Aufruf zur antifaschistischen Demonstration gegen das FPÖ-Neujahrstreffen am 21. Jänner 2012 in Salzburg
Die FPÖ plant, ihr alljährliches Neujahrstreffen diesmal in Salzburg abzuhalten. Am 21. Jänner 2012 wird sie die Salzburg Arena im Messegelände beehren um dort, wie schon so oft bei ihren Veranstaltungen, gegen alle zu hetzen, die nicht in ihr Weltbild passen. Als Redner auftreten werden unter anderem Karl Schnell, Landesparteiobmann der FPÖ Salzburg, und Parteichef HC Strache.
Zu den bevorzugten Hassobjekten der FPÖler_innen gehören Migrant_innen und Menschen, die sie für solche halten, Feministinnen und Leute, denen sie in perfekter NS-Manier “jüdische” Verhaltens- und Charakterzüge zuschreiben.
Zwar spielt sich die FPÖ gerne als der verlängerte Arm der kleinen Leute im Parlament auf, diese Solidarität gilt allerdings nicht für Arbeiter_innen, die aus anderen Ländern nach Österreich kommen. Das migrantische Proletariat ist der “sozialen Heimatpartei” höchst unwillkommen – nicht aber wenn die sonst ach so bösen Migrant_innen Geld ins Land bringen und vielleicht auch noch die Partei finanziell unterstützen. Das ist schließlich “part of the game” (Zitat Uwe Scheuch).
Rassistische Äußerungen sind bei FPÖ-Anhänger_innen oft von rassistischer Gewalt begleitet. Auf der „X-treme Party“ der Jungen Volkspartei in Hof im Sommer 2009 kam es zu rassistischen Ausfällen durch RFJler (Ring Freiheitlicher Jugend) gegen eine Gruppe migrantischer Jugendlicher. Nachdem die RFJler Nazi-Parolen gerufen hatten, folgte eine Prügelei. Von einem Wahlkampfauftritt von HC Strache in Faistenau 2008 berichtete sogar der ORF-Report über ein freudiges „Heil Hitler“ eines jungen Strache-Fans.
Ein bezeichnendes Beispiel für die Gesinnung jugendlicher FPÖ-Fans ist der Salzburger Edwin Hintsteiner, der beim RFJ aktiv war und sich im Februar 2011 mit dem Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf ablichten ließ, der gerne Nazis als Parlamentarische Mitarbeiter beschäftigt. Hintsteiner unterhält Kontakte zu bayerischen Neonazis und war von Anfang an im Naziforum Alpen Donau Info aktiv. Auf diesem mittlerweile wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung geschlossenen Portal wurde regelmäßig zu Gewalttaten gegen politische Gegner_innen aufgerufen.
“Daham statt Islam”
Mit solchen und ähnlichen Slogans geht die FPÖ gerne auf Wähler_innenfang. Das traditionell eigentlich antiklerikale “dritte Lager”, als das sich die FPÖ sieht, hat kein Problem damit, zur „Verteidigung des Abendlandes“ mit dem Kreuz herumzuwedeln. Wenn FPÖler_innen gegen den Islam als Religion polemisieren, dient dies augenscheinlich nur als Deckmantel für ihren völkischen Rassismus. Die Angst der FPÖ vor einer “Überfremdung” durch “zu viele” Kinder aus migrantischen Familien begründet sich wohl nicht auf der Religionszugehörigkeit der Säuglinge, sondern auf eine herbeiphantasierte Rassezugehörigkeit, auf plumpem Rassismus und Ablehnung von “Fremdem”. Denn andererseits hat die FPÖ kein Problem, mit islamischen Holocaust-Leugnern Hand in Hand zu gehen. Ein gemeinsames Feindbild verbindet: laut einem Artikel in der Jüdischen Zeitung macht sich Heinz-Christian Strache für das Mullah-Regime in Teheran stark und wettert gegen die “radikale Ausgrenzung des Iran nach dem Vorbild der USA”.
2010 ließ die FPÖ das Bild des grinsenden Strache mit dem Spruch “Wir schützen freie Frauen – die SPÖ den Kopftuchzwang” plakatieren. Dass der FPÖ, die im Allgemeinen ein reaktionäres Frauenbild vertritt, die Freiheit der Frauen tatsächlich ein Anliege wäre, ist unwahrscheinlich. Das Sujet ist als Instrumentalisierung und Verdrehung feministischer Forderungen zu werten. Der Untertitel auf dem Plakat ist verräterisch: “Uns geht’s um die WIENER!”.
Die FPÖ-Mandatarin Barbara Rosenkranz kandidierte 2010 erfolglos für das
Amt der Bundespräsidentin, trat für die Abschaffung des
NS-Verbotsgesetzes ein und hält den Feminismus für einen “Irrweg”. Wenn
Frauen für gleiche Handlungsmöglichkeiten kämpfen, ist laut Rosenkranz
die Schaffung eines “geschlechtslosen Menschen” zu befürchten. Statt
dessen fordert sie die Aufwertung “erfolgreicher Weiblichkeit und
Mütterlichkeit”, was als ein “Zurück an den Herd!” interpretiert werden
muss.
Ebenfalls abzulehnen ist die verkürzte Kritik der FPÖ an den Finanzmärkten, und zwar aus zwei Gründen. Zum einen betrieb die FPÖ vor allem in der Zeit der schwarz-blauen Regierung selbst eine rücksichtslose kapitalistische Politik, die einen Selbstbedienungs-Charakter trug. Zum anderen werden dabei immer wieder antisemitische Klischees herangezogen.
Zur Illustration des antisemitischen Grundkonsenses innerhalb der FPÖ einige Vorfälle, die für sich sprechen:
Der FPÖ-Abgeordnete Herbert Kickl diffamiert in einer Rede zum
Sozialbudget am 17. November 2011 Menschen, die vor den Nazis
flüchteten, als vom Sozialministerium “Verhätschelte”, die
“davongelaufen” wären, und nicht beim Wiederaufbau “angepackt” hätten.
Der Wiener FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus spielt bei einer Kundgebung in
der Lugner City Ende Oktober 2011 auf die von den Nazis aufgezwungenen
gelben Judensterne an: “Es gibt seit einem Jahr das rot-grüne
Inkassobüro und ein Jahr lang grüne Umfaller! Wenn man die Farben Rot
und Grün zusammenmischt, dann erhält man Gelb. Und Gelb ist nicht
umsonst in der christlichen Symbolik die Farbe des Judas. Das passt
hervorragend, weil diese Stadtregierung verrät die Bürger!”
Die freiheitliche Polizeigewerkschaft AUF bezeichnet im September
2011die Erhaltung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen als Missbrauch des
Budgets. Davor hatte die AUF einen Artikel in ihrer
Mitgliederzeitschrift, in dem sie die Schwerarbeit im Polizeidienst und
zu wenig Urlaub beklagt, mit einem Aquarell, das NS-Zwangsarbeiter
zeigt, illustriert.
Diesen Dezember strichen die Kärntner Freiheitlichen das Weihnachtsgeld
für NS-Opfer, mit der Begründung, es müsse gespart werden. Weiterhin
gefördert wird aus dem Budget allerdings der Ankauf von Alarmanlagen.
Rechte Netzwerke
Ein überdurchschnittlich Großer Anteil der freiheitlichen Parlamentsabgeordneten rekrutiert sich aus den Reihen korporierter Waffenstudenten. Kein Wunder. Wo sonst als in den Burschenschaften werden stramm deutschnationale Werte, Männlichkeitswahn und ein ausgeprägter Hang zu Machtausübung und Unterwerfung derartig honoriert?
Die FPÖ, von der sogar einige europäische Rechtsparteien aus Furcht um
ein staatstragendes Image offiziell Abstand halten, pflegt Kontakte zu
Faschist_innen in Ungarn und Italien. HC Strache empfing 2010 eine
Delegation der extrem rechten „Jobbik“-Partei aus Ungarn, und der
steirische FPÖ-Chef Gerhard Kurzmann traf im Oktober 2008 den Chef der
faschistischen Forza Nuova.
Medial stark präsent sind derzeit die im letzten Jahrzehnt von
thüringischen Nazis verübten Morde an acht türkischen und einem
griechischen Kleinunternehmer. Für sich demokratisch gebende Rechte ist
wieder einmal die Zeit der Distanzierungen gekommen, denn sie sind es,
die mit ihrer Politik Akzeptanz für solche Taten schaffen. Es wird
Betroffenheit geheuchelt, und zugleich weiterhin ein Nährboden geboten,
denn die Politik der FPÖ kann konsequent zu Ende gedacht nur darauf
hinauslaufen.
Anders Behring Breivik, der rechte Attentäter von Oslo, versteht sich
wie Strache als Verteidiger des chistlichen Abendlandes gegen eine
angebliche Islamisierung. Dass Breivik für unzurechnungsfähig erklärt
wurde, kommt Strache und Konsorten entgegen. Das täuscht darüber hinweg,
dass Breivik wusste, was er tat, und dassTeile seines Manifests
hervorragend in die Parteiprogramme diverser europäischer rechter
Parteien wie der FPÖ passen. Breivik bezieht sich darin auch positiv auf
den österreichischen Umgang mit Abschiebungen.
Ein am selben Tag verübter rassistischer Mord ging medial eher unter. Im
oberösterreichischen Traun erschoss Johann Neumüller seinen rumänischen
Nachbarn und verletzte dessen Ehefrau und Sohn lebensgefährlich. Später
erhängte er sich in seiner Zelle. Bei sich trug er Flugblätter, in
denen er von einem “Österreich NEU” faselte, und in einer Aussage von
ihm heißt es, er habe gehofft, dass ich “viele gleichgesinnte
Österreicher gegen die Ausländer im Land erheben werden.” An dem Mann
ist ein FPÖ-Wahlkampftexter verlorengegangen.
Angesichts der sich häufenden rechten Gewalttaten ist es besonders zynisch, wenn Antifaschist_innen, die sich gegen derartige Entwicklungen stellen, mittels der Extremismustheorie diffamiert werden. Nicht nur der Verfassungsschutz arbeitet mit der kruden These, dass “Linksextreme” und “Rechtsextreme” einander ähneln würden, weil sie ja beide die demokratische Ordnung ablehnen. Der Unsinn scheint in dieser Gegend Konsens zu sein. Strache bezeichnete in Salzburg Gegendemonstrant_innen als “linke Nazis”. Sogar eine Politikwissenschafterin, die bei einer ORF-Fernsehdiskussion die “linke” Seite der Couchlandschaft besetzen sollte, bestand auf der Extremismustheorie. Was dabei unerklärlicherweise übersehen wird, ist, dass die radikale Linke die demokratische Ordnung ablehnt, weil sie zu brutal ist; den extrem Rechten hingegen ist sie zu wenig brutal. Ein Blick in den Verfassungsschutzbericht zeigt, was der Verfassungschutz als Verfasser eigentlich wissen müsste: “links motivierte Straftaten” haben eine andere Qualität als rechte. Sachbeschädigung kann und darf nicht mit rechter Gewalt und Mord gleichgesetzt werden.
Die FPÖ nimmt eine Brückenfunktion zwischen sich als elitär verstehenden Nazis, zum Beispiel aus den Burschenschaften, Prügelnazis und den ganz normalen Alltagsrassist_innen in der österreichischen Bevölkerung ein. Das unterscheidet sie von der vergleichsweise kleinen und isolierten NPD in Deutschland. Und das macht sie so gefährlich.
Es muss also gehandelt werden. Antifaschistische Interventionen in den gesellschaftlichen Normalbetrieb – mit allen Mitteln und auf allen Ebenen – sind bitter notwendig, und wir dürfen nicht damit warten.
Eine Möglichkeit, aktiv zu werden, bietet sich am 21. Jänner in Salzburg: vermiesen wir gemeinsam das Neujahrstreffen der FPÖ.
Auf ein beschissenes neues Jahr für die FPÖ und alle anderen Feind_innen der freien Gesellschaft!
Kollektives Handeln ist Selbstermächtigung!