Aufruf zum antirassistischen Straßenfest: Refugees Welcome!

Refugees Welcome

Am Rande der Neckarstadt, in der Pyramidenstraße 6a, liegt die Mannheimer Unterkunft für Asyl­bewerber_innen. Über 300 Menschen leben hier und warten, zusammengepfercht in einfachsten Zimmern, auf eine Entscheidung der „Ausländerbehörde“ über ihren (meistens nur kurzfristig genehmigten) Aufenthalt in Deutschland oder aber ihre Abschiebung. Eine folgenschwere Entscheidung: Bei gewaltsamen Ausweisungen erfahren Menschen körperliche Gewalt, nicht selten erwartet sie in den Zielstaaten Diskriminierung, Verfolgung und Folter bis hin zum Tod. Mit einem antirassistischen Straßenfest am Samstag, den 3. März wollen wir unsere Solidarität mit den Bewohner_innen der Unterkunft ausdrücken und gleichzeitig eine Kritik an den ge­sellschaftlichen Zuständen formulieren, die solche Einrichtungen überhaupt möglich machen.

 

Rassistisches Klima…

Die Zwangsunterbringung von Migrant_innen in Heimen, Lagern, Containern und Knästen ist ein Stützpfeiler deutscher und europäischer Politik gegenüber Flüchtlingen und Migrant_innen. Die damit verbundene politische Intention ist es, die Menschen gesellschaftlich zu isolieren und andere (potenzielle) Migrant_innen abzuschrecken. Die genannten Maßnahmen sind jedoch nur der gesetzlich verankerte Ausdruck eines gesellschaftlichen Klimas, das eine solche “institutionelle Diskriminierung” überhaupt erst ermöglicht. Latent bis offen rassistische Positionen, das Denken in “Volk” und “Nation”, das Einteilen in “Dazugehörige” und “Nicht-Dazugehörige” und der unhinterfragte Grundsatz, dass die “eigenen” Privilegien gegenüber den “Nicht-Dazugehörigen” natürlich legitimiert und zu sichern seien, sind weitgehend Konsens in der Bevölkerung. Ein Kampf gegen institutionalisierte Formen dieses Denkens, wie sie sich in der Isolation in Heimen, in Abschiebungen, Abschiebeknästen oder den anderen gesetzlich legitimierten Repressalien gegen Flüchtlinge und Migrant_innen wiederfinden, muss also immer auch den Kampf gegen diese gesellschaftlichen Ideologien beinhalten. Kampf gegen Rassismus und institutionelle Diskriminierung von Flüchtlingen und Migrant_innen ist Einspruch auf vielen Ebenen, bedeutet ebenso, eigene Denkmuster zu hinterfragen wie die Auswirkungen rassistischer Denkweisen jeder Art als solche zu benennen und anzugreifen.

 

… und kapitalistische Verwertungslogik.

In bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaften kommt dem Staat die Aufgabe zu, die Interessen des Kapitals, die sich oftmals auch gegenüberstehen, auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Sein Zweck ist, die Bedingungen zur Anhäufung und Verwertung von Kapital zu optimieren. Dazu gehört zum Beispiel der Schutz des Privateigentums oder an den Grenzen Menschen nach ihrer Nützlichkeit auszusieben. Diese Aufgabe wird dabei immer mehr an europäische Institutionen delegiert: Zwecks Militarisierung der Grenzen wurde z.B. die EU-Agentur “Frontex” geschaffen. In ihren Aufgabenbereich fallen z.B. die Koordinierung der Sicherung der Außengrenzen und von EU-Staaten gemeinsam betriebene Abschiebungen.

Neben direkten Abwehrmaßnahmen an den Grenzen sind aber auch rechtliche Regelungen wie die so genannte “Drittstaatenregelung” zu betrachten. Diese dient dazu, Menschen in angeblich sichere Staaten, über die sie eingereist sind, abzuschieben. Die Folge sind Kettenabschiebungen und somit die faktische Abschaffung des Asylrechts. Staatliche Aufrüstung der Außengrenzen zielt dennoch nicht auf die absolute Verhinderung von Migration, sondern vielmehr auf deren Kontrolle und Regulierung. Im Gegensatz zu Menschen, deren Migration in Flucht vor Krieg oder politisch motivierter Verfolgung gründet, ist es etwa für hochqualifizierte IT-Spezialist_innen unabhängig der Herkunft wesentlich leichter, die Grenzen der BRD oder der EU zu passieren und dort einen gewöhnlichen Aufenthalt zu haben. Nicht erwünschte Menschen, die es trotz aller Hindernisse schaffen, die militarisierten Grenzen zu überwinden, erhalten dagegen keinen rechtlichen Status und sind stets der Gefahr der Abschiebung ausgesetzt.

 

Diakonie und Caritas: Teil des Problems, nicht Teil der Lösung!

Hinsichtlich der gesellschaftlichen Verwaltung der Asylbewerber_innen spielen Institutionen wie das Diakonische Werk und die Caritas eine besondere Rolle. Vielfach werden nämlich Verwaltungsaufgaben von staatlicher Seite an freie Träger delegiert, etwa der Betrieb und die Überwachung der Isolationseinrichtungen. So betreibt etwa das Diakonische Werk in Mannheim das Heim in der Pyramidenstraße und den Laden „point store“. Diesen müssen Asylbewerber_innen nutzen, da ihnen neben einem Taschengeld in Höhe von 40 Euro pro Monat ansonsten lediglich „Sachleistungen“ wie Essensgutscheine zustehen. Die Caritas hingegen führt in der Pyramidenstraße eine „Rückkehrberatung“ durch, ein Angebot mit dem alleinigen Ziel, Menschen zur „freiwilligen Ausreise“ zu überreden. Während Diakonie und Caritas sich in ihrem Selbstverständnis als unterstützende und hilfreiche Institutionen verstehen, tragen sie in der Realität also oftmals viel eher dazu bei, die institutionalisierte Diskriminierung von Flüchtlingen aufrechtzuerhalten.

 

Auf zum Straßenfest!

Eine Kritik der gesellschaftlichen Zustände muss auch eine Solidarität mit denjenigen beinhalten, die direkt von den Diskriminierungsmechanismen betroffen sind. Wir wollen (und wenn auch nur symbolisch für einen Tag) die gesellschaftlich gewollte Isolation der Flüchtlinge durchbrechen und gemeinsam am 3. März ein Straßenfest vor der Unterkunft der Asylbewerber_innen feiern.

 

Wohnen statt Lager!

Bargeld statt Gutscheinen!

Kampf den rassistischen Zuständen!

Her mit dem schönen Leben für alle!


Auf zum Straßenfest am 3. März (11-17 Uhr, Pyramidenstraße, Neckarstadt-West)!