Skurriler Streit hinter den Kulissen: Ein Sicherheitsmann ruft die Polizei, weil Frau und Kinder eines Schauspielers aus dem Gebäude heraus zuschauten.
Polizeiwache statt "Kleiner Horrorladen": Mit Ärger, verunsicherten 
Kindern und einer drohenden Anzeige endete für Anja Steyer der 
vergangenen Freitag – dabei wollte sie eigentlich nur mit Sohn und 
Tochter das Musical des Wallgrabentheaters im Freiburger Rathausinnenhof
 anschauen. Doch im Wortsinn hinter den Kulissen entwickelte sich eine 
skurrile Auseinandersetzung. Weitere Mitspieler: ein Sicherheitsmann und
 zwei Polizisten.
Anja Steyers Mann Burkhard Wein spielt den Blumenhändler im "Kleinen 
Horrorladen", eine der Hauptrollen. Mit ihren vier und sechs Jahre alten
 Kindern sei sie wie gewohnt in das Rathausgebäude hinter der Bühne 
gegangen, sagt Steyer. Dort arbeiten Licht- und Tontechniker, und von 
dort schauen gelegentlich Mitarbeiter und Angehörige den Stücken zu.
Doch am Freitagabend war alles anders: Laut Gedächtnisprotokoll, das 
Anja Steyer nach dem Abend aufgeschrieben hat, kam 45 Minuten nach 
Beginn der Vorstellung der Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes auf sie
 zu, den das Theater für die Vorstellungen engagiert hatte. Er forderte 
sie auf, die Plätze sofort zu verlassen, da dort keine Zuschauer sitzen 
dürften. Nachdem mehrere Theaterleute dem Sicherheitsmann versichert 
hätten, das alles seine Ordnung habe, sei sie mit den Kindern auf den 
Plätzen sitzen geblieben und auch nach der Pause dorthin zurückgekehrt. 
Darauf habe der Sicherheitsmitarbeiter angekündigt, wegen 
Hausfriedensbrauchs die Polizei zu rufen.
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Nach weiteren zehn Minuten erschienen tatsächlich zwei Beamte. "Die 
Polizisten kamen von Anfang an laut auf uns zu", sagt Anja Steyer, "und 
ich wurde sehr schnell beschimpft." Als die Polizisten ihre Personalien 
feststellen wollten, habe sie gesagt, dass sie ihren Ausweis erst zeige,
 wenn sie erfahre, was ihr vorgeworfen wird. Ein Beamter habe vor ihren 
inzwischen weinenden Kindern gerufen, es sei eine Schande, welches Bild 
sie als betrunkene Mutter abgebe, sie bekomme eine Strafanzeige und das 
Jugendamt werde eingeschaltet. Dabei habe sie lediglich um 18 Uhr ein 
kleines Bier und in der Pause einen Sekt getrunken, betont Steyer. 
Anschließend nahmen die Beamten sie mit zur Wache Nord, dort wurden die 
Personalien festgestellt und ein Alkoholtest vorgenommen. Sohn und 
Tochter habe sie im Rathaushof gerade noch einer Theater-Mitarbeiterin 
übergeben können, sagt Steyer: "Die Polizisten haben die Kinder 
überhaupt nicht beachtet."
Die Schilderung der Polizei deckt sich in etwa mit den Beschreibungen 
Anja Steyers – nur ist die Bewertung eine andere. Die Polizei sei wegen 
des Verdachts auf Hausfriedensbruch gerufen worden, sagt Polizeisprecher
 Ulrich Brecht. Die Frau habe von Beginn an unwirsch reagiert und sich 
geweigert, ihre Personalien anzugeben. Die Beamten hätten zudem 
Alkoholgeruch wahrgenommen, das Ergebnis des Test liege aber noch nicht 
vor. "Die Situation wäre mit Sicherheit anders verlaufen, wenn die Frau 
sich ruhig verhalten und ihre Personalien angegeben hätte", sagt Ulrich 
Brecht. Nun müsse sie mit einer Anzeige wegen Widerstands gegen 
Polizeivollzugsbeamte rechnen.
Die Sicherheitsfirma will sich zu dem Vorfall nicht äußern. "Kurios" sei
 der Vorwurf des Hausfriedensbruchs, sagt Daniel Winter, Kaufmännischer 
Leiter des Wallgraben-Theaters. Seit 36 Jahren gebe es die 
Rathausspiele, und immer schon hätten Angehörige aus dem Gebäude heraus 
zugeschaut. "Wir sind eigentlich der Auffassung, dass wir gar keinen 
Sicherheitsdienst brauchen", sagt er, das sei eine Auflage der Stadt. 
"Das Groteske ist: Anscheinend haben diejenigen, die eigentlich für 
einen störungsfreien Abend sorgen sollen, die Störung selbst 
verursacht."
