Glaubt man der Kreispolizeibehörde des Rhein-Erft-Kreises, so steigen plötzlich »Anzahl und Intensität« von Gewalttaten, die durch die Besetzer des Hambacher Forstes verübt würden; und zwar just zu jenem Zeitpunkt, an dem Energieriese RWE die Besetzer los werden will und entsprechend negative Schlagzeilen über die Klimaschützer gut gebrauchen könnte.
Anfang Oktober nämlich begann die Rodungssaison, seitdem dürfte RWE das 
Waldgebiet in der Nähe Kölns abholzen, um weiteren Platz zu schaffen für
 den Braunkohle-Tagebau Hambach. Dem jedoch stehen die Besetzer im Weg. Ebenfalls »seit Anfang Oktober«, davon kündet eine aktuelle Pressemitteilung
 der Kreispolizeibehörde des Rhein-Erft-Kreises, werde die Besetzung, 
die »zunächst als friedliche Demonstration« begonnen habe, »fast täglich
 durch Zwischenfälle gestört«. 
Immer wieder würden – seit Anfang
 Oktober! – »Vermummte« und »Unbekannte« die Mitarbeiter von RWE 
attackieren, mal mit Stöcken, mal mit Pech, mal mit Tarnnetzen, mal mit 
Pfefferspray, mal mit Steinen, um danach stets »unerkannt« zu flüchten. 
Vermummt,
 unbekannt, unerkannt: Die Kreispolizeibehörde des Rhein-Erft-Kreises 
folgert daraus seziermesserscharf, »dass es sich bei den Waldbesetzern 
nicht um friedliche Demonstranten handelt«; obschon doch alles 
unbestritten »als friedliche Demonstration begann« und bis Anfang 
Oktober auch friedlich blieb. »Wir dulden dieses Verhalten nicht. Die 
Räumung wird derzeit vorbereitet!«, verspricht Polizeidirektor Andreas 
P. markig genau das, was im Interesse von RWE liegt. 
Den Beleg, 
dass all die behaupteten Straftaten a) tatsächlich stattfanden und b) 
aus den Reihen der Besetzer verübt wurden (die RWE vor ein paar Tagen 
Gewalt und der Polizei Ignoranz vorwarfen), konnte die 
Kreispolizeibehörde des Rhein-Erft-Kreises auch auf Nachfrage nicht 
erbringen. »Es werden keine Auskünfte aus laufenden Ermittlungsverfahren
 gegeben«, blockte ein Sprecher ab. 
Unbeantwortet blieb so unter
 anderem die Frage, ob die Polizei sich bei ihren veröffentlichten 
Aussagen auf unabhängige Zeugen berufen könne oder lediglich die 
Aussagen der mutmaßlichen Opfer, also von RWE-Mitarbeitern, wieder gebe.
 Kaum auskunftsfreudiger zeigte die Behörde sich bezüglich der Frage, 
warum die »Anzahl und Intensität der Straftaten« exakt »seit Anfang 
Oktober« steige: »Die Motivation der Straftäter ist der Polizei nicht 
bekannt.« 
Warum (weitere) Straftaten nur unterbunden werden 
könnten, indem das Camp geräumt wird? »Ein solcher Zusammenhang«, 
behauptete der Polizeisprecher gegenüber »nd«, sei schlicht »nicht 
hergestellt worden«.
