Proyecto Internacional - Interview mit der Coordinadora Antifascista und La plataforma aus Madrid

1- Coordinadora Antifascista de Madrid - CAdM.jpg

Interview mit GenossInnen der CAdM / Coordinatora Antifascista de Madrid, La Plataforma und Jugendlichen aus dem Stadtteil Vallekas am 12.4.2009.

 

(Wir weisen darauf hin, dass wegen der Übersetzung das gesprochene Wort etwas „eingedeutscht“ wurde. Also Begriffe und Ausdrücke umgangssprachlich niedergeschrieben wurden. Der Vereinfachung wegen haben wir die einzelnen Wortbeiträge alle unter CAdM laufen lassen. Da wir, die InterviewerInnen wie auch die Interviewten, auf unsere mangelhaften Englischkenntnisse angewiesen waren, hoffen wir, dass der Inhalt möglichst genau vermittelt wird.)

 

CAdM: Wir möchten ein paar Anmerkungen zu dem gerade geführten Interview mit Mavi machen. Als Mavi im Hospital war und nicht wußte, wo ihr Sohn war, wurde er außerhalb der Metrostation medizinisch versorgt. Die Rettungskräfte kamen und bauten eine ambulante Krankenstation auf. Hier wurden Carlos und Alex hingebracht. Carlos war so schwer verletzt, dass der Notdienst sich nicht traute ihn zu transportieren, deshalb bauten sie schnell dieses Zelt auf und versuchten ihn wieder zu beleben.

Unter uns war ein großes Durcheinander. Die einen eilten zu der Nazidemonstration, die anderen blieben bei der ärztlichen Notmaßnahme, um mit zu bekommen wie es den Verletzten ging.

Diejenigen von uns, die versuchten über die Brücke nach Usera zu der Nazidemonstration zu kommen, wurden sehr hart von den Antidisturbios angegriffen. Sie schlugen zum Teil mit ihren Gewehrkolben auf unsere Köpfe. Einer wurde so getroffen, dass er zusammenbrach und sich am Boden mit Spastiken wand. Die Polizei verhinderte das die gerufene Ambulanz ihn versorgen konnte. Gleichzeitig ließen sie zu, dass Nazis den am Boden liegenden, blutenden und sich in Spastiken windenden Genossen fotografierten und sich über diesen lustig machten. Erst nach einer halben Stunde konnte die Ambulanz ihn versorgen. Er ist dann nach einer Kurzversorgung durch die Ambulanz von der Polizei inhaftiert worden. Ebenso die Beiden, die versuchten sich um ihn zu kümmern, als er am Boden lag. Sie wurden inhaftiert und bekamen Anzeigen wegen Beteiligung an Zerstörung oder Ähnlichem. Dies als Beispiel, wie die Polizei die Faschisten beschützt und die Antifaschisten attackiert. Das sie nicht einmal eine Ambulanz zur Versorgung eines Schwerverletzten durchläßt.

Torres, dem Verletzten geht es bis heute sehr schlecht. Die Kopfverletzung war sehr stark und er verliert immer wieder seine Erinnerungen. Er bekommt Medikamente und ist in einer Therapie. Er ist nicht in der Lage ein normales Leben zu führen.

Eine weitere Anmerkung, die wir machen möchten, ist das die Vorgänge in der Metro durch die Videokameras in den Waggons und der Metrostation aufgezeichnet sind. Die Videos sind bei der Staatsanwaltschaft. Der Anwalt von Mavi und einige von uns konnten die Aufnahmen ansehen. In den Massenmedien wird behauptet es sei ein Kampf zwischen Banden gewesen. Natürlich war es das nicht. Wir wissen es. Mit diesen Videos wird das Gegenteil dieser Behauptung bewiesen.

Die Massenmedien aber wollen dieses Bild von Banden von uns zeichnen. So zeigen wir über unsere Demonstrationen und die monatlichen Kranzniederlegungen, usw. der Öffentlichkeit, dass das Bild, dass die Massenmedien von uns als Extremisten zeichnen, nicht stimmt. Ein Bild, das auch immer unterstrichen wird, dass der Staat unsere Demonstrationen von viel Polizei und Spezialeinheiten bewachen lässt.

Was Mavi vorhin ansprach, also die Reaktion der Parteien und der Regierung. Es gibt in Spanien ein Parteiengesetz, das erlaubt das Parteien verboten werden, wenn sie demokratische Normen nicht erfüllen und gegen die Demokratie sind. Mit diesem Gesetz sind im Baskenland eine ganze Reihe von Parteien verboten worden. Dieses Gesetz wird aber nicht gegen faschistische und rassistische Parteien angewandt. Es ist ein Gesetz das willkürlich im Sinne des Systems angewendet wird. So erscheint es, dass das System die Faschisten mag, sonst würde es ihre Parteien verbieten.

In der Coordinadora Antifascista de Madrid wird die Forderung nach Verboten faschistischer Parteien nicht erhoben, da wir nicht davon ausgehen, dass dies etwas nutzt.

Für den Staat sind wir nicht „legal“.

Zur Zeit versucht uns die Polizeigewerkschaft zu illegalisieren. D.h. Die faschistischen Parteien dürfen demonstrieren und bekommen dafür eine Erlaubnis. Uns hingegen verbietet man unter fadenscheinigen Gründen Kundgebungen und Demonstrationen. So illegalisieren sie unseren Protest, erlauben aber den der Nazis.

Vor zwei Monaten wurde hier in Madrid ein junger Mann von Nazis angegriffen. Er wurde schwer verletzt, aber er ist wieder ok. Wir wollten eine öffentliche Kundgebung abhalten und beantragten die Erlaubnis dafür. Sie gaben uns die Erlaubnis nicht. Ihre Begründung war, dass an diesem Platz am Wochenende viele Jugendliche ausgehen wollen, wir würden stören und deshalb gebe es keine Erlaubnis. Das passiert uns öfters.

Deshalb schreiben wir auf Flugblätter und Plakate, dass Antifaschismus kein Delikt ist. Antifaschismus ist nicht illegal. Diese Parolen verwenden wir öfter, damit sich die Leute damit auseinander setzen. Wir sind der Meinung, das die beste Erinnerung an Carlos die ist, den Kampf gegen den Faschismus weiter zu führen. Dies steht auch auf der Erinnerungstafel, die wir an der Metrostation Legazpi angebracht haben.

(Anmerkung: der Text auf der Tafel lautet:

aqui fue asesinado Carlos Javier Palomino Munoz el 11 de noviembre de 2007,

a la edad de 16 anos, luchando contra el racismo y el fascismo

Carlos hermano, nosotros no olvidamos,

el mejor homenaje, continuar la lucha)

 

In Asturien, im Norden Spaniens, war eine Demonstration gegen eine Kundgebung der faschistischen Democracia Nacional. Viele der AntifaschistInnen wurden von der Polizei verhaftet. 17 GenossInnen bekamen eine Anklage, die sie vor eine Haftstrafe von insgesamt 35 Jahre stellt.

Das passiert momentan in Spanien. Die Nazis melden eine Demonstration an und bekommen sie genehmigt. Dies ruft den Protest von AntifaschistInnen hervor, ob es ihr Stadtteil ist oder generell. Die Polizei beschützt die Nazis, greift die AntifaschistInnen an, verletzt sie, schießt auf sie, inhaftiert sie. Wie z.B im Fall der 25 GenossInnen hier in Madrid, die vor ein paar Wochen festgenommen wurden. Sie wurden ohne Anklagen frei gelassen. In Asturien sollen 17 GenossInnen für insgesamt 35 Jahre ins Gefängnis. Dies versteht keiner und es ist eine Solidaritätskampagne gestartet worden mit der Ziffer 35. Du kannst auf vielen linken Internetseiten in Spanien diese Kampagne mit der 35 entdecken

(Anmerkung: http://www.35razones.org

http://www.youtube.com/watch?v=T-_vqeYFJiU&feature=related

http://www.youtube.com/watch?v=n4VYwUl7X78&feature=related

http://www.youtube.com/watch?v=v7mnUg4jjJg

http://www.youtube.com/watch?v=qCDnhPLuSoE&feature=channel_page)

Nächste Woche soll übrigens der Prozess beginnen.

Es gibt einen weiteren Fall in Malaga im Süden Spaniens. Ein Faschist ist verletzt aufgefunden worden. Daraufhin gab es zahlreiche Verhaftungen, alles von der Coordinadora Antifascista aus Malaga. Aber ohne einen Beweis, ein Indiz, eine Zeugenaussage kam es zu Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmungen von PCs und Gegenständen, etc.. Als Vorwand zum Vorgehen gegen sie reichte es aus das man sie als AntifaschistInnen kannte. Auch in Malaga gibt es die Kampagne „Antifaschismus ist kein Delikt“, um die Verhafteten zu unterstützen.

„ser antifascista no es un delito – absoluciòn detenidos en málaga“

(Anmerkung (mehr dazu findet ihr hier):

http://www.nodo50.org/Represion-contra-el-movimiento.html

http://antifascistasansealcobendas.blogspot.com

http://pavalladolid.blogspot.com

http://www.youtube.com/watch?v=hYw_n0ioC-E)

Wir haben hier Solidaritätsdemonstrationen gemacht. Wohlgemerkt, illegale Demonstrationen, denn obwohl wir um eine Genehmigung fragten, bekamen wir diese nicht.

 

So machen wir unangemeldete Demonstrationen, die nicht öffentlich beworben werden. Fotos von den Solidaritätskundgebungen veröffentlichen wir dann, um diese Aktionen bekannt zu machen.

Auch zu den klassischen Antifa-Terminen wie den 20. November verweigern sie uns die Genehmigung. Auch nach dem Tod von Carlos war das der Fall. Aber wir demonstrieren trotzdem. Zur Zeit sind wir stark.

Nach Carlos Tod gab es sehr viel Demonstrationen, nicht nur in Madrid, überall in Spanien. Und dies war auch die Zeit, wo mehr und mehr unorganisierte AntifaschistInnen begannen sich zu organisieren. Auf der einen Seite ist das Vorgehen des Staates Besorgnis erregend, auf der anderen Seite wird die Koordination und die Struktur der antifaschistischen Bewegung besser.

Meiner Meinung nach wächst die faschistische Bewegung immer mehr, aber auch die antifaschistische Bewegung.


Azzoncao: Was ist die Coordinadora Antifascista de Madrid?

 

CAdM: In Madrid haben wir besetzte Häuser und Zentren, Medien- und Kontrainformationsgruppen, RedSkins, Antifagruppen, Antifa-Hooligans, Stadtteilgruppen und viele andere Gruppen, die alle bestimmte antifaschistsche Ansichten haben. Die CadM koordiniert die Zusammenarbeit dieser Gruppen.


Azzoncao: Schicken die Gruppen VertreterInnen in die CAdM?

 

CadM: Ja, sie haben RepräsentantInnen in der Coordinadora. Diese kommen um die Aktionen mit den anderen VertreterInnen abzusprechen, politisch wie organisatorisch. Wir versuchen alle Sensibilitäten der Gruppen zu respektieren und ein gutes Verhältnis untereinander aufzubauen.

Zum Beispiel meine Gruppe weiß was sie will und schickt mich zur Coordinadora. Ich vertrete uns, diskutiere und bringe die Ergebnisse wieder in meine Gruppe. Es ist nicht immer die gleiche Person die geht. Bei einer Aktion oder Demo sehen sich dann auch alle. So partizipieren alle. Wir wählen keine Vertreter, sondern versuchen alles auszudiskutieren., mit der Regel, dass das bessere Argument zählt. Manchmal dauert das sehr lange.

 

Azzoncao: Wie lange gibt es die Coordinadora. schon?

 

CadM: Die Coordinadora existiert seit 20 Jahren. Manchmal war sie größer, manchmal kleiner. Manchmal arbeitete sie schlechter, manchmal besser. Eine Zeit war die Repression gegen die Coordinadora sehr stark. Das war als die Partido Popular, der rechten Partei unter José Maria Aznar, an der Regierung war. Ängstlichere Gruppen zogen sich von der Arbeit der Coordinadora zurück. In dieser Zeit gab es nur zwei Gruppen die die Coordinadora stellten. Zur Zeit sind ca 15 Gruppen in der Coordinadora vertreten. Es ist viel zu tuen und so treffen wir uns jeden Freitag zum diskutieren und organisieren. Wir verbreitern uns, auch in anderen Landesteilen. Jetzt waren auch Leute in Berlin und Mailand. Ich denke wir wachsen.

Früher organisierte die Coordinadora vor allem die Demo zum 20. November. Jetzt organisiert sie Medien- und Öffentlichkeitsarbeit, viele Aktionen, Kundgebungen und Demonstrationen. Und über die Aktionen, Medien und Konzerte involvieren wir immer mehr Leute.

Die drei Fokuse, die wir in unserer Arbeit haben, sind;

- die direkte Aktion gegen Nazis und Faschisten. Wie z.B. Übergriffe seitens von Nazis zu verhindern und diese anzugreifen. Gegendemonstrationen zu organisieren und Ähnliches.

 

- Nachbarschaftsarbeit zu machen, d.h. antifaschistische Informationen in der Nachbarschaft zu verbreiten. Faschismus ist nicht nur ein Problem zwischen mir und dem Nazi. So arbeiten wir in der Coordinadora mit Nachbarschaftskommitrees zusammen. Diese haben den direkten Kontakt zu den Menschen auf der Straße und in ihren Vierteln.

 

- Der letzte level ist ein administrativer. Wenn wir in der Öffentlichkeit das Verbot eines faschistische Aufmarsches fordern oder die Verantwortlichkeit von Politikern anfragen, die Nazis Räume und Rechte geben. Wir fragen nach staatlicher und institutioneller Verantwortlichkeit. Da geht es um institutionelle Politik.

 

Bei unseren politischen Aktivitäten stellen wir immer klar, dass wir es bei der jetztigen gesellschaftlichen Situation mit der Ergebnissen der Franco-Diktatur zu tuen haben.

Vor seinem Tod organisierte Franco wie es nach seinem Tod weitergehen sollte. Er installierte die politischen Verantwortlichen und Strukturen für die Zeit nach ihm. So installierte er auch den König und die Monarchie. Nach seinem Tod verlief alles so wie bisher, obwohl das Land keine Diktatur mehr war. Alles wurde maßgeblich durch die franquistischen Strukturen bestimmt. Das wollen wir immer bei unseren Aktionen aufzeigen, damit es nicht vergessen wird. Was wir jetzt in Spanien erleben ist die Konsequenz aus dem Franquismus und der Nach-Franco-Zeit. Die Eliten aus Wirtschaft, Politik und Staat sind die Gleichen geblieben. Und niemand wurde für die Verbrechen, die unter der Diktatur begannen wurden, bestraft. Niemand wurde für die fast 40 Jahre Diktatur zur Verantwortung gezogen. Das Verhalten ist so: wir hatten einen Bürgerkrieg, dann eine Diktatur und jetzt lasst uns darüber schweigen. Es gibt keine Schuld, alle Seiten sollen sich ruhig verhalten, wir leben in einer Demokratie – Willkommen!

In unseren Aktionen und Äußerungen versuchen wir immer wieder daran zu erinnern. Die Ereignisse im größeren Zusammenhang zu erklären. Es darf nicht in Vergessenheit geraten.

Wir arbeiten auch mit Gruppen zusammen, die den republikanischen Gedanken aufrecht erhalten. Sie sagen, dass Spanien vor der franquistischen Diktatur eine Republik war und das es wieder eine Republik sein soll. Die Monarchie hätte keinerlei Legalität.


Azzoncao: Also offiziell ist Spanien eine Monarchie?

 

CadM: Ja sicher, eine Monarchie mit König und Königin. Franco installierte eine parlamentarisch Erbmonarchie für die Zeit nach seinem Tod.

(Anmerkung: Franco starb 1975. Juan Carlos wurde zu seinem von ihm bestimmter Nachfolger und Staatsoberhaupt. Er sollte den Übergangsprozeß zur Demokratie führen, die so genannte Transicion. 1978 erhielt Spanien eine Verfassung und wurde konstitutionelle Monarchie. 1981 putschten Teile des Militärs und der Guardia Civil erfolglos gegen die Regierung.)

 

Azzoncao: Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit anderen antifaschistischen Gruppen in Spanien?

 

CadM: Besonders nach dem Mord an Carlos haben sich in vielen spanischen Städten Coordinadoras gebildet. Wir versuchen seit einiger Zeit die Zusammenarbeit mit diesen Coordinadoras auszubauen. Stück für Stück geht es langsam voran, denn wir haben viel zu tuen. Aber die Zusammenarbeit wächst. Der Grad an organisierter Zusammenarbeit wie in Deutschland existiert aber nicht.

Als ein Beispiel der Zusammenarbeit hier kann man nennen, dass Leute der Coordinadora Madrid nach Asturien auf die Demo gefahren sind, um die 25 Antifas zu unterstützen. Und die GenossInnen aus Asturien kamen auch nach Madrid. So funktioniert das zur Zeit. Kommunikationslisten, etc.p.p.. Wir werden sehen wie es sich in Zukunft weiter entwickelt.


Azzoncao: Habt ihr speziell arbeitende Gruppen in der Coordinadora?

 

CadM: Wir haben eine spezielle Multimediagruppe mit dem Namen „La plataforma“. Das ist aber eigentlich eine eigenständige Gruppe, die sehr viel für die Coordinadora macht. Sie dokumentieren für viele Gruppen deren Aktionen, Demonstrationen und Konzerte mit Fotos und Filmen. Zudem machen sie auch Designarbeit und etwas Texte. Auch suppoerten sie Hip Hop Bands, wie z. B Hip Hop Revolucion Madrid. Sie haben viele FotografInnen, Designer weniger.

Darüber hinaus bemühen sie sich, die Informationen der Coordinadora im Internet auf andere Gegeninformationsseiten zu bekommen. Wie Mavi schon sagte, die „Wahrheit“, oder sagen wir mal unsere „Wahrheit“, muss publiziert, verbreitet werden. Die Massenmedien, auch wenn sie manchmal etwas links erscheinen, verändern und manipulieren die Informationen. So verbreiten sie unsere Informationen und Sichtweisen. So werden auch für viele Leute Informationen und Bilder sichtbar wie z.B. die Zusammenarbeit von Nazis und Polizei. Etwas was für uns offensichtlich ist, für viele andere aber noch neu. Solche Informationen verbreiten sie.

Im Internet haben sie auch über die Massenmedien und ihren Kontakt zu speziellen JournalistInnen berichtet. Diese JournalistInnen, die anonym, ohne sich auszuweisen/vorzustellen nach dem Tod von Carlos auf großen Plenas und Aktionen auftauchten. Sie waren ausgestattet mit Geheimkameras mit denen sie verdeckt filmten. Wir haben die Filme und Tapes, die sie aufgenommen haben, da wir sie ihnen teilweise abnehmen konnten. Ihre Art für die Massenmedien zu arbeiten ist sehr interessant. Sie gehen überall hin und befragen Jugendliche über Gruppen aus, ob sie organisiert sind, welche Meinung sie haben. Sie gehen Nachts zu Bars und befragen dort Leute. Auch Leute, die gar nicht aktiv sind. Und die Leute erzählen ohne zu wissen, mit wem sie es zu tuen haben. Mit diesem Material gehen sie dann zu den Sensations- und Massenmedien. Dort werden dann Berichte zusammengestellt über den Kontakt zwischen Antifaschismus und Extremismus. Sie konstruieren Zusammenhänge, dass Antifas sehr gewalttätig, organisiert und extremistisch sein.

 

Azzoncao: Bei uns gibt es derartige Observationstechniken auf Demonstrationen.

 

CadM: Ja das kennen wir auch von der spanischen Polizei. Undercover PolizistInnen, die als agent provocateur Steine schmeißen und Gewalttätigkeiten begehen. Aber das hier ist etwas anderes. Es handelt sich ja um angebliche neutrale Massenmedien, die von sich aus kein Interesse haben könnten Lügen und Verdrehungen zu erfinden und zu publizieren. Aber sie tuen es. Diese Manipulation durch die Massenmedien zu dokumentieren und zu beweisen war sehr wichtig für die Antifa-Bewegung. Wie Mavi schon sagte, dass Interview mit ihr und all den anderen Personen war so geschnitten und zusammen gestellt, dass sie sehr wütend über diese Verdrehungen und Unwahrheiten war. So schrieb sie einen Brief, klagte die Manipulation ihrer Trauer und Erinnerung an ihren Sohn an. Eine Sache die sehr wichtig für sie ist, der Tod und der Verlust ihres Sohnes. Über die man seriös berichten muss. Es gab keinen Respekt der JournalistInnen und Medien dem gegenüber.

(Anmerkung: Seht euch die Dokumentation an. Rechte Staatssschutzhetze, Totalitarismus- und Extremismustheorien auf MTV- Videoclip-Niveau. Da hat die spanische Yellow-Press der Deutschen noch etwas voraus. Links sind im Interview mit Mavi zu finden.)

 

Azzoncao: Wir würden gerne etwas über die faschistischen Parteien und Gruppen in Spanien erfahren. Könntet ihr sie kurz skizzieren?

 

CadM: Alle zur Zeit existierenden faschistischen Gruppen und Kleinstparteien haben ihre Wurzeln in der CEDADE, Cículo Español de Amigos de Europa. Am Ende der 70-ziger Jahre veränderte sich die faschistische Szene. Jetzt waren es die aus der CEDADE entstandenen Bases Autonomas mit ihrer nationalrevolutionären Ideologie die tonangebend waren. Gleichzeitig existierte natürlich noch die Falange, besser gesagt verschiedene Gruppen der Falange. Die Bases Autonomas spalteten sich auf. Einige blieben bei ihrer Politik der direkten Aktion, andere begannen politische Projekte. So z.B. die Partei Democracia Nacional (DN). Mitte der 90ziger Jahre gab es noch die Alternativa Europea, die sich jetzt Moviemento Patriota Socialista (MPS) nennt. Diese Partei gehört zum Verbund des „3.Wegs“ - third position. Die Democracia Nacional will sich von der klassischen spanischen Rechten separieren, also den Franquisten und AnhängerInnen der Franco-Diktatur. In ihren Verlautbarungen der deutschen NPD vergleichbar. Von den Bases Autonomas kommt auch eine Geschäftsidee. Es gibt hier in der Stadt ein Geschäft das heißt DSO in der Nähe der puerta del sol und der Besitzer ist gleichzeitig der Besitzer der Modemarke „Three Stroke“, eine Modemarke ähnlich wie „Thor Steinar“. Von den Bases Autonomas entstand auch ein Verlag in Barcelona“Nueva Republica“. Er steht dem Movimiento Social Republicano (MSR) nahe, einer nationalrevolutionären Gruppe. Da wären noch „Blood and Honour“ und die „Hammerskins“. Diese stehen den rechtsradikalen Ultras von „Ultra Sud“ von Real Madrid nahe. Und da gäbe es noch die Gruppe „Juventud Nacional-Revolucionaria“, sie nannte sich später „white arian resistance“, dann „Combat Espana“ und „Nacion y Revolucion“. „Nacion y Revolucion“ kann man den politischen Flügel nennen, während man „Combat Espana“ mit der britischen Terrortruppe „Combat 18“ vergleichen kann, mehr oder weniger. Seit dem letzten Jahr haben sie begonnen sich „Moviemento Patriota Socialista“ (MPS) zu nennen. Und bei den nächsten Europawahlen treten die MPS und die MSR gemeinsam an.

 

Azzoncao: In Deutschland hört man öfters von der Demonstration am 20 November, dem Todestag von José Antonio Primo de Rivera, dem Gründer der Falange. Könnt ihr uns dazu oder zu anderen symbolträchtigen Tagen der Faschisten sagen?

 

CadM: Es gibt einen bedeutenden Tag im Juli, der an den Beginn von Francos Diktatur erinnert. Aber dazu passiert hier in Madrid nicht viel. Der 12. Oktober ist auch noch ein bedeutender Tag für sie. Aber nicht nur für sie allein, sondern auch für den spanischen Staat, der alljährlich eine große Militärparade in Madrid abhält. Es ist der Tag an dem Kolumbus Amerika entdeckte. Sie feiern die Hispanisierung Amerikas, die Ausbreitung der spanischen Kultur. Für die Nazis ist es ein Tag der Feier einer „rassischen Überlegenheit“. Es ist ein großer Tag für den Staat, an dem er seine militärische Stärke zeigt. In den Straßen von Madrid kannst du all die schönen Militärfahrzeuge, Waffen und Militärdivisionen bewundern. Militärjets über Madrid. Und auch im Fernsehen kannst du den ganzen Tag das Militär bewundern. Das ist ein großer Tag für sie. Da hat sich auch nichts geändert seit dem die „Sozialisten“ die Regierung stellen. Sie haben lediglich die faschistischen Embleme entfernt. Aber der Staat zeigt weiterhin in der gleichen Art und Weise seine militärische Stärke.


Azzoncao: Welche internationalen Verbindungen pflegen die Faschisten aus Spanien?

 

CadM: Früher gab es viel so genannte Straßenkontakte über die Fußballspiele. Aber auch Kontakte zu der früheren MSI und der Enkelin von Mussolini, Alessandra Mussolini. Auch jetzt laufen viele Kontakte über die Netzwerke von „Blood and Honour“, „Hammerskins“ und nazistischer Musik. Auch über die Fußballszene. Zur Zeit dürfte es aber die Democracia Nacional sein, die über die meisten Kontakte international z.B. nach Deutschland und Italien verfügt. Wir schätzen dies als gefährlicher, weil politischer, ein, als die anderen Verbindungen.

 

Azzoncao: Die spanischen Faschisten planen auch zum 1. Mai zu demonstrieren?

 

CadM: Ja. Die Democracia Nacional plant etwas außerhalb von Madrid eine Demonstration zu machen. In einer Zone, wo viele Faschisten leben. Letztes Jahr versuchten Faschisten das erste Mal hier in Madrid selber zu demonstrieren. Dieses Jahr auch. Die Movimiento Patriota Socialista und die Nacion y Revolucion. Sie wissen das wir stärker sind und auch das die Menschen sensibler und aufmerksamer zu unseren politischen Ideen und gesellschaftlichen Vorstellungen sind. Aus diesem Grunde kopieren sie unsere Demonstrationen, die Parolen und Wörter, die Flaggen, die Aufrufe, das Design von Plakaten, Aufklebern und Stickern. Sie verändern sie geringfügig in ihrem Sinnen. Und so verwirren sie die Leute. Auch versuchen sie an den gleichen Tagen wie wir Kundgebungen und Demonstrationen abzuhalten, die von Inhalten natürlich anders sind, aber uns ähneln. Und so erzeugen sie eine Konfusion. So machen sie es. Sie nutzen unsere Arbeit, sie kopieren unsere Arbeit, verändern einige Worte und Inhalte. So versuchen sie unsere politische Ideen zu neutralisieren, in dem sie ihnen eine andere Version geben. Diese Kopien/Veränderungen klingen dann nach viel. Und sie versuchen dem Protest auf der Straße damit eine andere, eine nationalistische Richtung zu geben.

 

Azzoncao: Funktioniert das?

 

CAdM: Ja. Für sie ist es sehr gut so zu verfahren. Auch das es den Medien darüber so leicht fällt uns mit ihnen gleichzusetzen, also alles die gleichen Extremisten, ist etwas was uns schadet. Für sie hingegen ist dies Vorgehen sehr gut. Damit kommen sie aus ihrer gesellschaftlichen Isolation und werden mehr akzeptiert. Wir denken, dass sie Goebbels Lektionen gut gelernt haben. Vor zwei Wochen haben sie hier in Vallekas vorgegeben sie würden wegen der Wirtschaftskrise demonstrieren. Und am gleichen Tag haben viele soziale Gruppen in Spanien wegen der Wirtschaftskrise demonstriert. So haben sie das Gleiche gemacht, um in diesem Stadtteil zu demonstrieren. Aber es ging um Carlos und ihre Solidarität mit dem Mörder.

Vielleicht arbeitet dies für sie. Auch das sie in den Massenmedien als die Respektierlichen dargestellt werden, da sie keinen Ärger machen. Nur die AntifaschistInnen, AnarchistInnen machen Ärger. Auch das arbeitet für sie. Sie sind für Ordnung, die netten Jungs.

Aber auf der anderen Seite gibt es diese ganze Gewalttätigkeiten von ihnen. Z.B. Leute zu überfallen und ihnen mit einem Messer ein Hakenkreuz in das Gesicht zu ritzen oder ähnliches.

Also ihre politischen Gedanken in die Tat umzusetzen. Das bringt sie wieder weg von diesem Image der Saubermänner. Es ist zu hoffen, dass die Leute das sehen und differenzieren können zwischen ihnen und uns.

 

Aber es gibt auch viele Streitigkeiten der verschiedenen faschistischen Gruppen und Parteien untereinander, die sie blockieren. So z.B. die DN gegen die MPS. Ein Umstand den wir begrüßen.

Noch einmal zur MPS, die vor zwei Wochen hier demonstrierte. Sie sagen, sie haben einen neuen politischen Diskurs und ein Programm. Aber wenn sie auftreten, dann bringen sie immer ihre alten Symbole mit, Hakenkreuze, Keltenkreuze, alte Slogans. Sie sind gefährlich. Aber eher in der Hinsicht, dass sie gewalttätig sind. Nicht so sehr politisch. Da müssen wir mehr auf die Democracia Nacional, die Falange und die Partido Popular achten. Sie sind auf der Straße gefährlich, aber nicht politisch, da sind sie nicht sehr smart.

 

Azzoncao: Danke für das Interview.

 


 

Allgemeiner Buchtip: Kampf der Erinnerungen
Der Spanische Bürgerkrieg in Politik und Gesellschaft 1936-2008

von Walther L. Bernecker/Sören Brinkmann

http://www.nadir.org/nadir/initiativ/azzoncao/erinnerungen.html

 


 

Weiterführende Links:

 

Internet-site der Coordinadora Antifascista de Madrid:

http://madrid.antifa.net

 

Internet-Plattformen für linke Politik:

http://www.nodo50.org

http://www.lahaine.org

 

2 wöchentliche linke Zeitung:
http://www.diagonalperiodico.net/index2.php?intro=skip
Besetztes Zentrum „La traba“ in Madrid:
http://csolatraba.nuevaradio.org



Medienkollektiv “La plataforma“
http://theplatform.nuevaradio.org/index.php

Zu diesem interessanten Projekt eine Selbstdarstellung auf Englisch:

The Platform.

Multimedia counter-information, pole Hip Hop...

We are a collective of anticapitalist militants, we are jumbled in the fight for the subversion of the imposed order vindicating art as a political weapon.

A project of audiovisual counter-information, a loudspeaker for the protagonists of the popular disobedience.

 

Fotos und Videos aus dem Jahr 2007:
http://theplatform.nuevaradio.org/index.php?blog=4&p=472

Exemplarische Fotoreihen:
9.11.2008 Gedenkkonzert für Carlos Palomino:
http://theplatform.nuevaradio.org/index.php?blog=4&p=774

12.11.2008 Gedenkdemo für Carlos Palomino:
http://theplatform.nuevaradio.org/index.php?blog=4&p=776

Demonstration für die ermordeten russischen AntifaschistInnen am 26.10.2008:
http://theplatform.nuevaradio.org/index.php?blog=4&p=769

Demonstration für den ermordeten Jugendlichen Alexis in Athen:
http://theplatform.nuevaradio.org/index.php?blog=4&p=803

Spanische Antifas beim Gedenken an Davide Cesare in Milano 2009:
http://theplatform.nuevaradio.org/index.php?blog=4&p=858

Naziprovokation am 29.3.2009 in Vallecas:
http://theplatform.nuevaradio.org/index.php?blog=4&p=863



Exemplarische Videos:
Antifa-Konzert mit Hip Hop Revolucion Madrid:
http://theplatform.nuevaradio.org/index.php?blog=3&p=859

Antifa-Konzert mit KOP:
http://theplatform.nuevaradio.org/index.php?blog=3&p=861

Exemplarische Videochronik 2008:
http://theplatform.nuevaradio.org/index.php?blog=3&cat=65

 



Audios:
http://theplatform.nuevaradio.org/index.php?blog=2&c1=60&c2=55&c3=58&c4=56&c5=59&c6=61&rec=3&izq=1

Hip Hop Revolucion Madrid:
http://theplatform.nuevaradio.org/index.php?blog=2&p=575http://www.youtube.com/HHRMadrid

Videos:

Antifa-Demo 20.November 2008

http://www.youtube.com/watch?v=1M_leFaEX3g&feature=channel

 

Antifa-Konzert mit KOP: 24.3.2009

http://www.youtube.com/watch?v=F5Q5QqOYOCI&feature=channel_page

 

 


Demo gegen die Kriminalisierung der Sozialen Bewegungen am 5. April 2008

http://www.youtube.com/watch?v=TwoJO777_Ao&feature=channel_page

 

Trailer für das Sozialzentrum La Traba: 25.2.2009

http://www.youtube.com/watch?v=um_YEY3oL_k&feature=channel_page

 

Feministische Aktion 6.7.2007

http://www.youtube.com/watch?v=yx6aYp4I-jw&feature=channel_page

 

Besetzung des Sozialzentrums Milano: 31.3.2007

http://www.youtube.com/watch?v=MYW2kL8-GC0&feature=channel_page