Militante Republikaner hinter Angriff vermutet
Lurgan/Belfast/Wien – Am Donnerstagmorgen wurde ein Gefängniswärter in Nordirland auf dem Weg in die Arbeit erschossen. Er arbeitete im Hochsicherheitsgefängnis Maghaberry südlich von Belfast, in dem sich seit über einem Jahr knapp dreißig republikanische Gefangene im Schmutz-Protest gegen die Bedingungen im Gefängnis befinden.
Der Gefängnisangestellte befand sich auf dem Weg in die Arbeit, als er auf der Autobahn M1 Richtung Belfast fahrend zwischen Portadown und Lurgan aus dem Hinterhalt erschossen. Das Attentat ereignete sich um 7:30 Ortszeit. Mehrere Medien wie der britische Guardian und der Belfast Telegraph vermuten einen republikanischen Angriff im Zusammenhang mit dem Protest der republikanischen Gefangenen in Maghaberry.
Auch der unionistische Abgeordnete Jeffrey Donaldson schrieb auf Twitter: „Es deutet alles auf einen terroristischen Hintergrund.“ In Lurgan wurde ein ausgebranntes Fahrzeug entdeckt. Es könnte sich um das Fluchtauto handeln. So berichten die Irish Republican News, der Gefängnisangestellte sei am Steuer sitzend aus einem vorbeifahrenden Auto erschossen worden.
Seit über einem Jahr befinden sich die republikanischen Gefangenen in Maghaberry in einem Schmutz-Protest gegen die brutalen Nacktdurchsuchungen und die erniedrigende Behandlung durch die zumeist loyalistischen Gefängniswärter. Ein Abkommen vom August 2010 zwischen den Gefangenen und der Gefängnisleitung wird von Letzterer nicht eingehalten.
Auch während der Gefangenenproteste in den frühen 1980er Jahren erschoss die damalige Provisional IRA und die sozialistische INLA dutzende Gefängniswärter. Das Gebiet um Lurgan, der Norden der Grafschaft Armagh, gilt als Hochburg der Continuity IRA. Erst vergangenen Sonntag wurde dort das Leitungsmitglied von Republican Sinn Féin, Cáit Trainor, während eines friedlichen Protestes in Solidarität mit den republikanischen Gefangenen verhaftet.
Zeitgleich kam es nur unweit von Lurgan, im Einkaufzentrum Sprucefield, südlich von Belfast, zu einer Bombenwarnung. Es musste die Autobahn zwischen Dublin und Belfast gesperrt werden. Laut britischer Polizei PSNI wurde kein scharfer Sprengstoff gefunden.
Der heutige Anschlag ist die 30. Ermordung eines Gefängnisangestellten in Nord-Irland seit 1974. Das letzte Opfer war ein Gefängnisangestellter am 1. September 1993. Jim Peacock wurde damals in seinem Haus in Nord-Belfast von der loyalistischen UVF ermordet. Bisher hat sich noch keine Gruppierung zum heutigen Anschlag bekannt.
Irish Republican Correspondent, 1. November 2012