Mieter beklagen außerdem bauliche Missstände
Nürnberg - Als Monika Bude dieser Tage Post von der gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft GBW erhielt, fiel sie aus allen Wolken: zum ersten Januar 2012 sollte ihre Miete schon wieder um 20 Prozent erhöht werden. Dabei liegt die letzte 20-prozentige Mietpreiserhöhung erst knapp drei Jahre zurück, sie stammt vom 1. Januar 2009. Also eine Erhöhung um 40 Prozent binnen vier Jahren.
Doch als Monika Bude die Zahlen genauer durchrechnete, kam die Mieterin nicht auf einen Betrag von genau 20 Prozent, sondern von 19,98 Prozent. „Die sogenannte Kappungsgrenze liegt bei 20 Prozent nach drei Jahren“, erklärt Monika Bude. „Liegt die Mietpreiserhöhung unter 20 Prozent, dann hält sich die GBW die Möglichkeit offen, nach 15 Monaten nochmal die Miete zu erhöhen.“ Was durchaus möglich ist, schließlich ist die GBW ein Tochterunternehmen der Bayrischen Landesbank, die finanziell in Schieflage geraten ist.
Monika Bude ist nicht allein. Mit ihr haben alle rund 240 Mieter der 190 Wohneinheiten in der Schupferstraße, die der GBW gehören, Mieterhöhungen bekommen. Für die meisten Betroffenen im Hochhaus und den benachbarten Plattenbauten ist damit die Schmerzgrenze überschritten. Die betroffenen Wohnungen in der Schupferstraße sind Sozialwohnungen in denen hauptsächlich Einkommensschwache und Hartz-IV-Bezieher leben.
2008 hatte die GBW — das größte Wohnungsunternehmen Bayerns, dem in Nürnberg 3273 Mietwohnungen gehören — die Wohnungen in der Schupferstraße erworben. Die Bayerische Landesbank überlegt zur Zeit, die GBW zu verkaufen. Das bedeutet, dass ein neuer Investor die Wohnungen übernehmen könnte — mit weiteren Mieterhöhungen.
Das alles wollen die Bewohner nicht hinnehmen. Bei einer Mieterversammlung in der Sportgaststätte Laufamholz machte sich die Empörung der Bewohner lautstark Luft. Denn es geht nicht allein um die saftige Mieterhöhung und um die ungewisse Zukunft, sondern auch um bauliche Missstände, die die Wohnqualität beeinträchtigen und seit Jahren nicht behoben werden.
Über die Wohnqualität der Sozialwohnungen, Baujahr 1967/68, gibt die Bewohnerin Ursula Lehrer Auskunft: „Wir hören den Lärm der S-Bahn von vier Uhr morgens bis nachts um Eins. Zum Einkaufen müssen wir nach Rehhof oder Mögeldorf fahren. In den Häusern haben wir kaputte Wasserleitungen, kaputte Heizrohre und hohe Heizkosten. Die Heizung läuft in Bad und Küche sogar im Sommer. Regenwasser dringt in die Wände, Wohnungstüren sind verzogen, Fenster sind undicht, Balkontüren schließen nicht richtig ab. Der Sand auf dem Spielplatz wird nie ausgewechselt, und im Winter verwandeln sich die Gehwege in Stolperfallen.“
Die Resonanz in der gut gefüllten Sportgaststätte ist überwältigend, jeder Zuhörer erkennt sich in seiner Wohnsituation wieder und weiß eigene Beobachtungen beizusteuern. Ein Bewohner warnt vor Asbest im Versorgungsschacht, ein anderer zieht die Statik des Hochhauses in Zweifel. Zwar würden alle Klagen dem Hausmeister zugetragen, doch Maßnahmen zur Behebung blieben aus oder würden nur oberflächlich erledigt, Damit sei die saftige Mieterhöhung bei keinerlei Erhaltung der Wertqualität in keinster Weise gerechtfertigt.
Wie soll es nun weitergehen? Werner Schäfer, Mitinitiator der Mieterinitiative rät, erst einmal die Einverständniserklärung zur Mieterhöhung nicht zu unterschreiben. Gleichzeitig ruft er alle Mieter auf, sich zusammenzuschließen und Oberbürgermeister Ulrich Maly und sämtliche Stadträte des Stadtteils auf die Missstände hinzuweisen. Schließlich müsste sonst die Stadt Nürnberg für die Mehrkosten der Mieterhöhung aufkommen. Nun sei die Politik in der Verantwortung.