
verstanden, dass man sich nicht erst zum gültigen Rechtsbegriff ins 
Verhältnis setzen wollte, um für Tiere aktiv werden zu können. Oder 
auch, dass man diesen Rechtsbegriff ohnehin ablehnt. Das ist zudem 
zeitraubend und für die Kunst kommt hinzu, dass Recht ein abstrakter und
 unabbildbarer Begriff ist. Befreiung ist hingegen eine Handlung, die 
darstellbar ist.“
																																																																	„Das 
macht total Sinn. Ich habe nie gewusst, wie ich Kunst über Tierrechte 
machen soll, ich wusste aber nicht, warum das so ist. Und als du das 
sagtest, fiel mir auch auf, dass viel Künstler_innen, die sich mit dem 
Thema auseinandersetzen, eher Bilder von Tierausbeutung machen.“
																																																																	„Was 
absolut legitim ist. Es ist gut, wenn es diese verschiedenen Ansätze 
gibt.  
																																																																	Mich 
interessiert aber auch eine Utopie, eine idealistische, alternative Welt
 zu entwerfen. Auch wenn man sich nicht nur damit beschäftigen kann, 
sonst wird man irgendwann Esoteriker und das führt zu nichts. Befreiung 
ist als Handlung hingegen praktisch und klar und es soll ein Vorschlag 
sein an die Gesellschaft, dies als konstruktive Handlung anzuerkennen. 
Im Moment hab ich das Gefühl, dass das  Thema nun langsam etwas mehr 
wahrgenommen wird.“
																																																																	„Am Anfang sahen deine Arbeiten noch anders aus, oder?“ 
																																																																	„Ja. 
Seit 1998 habe ich mich zunehmend mit dem Tierbefreiungsgedanken 
auseinandergesetzt, aber trotzdem nicht direkt in meiner Arbeit darauf 
reagiert. 
																																																																	Ich war
 unsicher, und andere Künstler, die mir gut gesonnen waren, sagten mir, 
mache deine Arbeit, mach deine Tierskulpturen, aber sag bloß niemand, 
dass du dich für Tierrechte interessierst. Das will keiner wissen. Geh 
auf Demos usw., aber guck, dass du es auseinanderhältst. Und ich dachte:
 Ja, OK, es ist vielleicht besser, zumal ich auch noch keinen Bildansatz
 hatte. Verunsichert war ich auch darüber, ob es überhaupt legitim ist, 
weil es nicht selbstverständlich ist, ein konkretes soziales Anliegen zu
 bearbeiten. Es gibt so eine Art Regel der zufolge die Kunst neutral zu 
sein hat. Da fehlten auch Vorbilder; und dort, wo ich studiert habe, an 
einer staatlichen Akademie, ist es nicht gerade naheliegend, sozusagen. 
Und ich war ziemlich happy. Ich hatte ein paar Tierskulpturen verkauft 
während der Jahresausstellungen im Studium, also ziemlich viel, da hab 
ich so viel verkauft wie später lange Zeit nicht mehr. Und so konnte ich
 mir damals z. B. leisten, in Düsseldorf Sendezeit bei Infoscreen zu 
mieten in der U-Bahn, um eine Anti-Pelz-Werbung zu schalten, was ein 
paar tausend DM gekostet hat. Und ich dachte, ja das ist keine schlechte
 Version: ich mache schöne Tierskulpturen und mit dem Erwerb kann ich 
dann das finanzieren, worum es mir geht. Natürlich war diese Werbung 
auch keine künstlerische Arbeit, sie sah aus wie von einer Werbeagentur.
 Ein Bild von einem Fuchs in einem Käfig, ich wollte erst mal ein 
ziemlich schreckliches Foto nehmen, Tötung mit Elektrostäben, und 
entsprechende Bildunterschrift, das wurde aber nicht akzeptiert. Am Ende
 habe ich mich dann auf ein weniger anderes Motiv mit denen geeinigt, 
das sah ein bisschen aus wie von Peta, würde ich heute sagen ... Es hat 
ein paar Jahre gedauert, bis ich dachte, dass es besser ist, die 
künstlerische Arbeit und das Anliegen, der Mensch-Tier-Problematik zu 
mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen, als eines anzusehen. Mir waren auch 
zuletzt immer weniger harmlose Motive mit Tieren für Skulpturen 
eingefallen.  
																																																																	Was 
auch ein guter Moment war, das war dann einige Jahre später, 2008. 
																																																																	Ich 
hatte einen sehr großen Scherenschnitt angelegt und darüber  
nachgedacht, wie könnte ein Tierbefreier aussehen, der nicht vermummt 
ist? Wie kann ich ihn als ein Stereotyp abbilden? Ich hielt es für gut, 
wenn es weder Mann noch Frau ist, wenn es beides sein kann, androgyn. Es
 war nicht wichtig, was er oder sie anhat, aber ich musste mich 
entscheiden für eine Frisur. Ich kannte damals niemanden in der 
Tierbefreiung mit Dreads, aber ich entschied mich für diese Version. Ich
 konnte mir das vorstellen und mochte die Verbindung mit Rasta. Dann bin
 ich mit der Arbeit nach Hannover gefahren, um sie auf dem 
Tierbefreiungskongress aufzubauen, und die Ersten, die mir entgegenkamen
 am Tor des UJZ Korn, war ein Paar, beide hatten diese riesige Frisur 
und sie waren sehr freundlich und haben mich begrüßt. Das war schön, als
 ob sie genau aus meinem Bild spaziert wären. Hannover hat mir total 
viel gebracht. Aus dem Programm konnte man von drei Sachen immer nur zu 
einem gehen, aber bei jeder einzelnen Veranstaltung, über die ich im 
Programm las, da dachte ich: wow, hier bin ich am richtigen Ort! Ich 
weiß gar nicht, wo ich hingehen soll, weil alles interessant ist und 
zukunftsweisend. Leider konnte ich nur wenige Workshops besuchen, weil 
mein Aufbau so lange gedauert hat. Ich habe dann aber zwei Jahre später 
das Programm des Kongresses als Textarbeit in eine Ausstellung 
integriert.“ 
Lin 
spricht auch kritisch über die sprachlichen und visuellen Codes der 
Tierbefreiungsbewegung und wie diese dazu führen können, Menschen 
auszuschließen, oder sie daran behindern können, sich zu beteiligen. 
																																																																	„Als 
ich im Gespräch mit jemanden auf dem Kongress in Hannover erwähnte, dass
 ich die Bilder meiner Arbeiten meistens selber ‚schießen‘ würde,  lief 
gerade jemand an mir vorbei, der auf dem Kongress  auch ein Seminar 
leitete, und kritisierte mich dafür, dass ich das Wort ‚schießen‘ 
verwendet hatte. Er war an dem Gespräch gar nicht beteiligt und hatte es
 einfach nur zufällig mitgehört, wir kannten uns gar nicht. Eine Frage 
an Dich, Clare: Darf man Flohmarkt sagen? Eigentlich nicht, oder? Hast 
du mal gehört, dass jemand Flohmarkt nicht sagt? Ich hatte mal so ein 
Comic gezeichnet. Es waren zwei Tierbefreier, beide vermummt, und der 
eine sagt zum anderen: ‚Wenn du noch einmal Flohmarkt sagst!‘ (lacht) 
Manchmal reicht es in der Bewegung wohl schon, wenn man optisch nicht 
dazu passt, um ausgegrenzt zu werden. Von den Tierrechtstagen in Lohra 
2009 ist jemand früher abgereist, der sich ausgeladen vorkam, weil er 
von einigen für einen Spitzel gehalten wurde und man ihm das auch 
mitgeteilt hat. Mir haben übrigens auch einige Kids dort zu verstehen 
gegeben, dass ich auf sie keinen vertrauenswürdigen Eindruck mache. Aber
 das macht mir nichts aus, da ich ohnehin eher eine Einzelgängerin bin. 
Eigentlich sind das alles Peanuts. Befindlichkeiten sollten uns nicht 
davon abhalten, wirklich alle an einem Strang zu ziehen und auf allen 
erdenklichen Ebenen das Leid der Tiere zu bekämpfen.
Ein anderes Thema, das ich an dieser Stelle gerne ansprechen möchte: Wir sollten uns mehr trauen in der Auseinandersetzung mit Leuten, die einen Migrationshintergrund haben. Ich habe selbst einen arabischen Hintergrund durch meinen Vater, meine Mutter hat jüdische Wurzeln, daher fällt es mir vielleicht leichter das zu sagen. Es muss möglich sein, dass man andere Kulturen kritisiert, sonst geht’s nicht weiter. Wenn ich jemanden ernst nehme, dann kann ich, bzw. muss ich ihn auch kritisieren können. Ich verstehe, dass es ein riesiges Problem gibt, wenn man da nicht sehr präzise arbeitet, man darf nicht auch nur ansatzweise in das Fahrwasser rechten Denkens geraten. Aber man muss genauso darauf achten, nicht handlungsunfähig zu werden, aus Angst, nicht politisch korrekt genug zu handeln oder zu argumentieren.“
„Noch
 einmal zurück zu deiner Arbeit: Kannst du mir  noch etwas über deine 
Auswahl an Materialien sagen, die du als ‚arme Materialien‘ bezeichnest.
 Styropor und andere Baustoffe sind schon eher ungewöhnlich in der 
Kunst. Der Stahl, den du für die Tore benutzt, ist ein häufiger 
benutztes Material für Skulptur, aber die Art, in der du ihn 
verarbeitest, ist wieder recht ungewöhnlich.“  
																																																																	„Die 
Tore oder Türen sowie auch die Scherenschnitte resultieren aus 
Zeichnungen. Ich mag Zeichnung, weil sie das direkteste Medium ist, eine
 Möglichkeit  nachzudenken, und gleichzeitig eine Art, das Denken zu 
überprüfen und zu erweitern. Im Gegensatz dazu ist zum Beispiel Malerei 
ein Feld, das stark frequentiert und segmentiert ist, da ist die 
Notwendigkeit der Abgrenzung und um diese ganze Claim-Problematik möchte
 ich mich nicht kümmern müssen. Bei den von mir  gewählten 
Vorgehensweisen habe ich das Problem nicht. Ich strebe in der Zeichnung 
auch keinen einheitlichen Stil an. Es geht um den Inhalt, die Frage nach
 der Ästhetik und Wiedererkennbarkeit ist zweitrangig. Ich sehe nicht, 
was der Corporate-Identity-Gedanke in der Kunst zu suchen hat, es sei 
denn, man würde sich gezielt damit beschäftigen wollen. Mit der 
Überführung des Motivs, das zunächst nur auf Schreibmaschinenpapier 
skizziert ist, zu in einen Raum füllenden Scherenschnitt wird der 
Stellenwert klar, den ich dem Thema beimesse. Das ist der Grund, weshalb
 ich es umsetze in diesem Format. Mit der Skulptur ist das etwas 
anderes. Das ist die größte Herausforderung, auch weil sie 36o° Ansicht 
hat, und wenn man verschiedene Blickwinkel mit einbezieht, sogar noch 
mehr. Von den abstrakten Erfordernissen her ist es die komplexeste 
Aufgabe und weist auch über jedes Thema hinaus. Ich arbeite an einer 
Skulptur oder einem Relief bis zu dem qualitativen Punkt, wo ich weiß, 
jetzt könnte ich es auch in ein höherwertiges Material überführen, wie 
Bronze oder Alu. Insofern ist das noch ein Bezugsmoment, wenn ich es 
auch ansonsten ablehne, die Arbeit auf diesem Weg aufzuwerten. Ich habe 
früher einige Arbeiten gegossen, aber das Komische ist: eigentlich tut 
das den Arbeiten gar nicht so gut. Wenn es nicht sein muss, dann muss 
man es lassen. Wenn es für die Arbeit wichtig ist, weil sie 
beispielsweise stabil und witterungsfest werden  soll, ist das OK, 
konzeptuell ist es eher kontraproduktiv.
Was 
die Tore angeht, für diese Arbeiten gab es Vorbilder. Ich fahre häufig 
nach Vorpommern, wo man viele von Hand geschmiedete Zäune und Tore sehen
 kann. 
																																																																	In 
West-Deutschland gab es den typischen industriell gefertigten Jägerzaun 
oder Maschendrahtzaun, aber nicht in der ehemaligen DDR. Rohmaterial war
 verfügbar, deswegen konnte bzw. musste man sich in Ost-Deutschland 
selber Muster und Motive überlegen. Die Schlosser dort haben 
verschiedene Motive variiert, die Ergebnisse sahen immer etwas anders 
aus. Meistens waren  es einfache geometrische Muster oder Sonnenmotive. 
Vieles davon ist heute noch in ländlichen Gebieten erhalten und es 
springt einem sehr ins Auge, ebenso wie die individuellen Sitz- und 
Parkbänke dort. Tore oder Türen haben auch eine Art symbolische 
Bedeutung. Ich stelle mir eine Tür vor, die aus den Angeln gehoben, 
vielleicht abgestellt ist. Oder vielleicht gibt es eben noch nicht den 
richtigen Zusammenhang, also den Ort oder das Gebäude für diese Tür. Und
 so könnte man es mit der Tierbefreiung sehen. Noch ist es ein Ideal, 
die Zeit muss kommen.“ 
Interview geführt von Clare McCormack für die tierbefreiung. Clare studiert freie Kunst an der University of Leeds und Burg Giebichenstein, Halle.
http://www.center-berlin.com



