[KN] Nazi-Vorwürfe: Student an Pranger gestellt

Konstanz antifa
Erstveröffentlicht: 
19.01.2012

Ein junger Mann wird anonym im Internet und auf Flugblättern als Nazi bezichtigt. Hinter der Aktion sollen Antifaschisten stehen.

Ein anonymes Flugblatt bezichtigt einen Studenten von der Universität Konstanz, „einer der Hintermänner“ der Nazi-Szene in Friedrichshafen zu sein. Überschrieben ist die Schrift mit „Vorsicht Nazi!“ Auf dem Blatt ist das Gesicht des Mannes abgebildet, der volle Name ist genannt, ebenso das Geburtsdatum, die Wohnadresse, das Studienfach, die Zahl der Semester und die Gewohnheiten als Pendler. Die Verfasser des Flugblatts bezeichnen den Studenten als Bindeglied zwischen der gewalttätigen Bodensee-Kameradschaft und der rechtsextremen NPD. Es sind Fotos von Naziaufmärschen abgebildet, auf denen auch der Student zu sehen sein soll. Das Flugblatt ist anonym verfasst, trägt aber ein Zeichen der „Antifaschistischen Aktion“. Die Inhalte kursieren auch auf einem Internet-Netzwerk, das eine linke Gegenöffentlichkeit schaffen will.

 

Das Ausforschen und öffentliche Brandmarken von Aktivisten gehört nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes in Baden-Württemberg seit einigen Jahren zu den Agitationsmitteln von Rechts- und Linksextremen. Georg Spielberg von der Pressestelle sieht einen Schwerpunkt im linksextremistischen Spektrum. Der Verfassungsschutzbericht spricht von 20 Menschen, die im vergangenen Jahr in Baden-Württemberg bei „Outing-Aktionen“ an den Pranger gestellt wurden. Im Konstanzer Flugblatt schreiben die anonymen Verfasser, sie sähen es als ihre Pflicht an, die Öffentlichkeit über die Umtriebe des Studenten zu informieren. Es gehe darum, weitere rechtsradikale Gewalttaten zu verhindern. Ein Fall für den Staatsanwalt wäre die Flugblatt-Aktion erst, wenn der Betroffene Strafantrag stellen würde, etwa wegen Beleidigung, übler Nachrede oder Verleumdung, heißt es auf Nachfragen bei der Konstanzer Staatsanwaltschaft. Konsequenzen aus der Verletzung von Persönlichkeitsrechten würden ins Zivilrecht fallen.

 

Die Universität Konstanz nimmt den Vorfall zur Kenntnis. Sie distanziere sich von jeder Form von Rechtsextremismus, sehe aber keinen Anlass, auf anonyme Behauptungen zu reagieren, sagt Sprecherin Julia Wandt. Grundsätzlich sei es nicht verboten, Flugblätter an der Universität zu verteilen, allerdings müsse immer vermerkt sein, wer für den Inhalt verantwortlich sei. Diese Angabe fehlt bei den Pranger-Flugblättern. Drei Konstanzer Studenten aus dem dritten Semester sehen mit zwiespältigen Gefühlen auf die Aktion. Einer sagt, er halte es für richtig, gegen die Ideologie der Rechtsradikalen vorzugehen, nicht aber gegen einzelne Anhänger. Keiner von den Dreien kennt den beschriebenen Studenten. Alle sind froh, dass sie sich nicht die Frage stellen müssen, wie sie künftig mit ihm umgehen wollen. Einer von ihnen fragt: „Würdest du in eine Übungsgruppe gehen, die er leitet?“