Terror. Die Zwickauer Neonazis hatten offensichtlich auch Kontakte zu dem britischen Rechtsextremisten-Netzwerk „Blood & Honour”. Von Stefan Geiger
Im Fall der Zwickauer Terrorzelle kommen immer mehr Details ans Licht. So haben die Ermittler in der Zwickauer Wohnung der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund” (NSU) ein Pamphlet sichergestellt, das von seiner Diktion her als eine Art Werbebrief gewertet werden muss. Der Pressesprecher der Bundesanwaltschaft bestätigte den Fund. Es gebe bisher jedoch keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass der Brief auch verschickt worden sei. Die „Süddeutsche Zeitung” hatte zuvor berichtet, der auf einer Computerfestplatte gefundene Brief stamme aus dem Jahr 2002. Damals hatte der NSU, dem nach den Ermittlungen der Bundesanwaltschaft die inzwischen toten Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos sowie die in Haft befindliche Beate Zschäpe angehörten, bereits vier Ausländer ermordet.
In dem Brief heißt es: „Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) verkörpert die neue politische Kraft im Ringen um die Freiheit der deutschen Nation. Keine Partei oder Verein ist die Grundlage des nationalsozialistischen Untergrundes, sondern die Erkenntnis, nur durch wahren Kampf dem Regime und seinen Helfern entgegentreten zu können. Die Aufgaben des NSU bestehen in der energischen Bekämpfung der Feinde des deutschen Volkes und der bestmöglichen Unterstützung von Kameraden und nationalen Organisationen.” Weiter heißt es: „Verfolgung und Strafen zwingen uns, anonym und unerkannt zu agieren.”
Die Bundesanwaltschaft hatte bereits vor dem Bekanntwerden dieses Briefes mitgeteilt, dass die Ermittlungen den Verdacht gegen Beate Zschäpe erhärtet hätten, Mitglied der terroristischen Vereinigung gewesen zu sein, die sie mitbegründet habe. Die Verteidiger Zschäpes streben dagegen ihre Entlassung aus der Untersuchungshaft an.
Die Rechtsterroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe flogen im November 2011 auf. Die Ermittler machen die Gruppe, die als Zwickauer Terrorzelle bekannt wurde, für bundesweit zahlreiche Morde an Kleinunternehmern türkischer und griechischer Herkunft, sowie den Mord an einer Polizistin in Heilbronn und zwei Bombenanschläge in Köln. Das Trio lebte mehr als 13 Jahre nahezu unbehelligt von den Sicherheitsbehörden im Untergrund.
Nach einem Bericht des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) bestätigt ein Dossier des Bundesamtes für Verfassungsschutz, dass das Trio zwischen 1998 und 2000 Kontakt zu dem in Deutschland inzwischen verbotenen Rechtsextremisten-Netzwerk „Blood & Honour” hatten. Die in den 80er Jahren in Großbritannien gegründete Organisation mit NS-Ideologie wurde in Deutschland Ende 2000 verboten. Der Name „Blood & Honour” leitet sich aus der Aufschrift auf den Fahrtenmessern der Hitlerjugend ab. Nach dem MDR-Bericht wurden die Verbindungen des NSU zu „Blood & Honour” bekannt, weil in den Jahren nach 1998 Telefone von dessen Aktivisten in Deutschland abgehört worden waren. In dem Verfassungsschutzbericht soll auch stehen, es habe nach dem Untertauchen des Trios Hinweise gegeben, dass sich die untergetauchten Neonazis in Jena und Umgebung aufgehalten haben und von Mitgliedern des „Thüringer Heimatschutzes”, einer rechtsextremen Kameradschaft, unterstützt würden.
Damals waren Kontaktpersonen, aber auch Böhnhardts Vater beobachtet worden. Das Thüringer Landeskriminalamt sei vom Bundesamt für Verfassungsschutz im Juni 1998 über ein „konspiratives Versteck im Großraum Dresden” informiert worden. Allerdings sei dies mit dem Hinweis geschehen, es seien keine „Exekutivmaßnahmen von Thüringen notwendig”. Das Objekt diene als Lager für CDs.