"Maulwurf" war in sensibler Position tätig

Erstveröffentlicht: 
18.10.2012

Der "Maulwurf" im Verfassungsschutz, der Informationen an ein Ku-Klux-Klan-Mitglied weitergab, arbeitete nach SWR-Recherchen in der sensiblen "G10-Stelle" der Behörde. Er war somit für die Überwachung von Telefongesprächen und Internetverbindungen durch den Verfassungsschutz zuständig.

 

Die Behörde wollte die SWR-Recherchen am Donnerstag offiziell nicht bestätigen. Der Mitarbeiter war offenbar schon zuvor aufgefallen. Er habe unerlaubt und wohl aus Privatinteresse das Autokennzeichen einer Polizistin beim Kraftfahrt-Bundesamt abgefragt. Das erfuhr der SWR aus Sicherheitskreisen.

 

Innenminister Reinhold Gall (SPD) hatte am Mittwoch bestätigt, dass der Verfassungsschützer im Jahr 2002 geheime Informationen an den Ku-Klux-Klan (KKK) verraten haben soll. Er informierte ein Mitglied des deutschen KKK-Ablegers darüber, dass die rassistische Organisation überwacht wird. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Verfolgung des Vorganges habe es offensichtlich nicht gegeben.

 

Nach dem Bekanntwerden des Verrats wurde der Mann nach SWR-Recherchen im gleichen Jahr zum Regierungspräsidium Stuttgart abgeordnet. Damit blieb er formal Mitarbeiter des Verfassungsschutzes und arbeitete in der Zentralabteilung. In seiner Zeit beim Regierungspräsidium kam es dann offenbar erneut zu einem Zwischenfall, der mit einem Strafbefehl der Staatsanwaltschaft geahndet wurde. Aus Kreisen der Landesverwaltung hieß es, der Mann habe sich in einem minder schweren Fall "distanzlos" verhalten. Kurz nach dem Vorfall ließ sich der Mitarbeiter beurlauben und wanderte nach Nordamerika aus. Dort betreibt er nach SWR-Recherchen inzwischen eine Pferde-Ranch.

 

Keine Informationen ans Ministerium?

 

Auf die Frage, wie er den Vorfall des Dienstgeheimnisverrats beim Verfassungsschutz bewerte, hatte Gall am Mittwoch gesagt: "Das kann ich heute nicht bewerten. Ich kann mich nur darüber wundern." Er habe sein Haus und den Verfassungsschutz aufgefordert, bis zum 23. Oktober einen Bericht vorzulegen. Die Vorgänge fallen nicht in Galls Amtszeit, sondern in die Regierungszeit von CDU und FDP.

 

Der Grünen-Innenexperte im Stuttgarter Landtag, Uli Sckerl, forderte am Donnerstag: "Frau Bube muss erklären, warum es offensichtlich Monate gedauert hat, bis das Innenministerium von diesem Vorgang wusste." Hartfried Wolff, der als FDP-Obmann im Neonazi-Untersuchungsausschuss des Bundestages sitzt und auch Vize-Landeschef der Südwest-Liberalen ist, sagte angesichts der Vorwürfe: "Es scheint in diesem Land Polizisten und Verfassungsschützer zu geben, die der rechten Szene deutlich näher stehen als dem Grundgesetz.

 

KKK-Mitgliedschaft von Polizisten wurde geheim gehalten

 

Anfang August war zudem öffentlich geworden, dass der Fall um die KKK-Mitgliedschaft von Böblinger Beamten von den Behörden zehn Jahre lang geheim gehalten wurde. Das geht nach SWR-Informationen aus dem Schriftverkehr zwischen dem damaligen Landespolizeipräsidenten Erwin Hetger und dem Landesamt für Verfassungsschutz hervor. Offenbar wurde erst im Laufe des Jahres 2004 ein Disziplinarverfahren betrieben, das mit einer Rüge für die Beamten endete. Die Polizisten hatten den Ku-Klux-Klan-Ableger nach einigen Monaten wieder verlassen.

 

Nach Angaben des Verfassungsschutzes ist der rassistische Geheimbund Ku-Klux-Klan mit seinem deutschen Ableger seit 2003 in Baden-Württemberg nicht mehr in Erscheinung getreten.