Das Auftauchen rechtsradikaler Plakate im Landkreis und die Bedrohung von Stadträten hat die Linkspartei zu einem Appell an Polizei und Politiker veranlasst.
Plakate mit rechtsextremen Botschaften, die beim Berufsschulzentrum in Geislingen aufgetaucht sind, haben in den vergangenen Tagen den Blick auf die Frage gelenkt: Wie aktiv ist die extreme Rechte im Landkreis? Was verbirgt sich hinter der "Unsterblich"-Aktion junger Neonazis? Wie viele Sympathisanten haben die "Autonomen Nationalisten Göppingen"? Und welche Verbindungen lassen sich zwischen den "Spreelichtern" - dem rechtsextremen "Infosystem der Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" - und Rechtsradikalen im Landkreis herstellen? Die Göppinger Kriminalpolizei und insbesondere der Staatsschutz sind bereits eingeschaltet. Ganz unabhängig von den jüngsten Enthüllungen über die rechtsextreme Zwickauer Terrorzelle wollen sie herausfinden, wie gut Neonazis aus dem Kreis bundesweit vernetzt sind. Auffällig ist, dass über die Plakate in Geislingen und die Proteste, die sie hervorgerufen haben, auf rechtsradikalen Internet-Seiten ausführlich berichtet wurde und wird.
Die Linke sieht sich daher veranlasst, Polizei, Sicherheitsdienste, Stadtverwaltungen, und Politiker aller demokratischer Parteien aufzurufen, "die Gefahr von Rechts im Kreis Göppingen nicht zu unterschätzen".
In einer gemeinsamen Pressemitteilung mehrerer Ortsverbände der Partei, der "Linksjugend" sowie antifaschistischer Organisationen heißt es: "Aktivitäten rechtsextremer Organisationen und Gruppierungen sind im Kreis Göppingen keine Einzelfälle. Schmierereien und Sachbeschädigungen durch Aufkleber, vereinzelte Gewalttaten und Übergriffe unter anderem in Geislingen, Angriffe und Drohungen, all dies sind nur Beispiele für rechtsextreme Aktivitäten". Politik und Stadtverwaltungen im Landkreis hätten jedoch "stets abgewiegelt und darauf verwiesen, dass hier keine ansässigen Rechtsextremen bekannt seien und es sich um Auswärtige handeln müsse".
Die Linke warnt dagegen vor einer Verharmlosung der Gefahr: "Die rechtsextreme Gruppierung der ,Unsterblichen, die als deckungsgleich mit den brandenburgischen Nazis der ,Spreelichter gelten, haben an zahlreichen Schulen Plakataktionen durchgeführt." Die Linke verweist auf "eine neue Heransgehensweise von Nazis im Kreis". Von den Rechtsextremen werde vor allem "ein popkulturelles Image" geschaffen und mit dem "Mythos" des Nationalismus "gespielt". Kinder und Jugendliche sollten so für nationalsozialistische Propaganda zugänglich gemacht werden. "Holocaust-Verleugnung und Menschenverachtung stecken hinter diesen Fackelzügen und weißen anonymen Maskenträgern."
"Mit großer Sorge" berichtete die Linkspartei gestern, dass nach der Veröffentlichung ihrer Pressemitteilung die Drohungen gegen den Geislinger Stadtrat Holger Schrag und seinen Göppinger Kollegen Christian Stähle zugenommen hätten. Auf der Internetseite "Infoportal Schwaben", die der rechtsradikalen und ausländerfeindlichen Szene zuzuordnen ist, findet sich unter der Überschrift "Die Angst vor den weißen Masken" im Zusammenhang mit der Plakataktion in Geislingen der Satz: "Bei solchen Tönen sollten die Genossen lieber aufpassen, dass man sie nicht eines Tages aus der Deckung holt und entsprechend lustige Dinge mit ihnen anstellt." Den "Unsterblichen" wird in dem Text "ein frohes Schaffen" gewünscht.
Für die Staatsschutzbeamten der Polizei ist es mitunter schwierig, die Verfasser solcher Pamphlete ausfindig zu machen. Zudem müssen die Experten juristisch genau unterscheiden: Was ist dumpfer Wortmüll und welche Passagen könnten strafrechtlich relevant sein? Dass es im Lager der Antifaschisten und Anti-Rechts-Aktivisten genauso demokratiefeindliche und extremistische Auswüchse gibt, macht die Arbeit der Ermittler nicht einfacher. pm/hel