Rechtsextremismus bei Burschenschaften enthüllt

Erstveröffentlicht: 
15.07.2011

Rassentheorie-Vorträge und die FPÖ als Vorbild: Interne Papiere enthüllen die Zustände in der Burschenschaftlichen Gemeinschaft (BG), der auch 20 österreichische Bünde angehören.

 

Verschwiegenheit ist ihr oberstes Gebot. Nichts darf nach außen dringen. Jetzt ist so ziemlich alles nach außen gedrungen, was die Deutsche Burschenschaft (DB) in internen Sitzungen bewegt. Das Online-Nachrichtenmagazin DerSpiegel.de veröffentlichte Auszüge aus 3000 Seiten Strategiepapieren und Protokollen - die "Burschen-Leaks" sozusagen. Sie offenbaren einen Mitgliederschwund, Rassentheorien und Grabenkämpfe zwischen rechtsextremen und liberalen Kräften innerhalb der DB.

Die Enthüllungen sind auch für die österreichische Szene brisant: Der rechtsextreme Flügel der Deutschen Burschenschaft, die Burschenschaftliche Gemeinschaft (BG) setzt sich nämlich zur Hälfte aus deutschen und österreichischen Bünden zusammen. Eines ihrer Ziele dürfte dann auch ein Rechtsruck wie in Österreich unter Jörg Haiders FPÖ sein.

 

"Burschenschafter finden Heimat in der FPÖ"

Walter Rosenkranz, Mitglied der Burschenschaft Libertas und FPÖ-Parlamentarier, referierte auch über den Aufstieg der Haider FPÖ und ihre Mitgliederstruktur: "Die FPÖ ist nicht die Partei der Burschenschafter, aber Burschenschafter finden - wie andere Korporierte - meist ihre Heimat in der FPÖ", wird Rosenkranz in einem von Spiegel.de eingesehen Tagungsprotokoll zitiert.

Die Rechtsextremen glauben auch durch die Aufregung um Thilo Sarrazin Oberwasser bekommen zu haben. Die Alte Breslauer Burschenschaft sieht gar "historische Zeiten" anbrechen, wie ein internes Papier belegt. Angeregt durch die Sarrazin-Debatte würden demnach gebildete Schichten in Deutschland beginnen, "sich mit den Grundlagen eines biologischen und damit wissenschaftlichen Menschenbildes vertraut zu machen" und "sich von widerlegten Thesen freizukämpfen". Der Burschenschafter-Dachverband müsse daher eine deutliche Haltung in der Frage des Volkstumsbegriffs einnehmen.

 

"Überlegenheit der asiatischen Rasse"

Im Februar 2010 wurde zu einem Vortrag des Psychologen Philippe Rushton geladen. Der Kanadier ist für seine umstrittenen Rassentheorien bekannt. Im Einladungstext stellt die BG seine Thesen vor. "(...)Dies äußert sich in einer Überlegenheit der asiatischen Rasse im durchschnittlichen Vergleich bei Messungen etwa der Gehirngröße, der Intelligenz sowie der Lebenserwartung, dicht gefolgt vom Durchschnitt der weißen Rasse. Auf der anderen Seite der Skala aber befindet sich mit deutlichem Abstand der Durchschnitt der schwarzen Rasse." Rushtons Theorien widersprechen der "linken Utopie der 'Gleichheit aller Menschen'". Der Kanadier wird in dem Einladungstext als Wissenschaftler von Weltrang gepriesen.

Die Spiegel.de-Enthüllungen sind der nächste Eklat um die Deutsche Burschenschaft nach dem später zurückgezogenen Antrag auf Einführung einer Art von "Ariernachweis". Auslöser war die Aufnahme von Kai Ming Au in die Burschenschaft Hansea zu Mannheim gewesen. Als Bundeswehr-Diener und gebürtiger Deutscher erfüllte er die Kriterien. Allerdings hat er chinesische Eltern, was die Rechtsextremen aufscheuchte.
"Pigmentierten Verbandsbruder diskriminiert"

Der liberale Flügel in der Deutschen Burschenschaft, die Stuttgarter Initiative (SI), kritisiert, dass Verbandsbrüder die Grundsätze Ehre und Freiheit zugunsten des Vaterland-Grundsatzes vernachlässigen würden. Als Beispiel nennt die SI einen rassistischen Angriff auf einen dunkeljäutigen Burschen der Kölner Alemmania auf dem Burschentag 2009. Ein Verbandsbruder hätte dabei versucht, "aus der burschenschaftlichen Ehre die Erlaubnis zur rassischen Diskriminieriung eines pigmentierten Verbandsbruders herzuleiten".

Die Liberal-Konservativen schrien wegen des um sich greifenden Rechtsextremismus im Jahr 2010 in einem Brief an alle Mitgliedsbünde um Hilfe: "Wir wenden uns auch an Sie, weil wir der Meinung sind, dass den erkennbaren rassistischen und extremistischen Tendenzen durch ein massives Gegengewicht, unabhängig von Kartellzugehörigkeiten, Einhalt geboten werden muss."

(Red.)