Schlappe fürs Amt für öffentliche Ordnung und die Polizei: Die linksalternativen Trommler der Sambastas haben erfolgreich gegen die Beschlagnahmung ihrer Instrumente geklagt – und nicht nur in diesem Punkt Recht bekommen.
Das Verwaltungsgericht hat entschieden: Die vom städtischen 
Ordnungsamtsleiter Walter Rubsamen telefonisch angeordnete Beschlagnahme
 der Trommeln und Ohrstöpsel der linksalternativen Sambastas beim 
deutsch-französischen Gipfel am 10. Dezember 2010 in Freiburg war ebenso
 rechtswidrig wie die Beschlagnahme selbst durch die Polizei. Und: Auch 
ein Platzverweis gegen eine der trommelnden Demonstrantinnen war nicht 
rechtens. Vier der Sambastas hatten sowohl gegen die Stadt, die die 
Beschlagnahme angeordnet hatte, als auch gegen das Land, dessen Polizei 
sie ausgeführt hatte, geklagt.
Fast vier Stunden hatte vor zwei Wochen die mündliche Verhandlung vor 
der vierten Kammer des Verwaltungsgerichts unter Vorsitz von Richter 
Christoph Sennekamp gedauert. Ausführlich hatten zwei der vier Kläger 
berichtet, wie die Trommelgruppe am Morgen des Gipfels, als sich 
Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs damaliger Präsident Nicolas 
Sarkozy und zahlreiche Minister in der Innenstadt aufhielten, nahe des 
Martinstors eingekesselt und von den Polizisten in die Löwenstraße 
abgedrängt worden war. Lautes Trommeln – Messungen der Polizei ergaben 
Lärmwerte von mehr als 100 Dezibel – war für die Sambastas an jenem Tag 
ein Ausdruck ihres politischen Protests.
Diesen hatten sie zwar nicht ordnungsgemäß bei der Stadtverwaltung 
angemeldet; die Trommler waren aber in einer Zone aufmarschiert, der an 
jenem Tag explizit für Versammlungen vorgesehen war. In der Löwenstraße 
hatten Polizisten auf telefonische Anordnung von Ordnungsamtsleiter 
Rubsamen den trommelnden Demonstranten ihre Instrumente abgenommen. Hier
 habe "ein spezifisches Risiko für Ermessensfehler" vorgelegen, da die 
städtische Polizeibehörde, so das Gericht, ihre Entscheidung nur 
aufgrund rudimentärer Informationen aus zweiter Hand fällte; Rubsamen 
selbst befand sich zum Zeitpunkt des Telefonats gar nicht vor Ort, 
sondern in der Einsatzzentrale in der Polizeidirektion an der 
Heinrich-von-Stephan-Straße. Hinzu kommt: Die Anordnung zur 
Beschlagnahme hätte gemäß eines Urteils des Verwaltungsgerichtshofs 
Baden-Württemberg ohnehin schriftlich begründet werden müssen, somit war
 die Beschlagnahme auch aus formalen Gründen nicht rechtens.
Das Verwaltungsgericht entschied, dass auch eine nicht angemeldete 
Demonstration unter dem Schutz des Rechts auf Versammlungsfreiheit 
stehe. Diese sei bei der Ermessensentscheidung zur Beschlagnahme 
allenfalls ansatzweise berücksichtigt worden. Zwar seien Auflagen und 
Beschränkungen der Versammlungsfreiheit zulässig – zum Beispiel, wenn 
Passanten oder Polizisten sich übermäßigem Lärm nicht entziehen können 
–, in diesem Fall hätten sich Passanten zum Teil sogar auf die Trommler 
zubewegt, wie Filmaufnahmen belegten. Zudem hätte sich das Ordnungsamt 
bei der nachträglich verfassten Begründung für die Beschlagnahme gar 
nicht auf den Schutz der Polizisten berufen; kein einziger Polizist 
hatte hinterher Anzeige wegen Körperverletzung erstattet. Und die am 
Gipfel beteiligten Politiker selbst seien zu weit weg gewesen, als dass 
sie durch die Trommler hätten gestört werden können; ab dem 
Bertoldsbrunnen war die Kaiser-Joseph-Straße in Richtung Siegesdenkmal 
ohnehin für jedermann gesperrt.
Rechtswidrig war übrigens auch die Beschlagnahme der Ohrstöpsel der 
Trommler, da von diesen keinerlei Gefahr für die öffentliche Sicherheit 
ausging, so das Gericht in seiner Urteilsbegründung.
Auch den Platzverweis gegen eine Demonstrantin sah das Gericht als 
rechtswidrig an, weil er erst im Auto – die Polizei hatte die 
Demonstrantin vom Revier Nord zu ihrer Wohnung gefahren, um dort den 
Ausweis einzusehen – ausgesprochen wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatten die
 Politiker das Bad in der Menge längst beendet – somit sei nicht 
ersichtlich gewesen, ob und wie die in Gewahrsam Genommene den Gipfel 
noch hätte stören können.
Katja Barth von der Freiburger Kanzlei Huber & Kollegen, die 
Anwältin der Kläger, lobte das juristisch "sehr gründlich abgewogen 
Urteil". Im Rathaus wollte man sich gestern zu dem Urteil noch nicht 
äußern. "Wir nehmen es zur Kenntnis und respektieren es", sagte Edith 
Lamersdorf, Sprecherin der Stadt Freiburg. Man werde sich mit der 
Polizei zusammensetzen und schauen, ob es Auswirkungen auf künftige 
Einsätze bei Demonstrationen haben werde.
