»RWE ist heute schon größte CO2-Schleuder Europas«

Waldbesetzung im Hambacher Forst bei Köln: Protest gegen Abholzung und Braunkohleförderung. Gespräch mit Matze Fahrer

Matze Fahrer, 23, ist Umweltaktivist und seit Sonntag dabei, das Waldcamp im Hambacher Forst mit aufzubauen

Im Hambacher Forst bei Köln gab es am Wochenende zuerst ein Fest mit 200 Umweltschützern und Anwohnern – dann eine Waldbesetzung. Was ist da im Busch?

Der Stromkonzern RWE will den Wald abholzen, um einen Braunkohle-Tagebau zu erweitern. Wenige hundert Meter von dem Platz entfernt, an dem wir das Besetzer-Camp aufbauen, gibt es bereits einen Tagebau. Das RWE hatte in diesem Jahr schon mit dem Abholzen begonnen, doch wegen der soeben begonnenen Vegetationsperiode dürfen bis zum Herbst erst einmal keine Bäume mehr gefällt werden. Wir wollen, daß das auch danach so bleibt.


Unsere Aktion begann am Samstag mit einem Umweltfest, zu dem die Jugend des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Robin Wood, ATTAC und die Initiative »ausgeCO2hlt« eingeladen hatten. Der Kölner Liedermacher Klaus der Geiger trat auf, David Rovics aus den USA bot Anarchosongs, es spielte auch eine Sambagruppe. Nach diesem tollen Auftakt begannen wir, Plattformen in den Bäumen zu bauen und das Camp einzurichten. Die Sambagruppe hat übrigens spontan entschlossen eine Baumpatenschaft übernommen.

Was bedeutet eine solche Patenschaft?

Verschiedene Projekte haben eine Patenschaft für einen Baum übernommen, unter anderem die Parkschützer von Stuttgart 21 und das besetzte Haus aus Freiburg, Gartenstraße 19. Im Idealfall bedeutet es, daß dieses Projekt sich damit bereit erklärt, viele Menschen anzusprechen, um diesen Baum zu schützen oder ihn gleich mit einer Plattform besetzen.

Wie viele Waldbesetzer sind nach dem Fest geblieben?

Schätzungsweise rund 60, sie haben erst einmal gezeltet. Jetzt machen wir es uns schon in drei Bäumen auf den Plattformen gemütlich: Wir schaffen Decken, Isomatten, Getränke, Süßigkeiten und Kartenspiele rauf. Widerstand soll ja auch Spaß machen. Unten im Camp bauen wir eine Küche mit Kochecke und Spüle sowie Kompost-Toiletten.

Wie lange wollen Sie durchhalten?

Bis zum Herbst und auch danach, um uns gegen eine weitere Rodung zu wehren. Jahrhunderte alte Eichen- und Buchenbestände sind genau so gefährdet wie mehrere streng geschützte Specht- und Fledermausarten, wie etwa die vom Aussterben bedrohte Bechsteinfledermaus. Rund 130 weiteren artenschutzrechtlich bedeutsamen Spezien dort wird es mit dem weiteren Ausbau der Braunkohle an den Kragen gehen.

Das Abholzen großer Waldflächen führt bekanntermaßen dazu, daß immer weniger Kohlenstoffdioxid (CO2) durch die Bäume gebunden wird. Und wenn statt dessen dort Braunkohle abgebaut wird, wird durch deren Verfeuerung in Kraftwerken zusätzliches CO2 frei. Dieses Gas gilt als Klimakiller, so daß Braunkohle einer der dreckigsten Energieträger ist.

Das RWE ist heute schon die größte CO2-Schleuder in Europa. Damit ist der Konzern maßgeblicher Verursacher von Dürre- und Hungerkatastrophen in Entwicklungsländern. Der Wirbelsturm Katrina, der 2005 die Metropole New Orleans in den USA zerstörte, ist einer der Folgen des auf diese Weise verursachten Klimawandels. Selbst durch Europa toben vermehrt Stürme. Deshalb muß der Konzern die Verstromung von Braunkohle stoppen.

Wie hat der Konzern auf die Waldbesetzung reagiert?


Daß RWE den Ball erst einmal flach hält und nicht gegen uns vorgeht, wundert nicht. Denn am Donnerstag ab 10 Uhr findet die Aktionärshauptversammlung des Konzerns in der Grugahalle in Essen statt. Wir werden auch da sein!

Brauchen die Waldbesetzer Unterstützung?

Wir freuen uns über Besuche von Leuten, die mit uns das Camp bewohnen und damit unseren Widerstand aufrechterhalten wollen – selbst wenn sie nur ein oder zwei Nächte Zeit haben, mit uns zu verbringen. Da wir nicht wissen, wie RWE reagiert, ist es gut, wenn möglichst viele Leute mitmachen. Natürlich freuen wir uns, wenn man uns Essen – am liebsten vegan – oder warme Decken mitbringt; Spenden sind auch willkommen.


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