Zwei Familien mussten Freiburg verlassen, laut dem "Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung" droht vielen weiteren ähnliches.
Einige Monate hatten sie Ruhe – Mitte April ist die Lage für einen Teil der rund 600 Roma, die derzeit nach Zahlen der Ausländerbehörde in Freiburg leben, aber wieder unsicher geworden: Die grün-rote Landesregierung hat ihren vorübergehend verhängten Abschiebestopp aufgehoben. Nun gilt für Roma aus dem Kosovo eine Einzelfallregelung. Seitdem fanden zwei Abschiebungen von Roma-Familien statt – nach Mazedonien und Serbien. Das "Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung" protestiert mit einer Online-Petition und fordert ein Bleiberecht für alle Roma.
																	
								Die Informationen sind spärlich. Selbst die städtische 
Ausländerbehörde erfährt über Abschiebungen aus Freiburg nur, wenn sie 
beim dafür zuständigen Regierungspräsidium Karlsruhe nachhakt, sagt 
Edith Lamersdorf, die Pressesprecherin der Stadtverwaltung.
Fest steht: Ein junger Mann aus der Flüchtlingsunterkunft an der 
Hammerschmiedstraße im Stadtteil Waldsee (nahe dem Möslestadion) wurde 
nach Serbien abgeschoben, Eltern und Geschwister fuhren ihm nach – auch 
sie hätten ohnehin ausreisen müssen. Eine weitere Familie mit 13 und 20 
Jahren alten Kindern aus der Unterkunft an der Bissierstraße 
(Betzenhausen) wurde nach Mazedonien abgeschoben. Die Abschiebungen und 
viele Gerüchte sorgen für Angst unter den Freiburger Roma. Rund die 
Hälfte sind nicht über die Bleiberechtsregelung abgesichert, schätzt 
Sozialbürgermeister Ulrich von Kirchbach. Er wünscht sich eine schnelle 
Verfestigung ihres unsicheren Duldungs-Aufenthaltsstaus’ und setzt 
Hoffnung in die Einzelfallregelung: "Diejenigen, die seit Jahren hier 
leben und deren Integration sich verfestigt, sollten bleiben können."
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Doch was heißt Integration – und welche konkreten Kriterien gelten bei 
der Einzelfallprüfung? Vom Regierungspräsidium Karlsruhe und dem 
Innenministerium Baden-Württemberg in Stuttgart kommen nur vage 
Antworten, laut dem "Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung" gibt es 
einen internen Kriterienkatalog, der nicht öffentlich gemacht wird. 
Entscheidungsspielräume würden "zugunsten der Ausländer genutzt", sagt 
Kim Dunklau-Fox von der Pressestelle des Innenministeriums. Prognosen, 
wie viele Roma künftig abgeschoben werden, seien nicht möglich. Das 
Freiburger Forum dagegen nennt klare Zahlen: 20 Familien – insgesamt 91 
Menschen – seien in Freiburg in nächster Zeit von Abschiebungen nach 
Ex-Jugoslawien bedroht, sagt Forumsmitglied Walter Schlecht.
Die Initiative habe Kontakte in alle Flüchtlingsunterkünfte und erfahre,
 wer vom Regierungspräsidium zur Ausreise aufgefordert werde. Statt der 
Einzelfallprüfungen fordert das Forum einen Abschiebestopp für alle 
Roma. Wenn auf "gute Integration" hin überprüft werde, würden Familien 
genau "durchleuchtet", Kinder mit guten Schulnoten und Eltern mit 
mehreren – in der Regel schlecht bezahlten – Jobs hätten als 
"Leistungsträger" bessere Chancen als andere, die weniger erfolgreich 
sein könnten. Zudem gelte die Einzelfallprüfung nur für Roma aus dem 
Kosovo, nicht für diejenigen aus Mazedonien und Serbien. Es sollte 
unerheblich sein, woher Roma-Flüchtlinge stammen, findet auch Ulrich von
 Kirchbach. Eine Notwendigkeit für die Stadt – die mit Resolutionen des 
Gemeinderats in den vergangenen Jahren für ein Bleiberecht eintrat – 
aktiv zu werden, sieht er nicht. Ganz im Gegensatz zum "Freiburger Forum
 aktiv gegen Ausgrenzung", das sich mit einer bis Mitte Juni laufenden 
Online-Unterschriften-Petition an Oberbürgermeister Dieter Salomon und 
den Gemeinderat wendet.
			
				
