Humanitas Kinderhilfe e.V. - Geschäftsmodell „Rumänen-Entsorgung“

Humanitas-Wohnhaus in Berlin

Der Verein Humanitas Kinderhilfe Berlin-Brandenburg engagiert sich vor allem in Berlin und gibt vor Sinti und Rroma Familien und vor allem ihren Kindern helfen zu wollen. Der Gründer und alleinige Vorstand des Vereins ist der umtriebige Immobilienhändler Lutz Thinius aus Teltow. Das Konzept von Humanitas besteht darin an Rroma Familien heruntergekommene und zum Teil unbewohnbare Räume überteuert (weiter) zu vermieten, die der Verein selbst von der Immobilienfirma ISB Immoservice GmbH mietet. In persönlichen Äußerungen nannte Thinius diese Art des steuerbefreiten Gewerbes auf Kosten von Sinti und Rroma "Rumänen-Entsorgung".

 

Ende Juni hatte der Stern in einem Artikel unter der Überschrift „Geschäftsmodell "Rumänen-Entsorgung"“ über die Machenschaften des Immobilienhändlers Lutz Thinius und sein besonderen Gelderwerb berichtet [1]. Das im Artikel angesprochene Haus in der Schöneberger Genthiner Straße 4 ist aber nicht nur dahingehend interessant, daß der Verein Humanitas dort Rroma Familien seit 1 ½ Jahren in verrotteten Wohnungen untergebracht hat und über die Miete 50 % Gewinn macht, sondern weil sich eine „Bürgerinitiative“ von Nachbar_innen dafür gesorgt hat, daß die Rroma das Haus verlassen müssen [2].

 

Die Adresse sowie die Kontaktdaten von Thinius Immobilienfirma und des Vereins stimmen überein. Lediglich die e-Mail Adressen unterscheiden sich. Mit Thinius ist außerdem sowohl die Geschäftsführung des kommerziellen Unternehmens mit dem Vorstand des Vereins identisch. Es muß deshalb davon ausgegangen werden, daß Thinius sein Geschäftsmodell um die vermeintlich gemeinnützige, aber bei näherer Betrachtung kommerzielle Nutzung von Immobilien erweitert hat. Vorteil ist hierbei, daß unvermiet- und unbewohnbare Objekte steuerbefreit nutzbar gemacht werden können. Hierzu paßt auch, daß Thinius bei der Steuerbefreiung von Mietgeldern mit der ISB Immoservice GmbH zusammenarbeitet, gegen die zur Zeit wegen Betrug und Untreue ermittelt wird.

 

Zum Vergleich hier die Adressen und Kontaktdaten:

 

Thinius Immobilien [3]

Vertretungsbrerechtigter: Lutz Thinius

Oderstr. 23-25

14513 Teltow

Tel. 03328-332105

Fax 03328-332106

e-Mail thinius-hv63@gmx.de

 

Humanitas Kinderhilfe e.V. [4]

Vorstand: Lutz Thinius

Oderstraße 23-25

14513 Teltow

Tel. 03328-332105

Fax 03328-332106

e-Mail humanitas-eV.@gmx.de

Site: www.humanitas-kinderhilfe.de

 

Das Geschäftsmodell des Immobilienhändlers und des Vorstands eines gemeinnützigen Vereins Lutz Thinius besteht offenbar darin, daß Humanitas von der ISB Immoservice (und eventuell anderen obskuren Unternehmen) Wohnungen mietet und diese mit einem Aufschlag von ca. 50 % weitervermietet. Ohne großen Aufwand entsteht so ein Gewinn für die Immobilienfirma, die unvermietbare Objekte verwerten kann, und für den vermeintlich gemeinnützigen Verein, der ohne einen Finger zu rühren durch die Weitervermietung ebenfalls verdient. Thinius bemüht sich bei seiner Arbeit um gute Kontakte zu den Behörden und versucht sich als wichtiger Akteur beim Umgang mit Rroma Familien zu etablieren. In den Bezirken Schöneberg, Moabit und Spandau scheint er relativ erfolgreich zu sein.

 

Was er allerdings bei seiner Geschäftsidee verdrängt hat, ist die antiziganistische Stimmung in den zumeist gutbürgerlichen Kiezen. Die Anwohner_innen wehren sich nämlich gegen die Rroma-Familien in ihrer Nachbarschaft und greifen bei ihrer Kampagne auf altbewährte antiziganistische Klischees zurück. Thinius versucht relativ naiv und überfordert gegenüber den Anwohner_innen mit seinen vermeintlichen Kontakten in die Politik Druck zu machen und den Fokus auf den Verein sowie seine Geschäftspraktiken zu minimieren.

 

Die bürgerbewegten Anwohner_innen interessieren sich bei ihrer Kampagne gegen „Rumänen“ und „Bulgaren“ absolut nicht für die prekäre Situation der Rroma und ihre unzumutbare Wohnsituation. Sie sorgen sich vielmehr um „Ruhe und Ordnung“. Sie reproduzieren offen antiziganistische Klischees und nutzen diese ihrerseits für medialen und politischen Druck, der einzig und allein die Vertreibung der Rroma zum Ziel hat. Die dabei so oft zitierte Toleranz und Offenheit wird durch die Nachbar_innen regressiv gegen die Stigmatisierten gewandt. Die Bürger_innen behaupten, daß die Rroma-Familien nicht Willens sind sich in das „deutsche Kultur- und Wertesystem“ integrieren zu lassen.

 

Thinius kann sein Geschäftsmodell bislang relativ ungestört perfektionieren. Kritik und Ungemach hat er weder von Behördenseite noch von engagierten Anwohner_innen zu befürchten. Der strukturelle und der individuelle Antiziganismus in den Bezirksämtern sorgt und in der Nachbarschaft sorgt dafür, daß die Interessen der Sinti und Rroma verdrängt werden. Es wird lediglich kurzfristig durch Begehungen, herbeigerufene Polizei und Initiativen interveniert. Das heißt, sowohl für die Behörden als auch für die (bürgerlichen) Nachbar_innen ist das Ziel, daß Sinti und Rroma verschwinden sollen.

 

In der Genthiner Straße hat die „Bürgerinitiative“ aus 25 Mietparteien, wie der rbb am vergangenen Freitag berichtete, dafür gesorgt, daß die Rroma-Familien das Haus verlassen mußten. Sie leben seit Wochen im Görlitzer Park. Die Humanitas Kinderhilfe kümmert sich, wie auch schon vorher, nicht um sie. Vielleicht nimmt sich Buschkowsky ihrer an. Schließlich hat er sie entgegen seinen vorhergehenden antiziganistischen Äußerungen als „Opfer der EU-Osterweiterung“ entdeckt und in seiner Kolumne in der BILD als (be-) schützenswert deklariert [5].

 

Quellen

[1] Hans-Martin Tillack: Geschäftsmodell "Rumänen-Entsorgung". Stern, 24. Juni 2011.

http://www.stern.de/panorama/roma-wohnungen-geschaeftsmodell-rumaenen-entsorgung-1698651.html

[2] Katalyn Armbrus: Roma in Berlin. rbb aktuell, 22. Juli 2011. http://www.rbbonline.de/abendschau/archiv/archiv.media.!etc!medialib!rbb!rbb!abendschau!abendschau_20110722_roma.html

[3] siehe http://www.immonet.de/immobilienmakler/impressum-663687.html

[4] siehe http://www.humanitas-kinderhilfe.de/impressum.htm

[5] Heinz Buschkowsky: Die Wahrheit über Roma-Familien in der Hauptstadt. Bild, 20. Juli 2011. http://www.heinz-buschkowsky.de/kolumnen/klartext/110720-die-wahrheit-ueber-roma-familien-in-der-hauptstadt/