Am Abend des 19. Dezember 2011 hat das Allgemeine Syndikat der FAU Dortmund mit Unterstützung von solidarischen Aktivisten und FAUistas aus Bochum und NRW eine Protestaktion vor der Lidl Filiale in Bochum Laer durchgeführt. Anlass war die fristlose Kündigung eines dort beschäftigten Auszubildenden, der in der FAU Dortmund organisiert ist.
Dabei wurden eine große Anzahl Flugblätter mit dem Titel „Lidl-Azubis als billige Arbeitskräfte“ an interessierte Kundinnen und Kunden verteilt und den Einwohner_innen der umliegenden Wohnblocks zur Kenntnis gebracht. Dort hieß es u.a.: „Wir fordern ein Ende der Arbeitshetze, kürzere Arbeitszeiten und bessere Bedingungen für alle Auszubildenden bei LIDL und im gesamten Einzelhandel.“
Vom
 enormen Arbeitsdruck der Lidl-Bediensteten, bekamen die angereisten 
Genoss_innen der Protestaktion einen Eindruck, als erst nach etwa einer 
halben Stunde ein einzelner Lidl-Bediensteter hektisch vor dem Eingang 
auftauchte, vor dem die Genoss_innen mit Transparent und Fahnen in 
Aufstellung gegangen waren und Gespräche mit den Kund_innen führten. Er 
verwies die Genoss_innen eiligst des Lidl-Geländes, indem er mit dem 
unverzüglichen Einschalten der Polizei drohte. Auf eine Stellungnahme zu
 den Vorgängen in der Filiale angesprochen, meinte er nur, er werde 
sicherlich keine Stellungnahme abgeben, außerdem er habe ja noch nicht 
einmal das Flugblatt komplett gelesen. Da dieses sehr knapp und klar 
formuliert war, dürfen wir das wohl als weiteren Hinweis auf die 
entspannten Arbeitsbedingungen bei Lidl werten;-) Auch erhielt er den 
Hinweis, dass er als Beschäftigter doch selbst einmal in eine Lage 
geraten könnte, in der er solidarische Unterstützung gebrauchen kann. 
Dies eröffnete ihm offenbar eine völlig neue Perspektive, wie man seiner
 Irritation anmerken konnte. Ebenso schnell wie der Lidl-Angestellte 
aufgetaucht war, war er auch wieder verschwunden und bei der Arbeit.
Die Genoss_innen bezogen an der Einfahrt und damit im öffentlichem Raum 
wieder Aufstellung, da der bisherige Zuspruch der potentiellen 
Kund_innen unerwartet postitiv ausfiel und sie die Drohung mit der 
Polizei nicht als Grund für einen vorzeitigen Abbruch des Protestes 
akzeptierten. Auch vor der Einfahrt konnte eine Anzahl von Gesprächen 
mit potentiellen Kunden geführt werden. Zum Abschluss der Aktion wurden 
schließlich Flugblätter an weitere Beschäftigte der Filiale übergeben.
„Wir bieten Ihnen abwechslungsreiche und interessante Tätigkeiten im Unternehmen.“ [1]
Der in der FAU Dortmund aktive junge Gewerkschafter wurde von der - für 
ihre Praktiken gegenüber Beschäftigten berüchtigten [2] - 
Einzelhandelskette Lidl zunächst für die Dauer von zwei Monaten als 
ungelernte Hilfskraft eingestellt, mit "Aussicht auf einen 
Ausbildungsvertrag mit dem Abschluss Einzelhandelskaufmann (IHK)". 
Bereits während dieser zwei Monate lernte der Genosse schnell, was 
Effektivität und Effizienz bei Lidl bedeuten und wie dieses durchgesetzt
 wird. So hatte der Genosse oft Überstunden abzuleisten und wurde 
täglich mehrfach von den Vorgesetzten angehalten, dies das und jenes 
doch schneller zu machen, sonst würde das "wohl nichts werden mit dem 
Ausbildungsvertrag".
Da unser Genosse alle Entbehrungen zunächst auf sich nahm und kein Wort 
der Kritik wagte, da diese im Unternehmen, entgegen den Beteuerungen der
 Vorgesetzten, für Kritik ein offenes Ohr zu haben, alles andere als 
gewünscht ist, wurde er zunächst mit dem zuvor in Aussicht gestellten 
Ausbildungsvertrag "belohnt" - jedoch nicht für das 
Ausbildungsberufsbild "Einzelhandelskaufmann (IHK)", das von vornherein 
eine dreijährige Ausbildung beinhaltet, sondern für das 
Ausbildungsberufsbild "Verkäufer (IHK)", welches nur eine zweijährige 
Ausbildung beinhaltet. Mit in Aussicht gestellt wurde eine Verlängerung 
um ein Jahr bei guter Leistung, um doch noch den Abschluss als 
"Einzelhandelskaufmann (IHK)" machen zu dürfen. Dieser Trick gehört zum 
Standardrepertoire von Arbeitgebern. Hiermit wird letztlich eine Art 
zweijährige Probezeit eingeführt, da der Auszubildende bis zum Ende 
fürchten muss, das dritte Ausbildungsjahr doch nicht absolvieren zu 
dürfen.
So ist auch die Einstellung des Genossen als ungelernte Aushilfe nicht 
als nette Geste des Arbeitgebers zu verstehen, sondern als versuchte 
Verlängerung der Probezeit. Der Genosse hat den Ausbildungsvertrag auch 
erst wenige Tage vor Ende der auf zwei Monate befristeten Beschäftigung 
als ungelernte Hilfskraft zugestanden bekommen. Jedoch änderten sich die
 Tätigkeitsfelder im Betrieb nicht im mindesten und eine Ausbildung im 
Wortsinn fand nicht statt.
Weiterhin hieß es hauptsächlich: wischen, kassieren, einräumen.
Ständige, verdeckte Überprüfungen der "Arbeitsqualität" der einzelnen 
Mitarbeiter wie z.B. durch nicht angekündigte Testkäufe waren die Regel 
und führten letztlich zu dem gewünschten Resultat der außerordentlichen 
Kündigung. Zwar können Arbeitsverhältnisse und auch 
Ausbildungsverhältnisse mündlich geschlossen, aber nur schriftlich 
gelöst werden. So wurde dem Genossen, wenige Tage vor Ende der Probezeit
 mündlich die Kündigung mitgeteilt, er wurde vom Filialleiter und dem 
Gebietsverkaufsleiter zu seinem Spind geführt, dieser wurde geleert und 
er wurde hinaus geleitet. Die schriftliche Kündigung wurde erst einen 
Tag nach Ende der Frist, ohne Zugangsnachweis, in den Briefkasten 
gelegt. Offenbar rechnete Lidl nicht damit, dass sich jemand gegen diese
 Ungerechtigkeiten zur Wehr setzen würde. Dies war jedoch nicht der 
Fall. Beim folgenden Schlichtungsgespräch bei der IHK Bochum, wurde der 
Azubi als faul und unfähig hingestellt. Das vom Rechtsanwalt des 
Genossen angeführte Argument, dass die schriftliche (und damit 
rechtsverbindliche) Kündigung nicht fristgemäß einging, wurde von Seiten
 der IHK beiseite gewischt, da die Gegenseite plötzlich zwei Zeugen für 
eine fristgerechte Niederlegung des Kündigungsschreibens vorbrachte. 
Dass die IHK nicht im Sinne der Arbeiter und Arbeiterinnen handelt, 
sondern vielmehr eine Vertretung von Arbeitgeberinteressen ist, wurde 
hier nochmal eindringlich unter Beweis gestellt und der Antrag des 
Genossen auf Rücknahme der Kündigung abgewiesen.
Die geschilderten Vorkommnisse sind ein typischer Beleg für die 
Arbeitshetze und den erheblichen Druck, den Arbeiter_innen in 
Unternehmen ausgesetzt sind, welchen Profit über alles geht.
Die
 Aktion am Montag wurde auch durchgeführt um klar zu stellen, dass 
solche Machenschaften nicht unwidersprochen im Verborgenen bleiben, und 
um Mut für die anstehende mündliche Verhandlung der 
Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Bochum zu machen.
„Teamarbeit und Fairness sind bei uns selbstverständlich.“ [1]
Gegen eine Praxis, die offenbar den Phrasen des Marketings hohnspricht, 
haben die Azubis und die weitere Belegschaft - bisher - leider nicht ihr
 wichtigstes Mittel entdeckt: die Solidarität. Der geschasste Azubi und 
die Aktiven von Montag freuen sich sehr, wenn dies noch geschieht. Und 
werden den Weg zur Filiale am Bochumer Sudbeckenpfad sicher nochmal 
gehen. 
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