Mittwoch, 2. November
Autonomie und Kapitalsouveränität
Jean-Paul Sartre, Adorno und der Begriff der Freiheit
Weil
 nur der je einzelne Mensch frei sein kann, nicht aber etwas ihn, d.h. 
seinen individuellen Leib Überschreitendes, darum, so lautet Sartres 
logisch unwiderlegbares Urteil, kann keinem äußeren Objekt die 
Fähigkeit, autonome Entscheidungen zu fällen, zugesprochen werden. Wenn 
ein Subjekt einem ihm Äußeren – sei’s Gott, der Natur oder dem Staat, 
dem Kapital, dem Schönen oder gar dem Glück –, derart Autonomie 
zuschreibt, belügt es sich, um die Angst vor der Freiheit zu beherrschen
 und sich für seine Taten nicht verantwortlich fühlen zu müssen. Wenn 
man Adornos Ästhetik dieser Subjektbestimmung konfrontiert, läßt sich 
jedoch zeigen, daß, so sehr Sartre logisch im Recht sein mag, die Kritik
 im Grunde darauf zielen muß, genau jenes für Sartre Unmögliche dennoch 
zur Darstellung zu bringen: um die Verkehrungen erkennen zu können, dank
 derer das Kapital als automatisches Subjekt, als Souverän, agieren 
kann. Diese Kritik muß zum einen erkennen lassen, daß jede Form 
geschichtlich geworden, das heißt „sedimentierter Inhalt“ ist; in diesem
 Erkenntnisinteresse gibt es zwischen Adorno und Sartre keine Differenz.
 Als derart Erkanntes schlägt sie zum anderen aber auch auf jede Logik, 
somit auch die Sartres, zurück: sie relativiert sie dahingehend, daß 
auch die Freiheit in eine Objektivität, in eine – bewußt gewählte – Form
 eingebettet werden muß; wenn auch in eine, die es, im Gegensatz zur 
Autonomie des Kapitals, verhindert, daß sie sich gegen sich selbst 
wendet. Aus der Konfrontation Adornos mit Sartre ergeben sich jedenfalls
 Subjektbestimmungen und Urteile über die Negativität der Gesellschaft, 
die, ungeachtet aller Differenzen im Grundsätzlichen, überraschende 
Gemeinsamkeiten zwischen diesen Protagonisten der individuellen Freiheit
 beziehungsweise des Nichtidentischen erkennen lassen.
Es spricht
 Manfred Dahlmann (ISF Freiburg), der u.a. für die Zeitschriften 
„Prodomo“, „Jungle World“ und „Bahamas“ schreibt (siehe: 
http://www.isf-freiburg.org /isf/beitraege.html).
Um 20°° im Jos Fritz-Café, Wilhelmstr. 15 (Spechtpassage).
Initiative Sozialistisches Forum
Jour fixe
Herbst / Winter 2011 / 2012
Der Einleitungstext „Die Gewalt des Souveräns“
sowie das Kommentierte Programm unter: www.isf-freiburg.org
