Letzte Bemühungen um einen Alternativstandort für die Wagenburg auf dem Eingangsgelände zum Stadtteil Vauban
Von unserer Redakteurin Simone Lutz
Kommando Rhino
Etwa
 35 Wagen stehen seit zwei Jahren auf dem sogenannten M1-Gelände. Erst, 
um für eine Bürgerbeteiligung bei der Bebauung des Areals zu 
demonstrieren, dann, in einer taktischen Kehrtwende, um politisch Druck 
für mehr Wagenplätze in Freiburg zu machen. Das "Kunst-, Kultur- und 
Wagenplatzkollektiv" hat sich in dieser Zeit bemüht, im Stadtteil und 
darüber hinaus Akzeptanz für die alternative Wohnform zu schaffen: mit 
Tagen der offenen Tür, regelmäßigen Veranstaltungen wie dem 
Mittwochskino, Demonstrationen. Es gab zudem Bemühungen, ein privates 
Grundstück in Freiburg als Standort zu finden, vergeblich. Für die 
Besetzerinnen und Besetzer steht aber auch die Stadt Freiburg in der 
Pflicht, Platz für alternative Lebensformen zu schaffen. Ihr Argument: 
Es gebe immer mehr Menschen, die in Wagen leben wollten. Verlässliche 
Zahlen dazu gibt es allerdings nicht. 
Die Linie der Stadt
In
 Freiburg existieren drei Wagenburgen auf städtischen Grundstücken 
(Eselwinkel, Biohum, Schattenparker) sowie andere auf privaten Flächen 
(SUSI, Ölmühle). Seit 1987 gibt es immer wieder Versuche von 
Wagenburgen, sich in Freiburg niederzulassen, immer wieder kommt es zu 
Räumungen. 1996 beschloss der Gemeinderat, keine weiteren Wagenburgen 
auf städtischen Flächen zuzulassen. Das ist für die Stadtverwaltung die 
Basis aller Verhandlungen. Ein Arbeitskreis Wagenburgen, der nach der 
Räumung der Wagenburg Schattenparker 2005/2006 eine grundsätzliche 
Lösung des Problems in Angriff nehmen sollte, kam über all die Jahre 
nicht zustande. 
In den vergangenen 
zwei Jahren gab es mehrere Gespräche zwischen Kommando Rhino und der 
persönlichen Referentin des Oberbürgermeisters, Annette Schubert. Diese 
fragte auch einige private Grundstücksbesitzer nach einem Grundstück an,
 ebenfalls erfolglos. "Wenn die Rhinos ein privates Grundstück finden, 
geht uns das nichts an" , so Schubert. Der Vorschlag der 
Stadtverwaltung, fünf oder sechs Rhino-Wagen sollten zu den 
Schattenparkern ziehen, wurde von beiden Wagenburggruppen abgelehnt. 
"Wir lassen uns nicht auf einen erkämpften Freiraum abschieben" , so ein
 Besetzer von Kommando Rhino. 
Kompromissbereit
 zeigte sich die Stadtverwaltung im Mai, als es um Probebohrungen für 
den geplanten Baubeginn ging: Für 20 000 Euro ließ sie eine dafür 
notwendige Trafostation auf dem Gelände versetzen. Erst danach hat die 
Stadtverwaltung den Besetzern bis zum 31. Juli das Ultimatum gestellt. 
Der Gemeinderat
Im
 Gemeinderat gibt es keine politische Mehrheit, um den Beschluss von 
1996 zu ändern. Bei der jüngsten Sitzung am Dienstag kam nicht einmal 
die erforderliche Stimmenzahl von zwölf zusammen, um eine Diskussion 
über Kommando Rhino auf die Tagesordnung zu setzen. Lediglich Stadträte 
der Unabhängigen Listen, der Grünen Alternative Freiburg sowie Nikolaus 
von Gayling (FDP) plädieren für eine konzilianteren Umgang mit der 
Wagenburg. In den anderen Gemeinderatsfraktionen gibt es eher 
grundsätzliche Überlegungen: Wenn eine weitere Wagenburg einen Standort 
in Freiburg findet, könnte das Wagenburgen aus ganz Deutschland 
animieren, hierher zu kommen und Flächen einzufordern. 
Alternativstandorte
Nikolaus
 von Gayling, FDP-Stadtrat und Grundstücksbesitzer im Freiburger Osten, 
traf sich vergangene Woche mit Vertretern von Kommando Rhino. Gemeinsam 
besichtigten sie Grundstücke aus dem Gaylingschen Besitz, die als 
Standorte in Betracht kommen könnten. "Ich sehe das sehr nüchtern" , so 
Gayling. "Ichhabe keine ideologischen oder politischen Vorbehalte gegen 
die Personen. Aber an Recht und Gesetz müssen sie sich halten." Auf das 
Grundstück "Sieben Jauchert" in Kappel (siehe Grafik) hätte man sich 
einigen können. Doch das Rathaus hat Nein gesagt: Diese Fläche liege im 
Landschaftsschutzgebiet und sei außerdem als Siedlungszäsur (eine Art 
Freifläche) im Regionalplan eingetragen. In der Abwägung von 
Naturschutzinteressen und den Interessen von Kommando Rhino könne die 
Stadtverwaltung die Umwidmung in eine experimentelle Wohnfläche nicht 
befürworten. Außerdem wolle der Gemeinderat keine weiteren 
Wagenburg-Stellplätze. Auch eine Zwischennutzung — bis ein geeigneter 
Standort gefunden wäre — auf dem Gelände des Kappler Knoten lehnt die 
Stadtverwaltung ab.
Gaylings 
Einschätzung: "Wenn die wollte, könnte sie." Die Rhinos seien das Opfer 
restriktiver Stadtpolitik. Andererseits habe sich die Gruppe in den 
vergangenen zwei Jahren nicht gerade intensiv um einen Platz gekümmert 
und mache allein mit der Abschließung eines Pachtvertrags einen 
überforderten Eindruck. Dennoch meint Gayling: "Ich sehe das noch nicht 
als gescheitert." Er habe noch private Flächen außerhalb der Freiburger 
Gemarkung, die in Frage kommen könnten, wo, will er nicht sagen. Aber: 
"Ich bin in Kontakt mit den Rhinos." 
Im Stadtteil Vauban
Während
 der zwei Jahre, die die Wagenburg im Stadtteil lebt, gab es erstaunlich
 wenig Reibungspunkte. Die Klagen über offene Feuer und Rauch an Abenden
 oder Lärmbelästigung hielten sich in Grenzen. Allerdings gibt es 
unterschiedliche Meinungen zum politischen Anspruch der Wagenburg, ein 
Grundstück für alternative Lebensformen gestellt zu bekommen. Während 
die einen sich an die Anfänge des Modellstadtteils erinnert fühlen (auch
 hier standen Wagenburgen) und die Forderung befürworten, ärgern sich 
andere darüber, dass die Wagenburg anders als andere eine bevorzugte 
Behandlung bei der Grundstücksvergabe erwartet. Bewohnerin Kitty Weis 
hatte sich öffentlich dazu geäußert: "Die spielen sich wie die 
Gutsherren auf — dabei stehen sie unberechtigt da." In den letzten 
Wochen gründete sich ein Runder Tisch, der deeskalierend wirken und eine
 Räumung verhindern will. Mit dabei auch die evangelischen und 
katholischen Seelsorger des Viertels, Martin Auffahrt und Michael 
Hartmann, die von ihren Dekanen unterstützt werden (pikantes Detail am 
Rande: Als am Samstag vorletzter Woche das Haus Goethestraße 2 in der 
Wiehre besetzt wurde, um einen alternativen Freiraum zu schaffen, ließ 
die Besitzerin, die evangelische "Stiftung Pflege Schönau" , sofort von 
der Polizei räumen). 
Das Ende der Frist
Für
 das Wochenende hat Kommando Rhino die Szene für ein "Jubiläumsfestival"
 mobilisiert: zwei Jahre Wagenburg auf dem M1-Gelände und Abschied von 
Vauban. Im Internet kursieren Aufrufe auf "Selbstverteidigungsaktionen 
bei Polizeiangriffen" . Inzwischen treffen immer mehr Wagen aus ganz 
Deutschland in Vauban ein. Freiwillig gehen wollen die Rhinos nicht: 
"Wir wissen ja nicht, wohin." Falls sie geräumt würden, würden auch die 
Wagen beschlagnahmt — das war schon bei den Schattenparkern so, die laut
 Gerichtsurteil 24 000 Euro zahlen sollten für die Beschlagnahmung und 
Verwahrung ihrer Wohnfahrzeuge. Die Einschätzung, ob es mit einem 
Alternativgrundstück im Freiburger Osten — auch außerhalb der Gemarkung —
 noch klappt, sind unterschiedlich. Einer sagt: "Die Gespräche lassen 
sich gut an" , ein anderer: "Wir brauchen ein Grundstück in Freiburg, in
 der Nähe des öffentlichen Nahverkehrs." Wie es bei einer abzusehenden 
Räumung läuft, weiß niemand: "Klar ist, dass wir nicht gehen. Klar ist 
aber auch, dass wir keine Gewalt anwenden werden." Die Polizei hält sich
 auf Anfrage bedeckt. Pressesprecher Ulrich Brecht: "Die Polizei 
bereitet sich auf das Wochenende vor, mit ihrer umfassenden Erfahrung 
von alternativen Veranstaltungen. 

