Im Gemeinderat wurde im Zusammenhang mit dem Beteiligungshaushalt das Selbstverständnis des Hauses ausgiebig diskutiert.
Ein 65-seitiges Werk hatten Projektleitung und Projektgruppe Beteiligungshaushalt anlässlich der Gemeinderatssitzung vorgelegt. Für die zweite Phase der Bürgerbeteiligung beim Doppelhaushalt 2011/2012 hatte man sich die Erfahrungen aus dem ersten großen Bürgerbeteiligungsprojekt zum Doppelhaushalt 2009/2010 zunutze gemacht. Mit dem Abschlussbericht von 2011/2012 soll zugleich auch nach vorne gedacht werden: Wie wird der Bürgerbeteiligungshaushalt 2013/2014 aussehen?
Angeboten worden war auch beim zweiten Beteiligungsdoppelhaushalt vieles: Fast ein halbes Jahr lang hatte das Amtsblatt den Prozess der Beteiligung begleitet – alle zwei Wochen mit Sonderseiten zu den Haushaltsberatungen, außerdem steuerte eine Bürgerumfrage weitere Erkenntnisse über die Anliegen der Freiburgerinnen und Freiburger bei. Und als Kernelement hatte die Online-Plattform immerhin 1504 Bürgerinnen und Bürger zur Teilnahme an dieser Form der Beteiligung gewinnen können. Außerdem haben knapp 15 000 Interessierte sich anhand der Online-Plattform informiert. Alle drei Instrumente sollen auch, so die Schlussfolgerung in der aktuellen Vorlage, beim dritten Beteiligungshaushalt 2013/2014 zum Einsatz kommen.
Zunächst aber gilt es, das bislang Erreichte zu analysieren – und daraus mögliche Instrumente für die Neuauflage eines weiter modifizierten Beteiligungshaushalts zu entwickeln. Eine Kultur der politischen Teilhabe wolle man erreichen, heißt es in der sorgfältig erarbeiteten Vorlage zum Beteiligungshaushalt. Wie diese Kultur für den kommenden Doppelhaushalt im Einzelnen gestaltet werden kann, soll laut vorgelegtem Zeitplan zwischen September und Dezember dieses Jahres erarbeitet werden.
Und dass da nicht etwa bislang Gewagtes und Erprobtes einfach unbesehen wiederaufgelegt werden soll, zeichnete sich schon in der Debatte im Gemeinderat ab. Höchst engagiert nämlich diskutierten die Stadträte sämtlicher Fraktionen über das bisherige und das zukünftige "Wie" von Bürgerbeteiligung am Haushalt. Die Argumente lagen zwischen angestrebtem Rätesystem und Scheinbeteiligung – viel Polemik machte das Ganze zu einem lebhaften Austausch bei viel Problembewusstsein.
Zum Beispiel dafür, dass nach wie vor die Einladung, sich zu beteiligen, nicht wirklich viele lockt. Wäre ein Mehr an Verantwortung wichtig? Ein Antrag von SPD und Unabhängigen Listen schlug vor, den Bürgern mehr Entscheidungsfreiraum zu geben – die bislang erzielte Beteiligung sei nicht mehr als eine Bürgerempfehlung, sagte etwa Kai Klare (SPD): Zumindest ein kleiner Teil des städtischen Budgets könne auf die Stadtteile verteilt werden und dort direkt von den Bürgern nach je stadtteilbezogener Prioritätensetzung eingesetzt werden. Vor Ort könne man dann entscheiden, ob die Schule saniert oder ein Radweg gebaut werde, erläuterte Coinneach McCabe diese Idee von SPD und UL, die auch er für die Grüne Alternative Freiburg mitträgt.
Die Grünen, CDU und Freie Wähler warnten: Auf Stadtteilebene gebe es gar nicht die politischen, demokratischen Strukturen, aus denen heraus die Verteilung von Stadtteilbudgets legitimerweise stattfinden könnten. Im übrigen sei das Königsrecht des Gemeinderats das Mandat, über den Haushalt zu entscheiden, erklärte auch OB Dieter Salomon. Dieses Recht sei auch eine Verpflichtung im Sinne des Gemeinwohls, die der Gemeinderat nicht einfach weitergeben dürfe.
Dennoch blieb bei denen ein Unbehagen, die sich ein Mehr an direktem Einfluss für die Bürgerinnen und Bürger wünschten – Michael Moos (Unabhängige Listen) etwa, der dieses Prinzip der Repräsentation kein zufriedenstellendes Verfahren findet. Timothy Simms (Die Grünen) meldete sich daraufhin als "halber Amerikaner" zu Wort mit der Forderung "no taxation without representation". Ob allerdings auch die Bürgervereine als Mittler zwischen den Bewohnerinnen und Bewohnern der Stadtteile und dem Gemeinderat repräsentative Möglichkeiten haben? Die Frage blieb ungeklärt – wie etliche andere Überlegungen auch nur ausgelotet werden konnten: Grünen-Stadtrat Helmut Thoma stellte nach rund anderthalb Stunden den Antrag auf Ende der Debatte.