Pressemitteilung
        zu den jüngsten Rücktritten der Verfassungsschutzchefs Heinz
        Fromm, Thomas Sippel und Reinhard Boos und den wiederholten
        Aktenvernichtungen durch Mitarbeiter der Behörde
    
    Das Bündnis
        "Extrem Daneben" kritisiert das Vorgehen des Verfassungsschutzes
        während der andauernden Ermittlungen gegen den
        "Nationalsozialistischen Untergrund" und
        die Verstrickungen der Behörden in deren Taten. "Nach den
        jüngsten Entwicklungen rund um die Ermittlungen gegen den
        "Nationalsozialistischen Untergrund" fallen die ersten
        Bauernopfer. Mit den Rücktritten der führenden Köpfe der Behörde
        sollen strukturelle Probleme vertuscht und die Wogen geglättet
        werden", so Maria Göwitz, Sprecherin des Bündnisses "Extrem
        Daneben".
Wie heute bekannt
        wurde, sind ein weiteres Mal Akten vernichtet worden, die
        möglicherweise Aufklärung in die Verstrickungen des VS in die
        NSU-Morde bringen könnten. Die Sendung MONITOR scheibt dazu in
        einer Pressemitteilung:
        "Der inzwischen zurückgetretene Verfassungsschutzpräsident Fromm
        hatte am 8.11.2011 angeordnet, alle Unterlagen auf einen
        Zusammenhang mit den mutmaßlichen NSU-Terroristen Bönhardt,
        Zschäpe und Mundlos zu untersuchen." Drei Tage später fingen
        Verfassungsschutzmitarbeiter an, Akten im Zusammenhang mit dem
        NSU zu vernichten. Dass es sich hierbei um bloße Zufälle
        handelt, erscheint bei einer professionell ausgestatteten
        Behörde äußerst unwahrscheinlich. "Hier wird  aktiv vertuscht
        und Beweismaterial
        vernichtet. Der
        Verfassungsschutz entzieht sich seiner eigenen rechtsstaatlichen
        Kontrolle, er vertuscht die  Einzelheiten der rassistischen
        Mordserie vor der Öffentlichkeit," so die Sprecherin weiter.
Die Skandale
        rund um die NSU-Morde sind lediglich die Spitze des Eisberges.
        In einem Artikel veröffentlichte das Nachrichtenportal "Zeit
        Online" im Mai eine "Chronique scandaleuse", die jeden Zweifel
        über die Systematik der Fehler der Behörde beseitigen sollte.
        "Als Bündnis ist es uns wichtig hierbei hervorzuheben, dass die
        Extremismusformel, die die Nazi-Morde mit antifaschistischem und
        antirassistischem Engagement gleichsetzt, aus der Feder dieser
        zweifelhaften Behörde stammt. Der Verfassungsschutz hat
        offensichtlich keine Ahnung von der Demokratie, die er zu
        schützen vorgibt", so die Sprecherin weiter. Die
        Extremismusformel wurde von Medien und Polizei
        übernommen und diente Familienministerin Schröder als Grundlage
        für die umstrittene Extremismusklausel in Sachsen. In Göttingen
        verteidigten Polizeichef Robert Kruse und Innenminister
        Schünemann die Extremismusformel auf einer Veranstaltung des CDU
        nahen Studentenverbands RCDS an der Uni Göttingen im Januar
        diesen Jahres. Dabei wurde dem Protest gegen den
        Hardliner Schünemann von der Polizei
        mit Gewalt begegnet. Die
        Verletzten wurden danach von den
        Behörden der
        "linksextremistischen Szene" zugeordnet. "Dieser
        Umgang mit legitimen Meinungsbekundungen ist seit
        Jahren gängige Praxis der Göttinger Polizei und
        kann dabei auf die tatkräftige Unterstützung des
        Verfassungsschutzes zählen", so Maria
        Göwitz.
Der
        Verfassungsschutz versagt schon in der eigenen Behörde an
        demokratischen Richtlinien. Aus den Erfahrungen mit der GeStaPo
        im Dritten Reich wurde im Grundgesetz eine explizite Trennung
        von  Verfassungsschutz und Polizei festgelegt. Diese Trennung
        wurde in den letzten Jahrzehnten zunehmends aufgeweicht.
        Göttingen kann hierbei als Beispiel dienen: Der ehemalige
        Polizeipräsident der Direktion Göttingen, Hans Wargel, ist unter
        der Ägide Schünemann zum Niedersächsischen
        Verfassungsschutzpräsidenten ernannt worden. Gleichzeitig wurde
        der ehemalige Vizepräsident der Behörde, Robert Kruse, zum neuen
        Polizeichef der Polizeidirektion Göttingen ernannt.
    "Wenn also der
        Verfassungsschutz über derartige Postenschiebereien einen
        Zugriff auf die Exekutive kriegt und andersherum, sind nicht nur
        demokratische Prinzipien ernsthaft in Frage gestellt, sondern
        auch konkret Menschenleben bedroht," so die Sprecherin. "In
        mehreren Veranstaltungen haben wir bereits auf den Rechtsdrall
        des Verfassungsschutzes hingewiesen, die Unhaltbarkeit der
        Extremismusformel dargelegt und auf die Rolle der harten Hunde
        Niedersachsens bei der Bekämpfung linker Politik
        hingewiesen. Es ist vollkommen richtig zu fordern, dass auch
        hier die Verantwortlichen ihre Ämter niederlegen und die
        Verbindungen von
        Verfassungsschutz und Polizei endgültig gekappt werden, wie es
        die Kreistagsfraktion der Grünen in Göttingen bereits letztes
        Jahr gefordert hatte. Das reicht
        uns aber nicht. Das Problem liegt in den gesellschaftlichen
        Verhältnissen begründet. Dass drei
        Verfassungsschutzpräsidenten nicht wussten, was unter ihren
        Fuchteln geschieht, deutet auf
        viel grundsätzlichere Probleme der Institution Verfassungsschutz
        hin. Diese
        Präsidenten haben erst nach einer Konfrontation mit ihren
        schwerwiegenden Fehlern auf Druck von außen Konsequenzen gezogen," resümiert Maria Göwitz.
Quellen:
    
    