Von Simone Lutz
Leben Sie gerne in Freiburg? Statistisch gesehen antworten jetzt 92 Prozent aller Freiburgerinnen und Freiburger mit Ja – so viele wie noch nie. Solche Zahlen – und viele mehr, die sich mit dem Leben hier befassen – finden sich in der nun veröffentlichten Bürgerumfrage 2010.
Das rund 200 Seiten starke Heft liefert Daten und Statistiken über das, was den Freiburgern wichtig ist, was ihnen gefällt und was sie ärgert: Zum Beispiel die sehr hohen Wohnkosten.
Alle zwei Jahre – sofern keine große Wahl dazwischenkommt – macht das Amt für Bürgerservice und Informationsverarbeitung eine Bürgerumfrage. Diesmal füllten 2580 zufällig ausgewählte Freiburger aus allen Stadtteilen einen 15-seitigen Fragebogen aus; statistisch genügt das, um Rückschlüsse für die gesamte Einwohnerschaft zu ziehen. Dabei kam heraus: Im Großen und Ganzen sind die Einwohner mit ihrer Stadt sehr zufrieden. Nur 8 Prozent der Befragten würden "lieber ganz woanders wohnen", darunter relativ viele Studierende, oder im Umland.
Die sozialen Gruppen, die sich in Freiburg besonders wohl fühlen, sind Ältere, Hochschulabsolventen und Menschen mit hohem Einkommen. Umgekehrt sind Alleinerziehende, Leute mit Volks- und Hauptschulabschluss und Menschen, die wenig verdienen, eher unzufrieden. "Freiburg-typisch ist: Hier haben wir mehr Bildungsbürgertum und weniger Unterschicht", sagt Amtsleiter Thomas Willmann.
Gegenüber der Umfrage von 2003 ist die Zufriedenheit insgesamt größer,
vor allem was Sauberkeit auf Plätzen und Straßen betrifft,
Spielmöglichkeiten für Kinder, Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten
sowie die Umweltsituation. Weniger zufrieden als vor acht Jahren ist
man mit der Gestaltung und Attraktivität der Innenstadt sowie der
öffentlichen Sicherheit und dem Schutz vor Kriminalität.
Ein großes Ärgernis für sehr viele, das lässt sich aus den Statistiken
klar herauslesen, sind die teuren Wohnungen und der knappe
Wohnungsmarkt. Zwar leben 85 Prozent der Befragten gern in ihrem
Wohngebiet (Top: Oberwiehre, am Ende der Beliebtheitsskala: Brühl) und
77 Prozent sind mit ihrer eigenen Wohnung zufrieden, aber mehr als die
Hälfte der Befragten gibt im Durchschnitt 37 Prozent des monatlichen
Einkommens für die Wohnung aus (Altstadt-Mitte und Landwasser 44
Prozent des Einkommens, St. Georgen-Süd 30 Prozent). Wer in einer
Mietwohnung wohnt, liegt sogar bei 40 Prozent.
"Damit liefern wir erstmals einen Beleg für die Behauptung, dass 40
Prozent des Einkommens für Miete draufgehen", so Willmann. So ist die
Wohnungsproblematik auch einer der Top-Gründe, warum Menschen aus
Freiburg wegziehen, abgesehen vom Grund "Arbeitsplatzwechsel".
Dennoch: Die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger ist ausgesprochen
hoch. "Im Städtevergleich nehmen wir einen Spitzenplatz ein", so
Willmann. Detaillierte Daten haben die Info-Sammler nun zu gleich
sieben Themengebieten: Leben in Freiburg, Leben im Wohngebiet, Familie
und Pflege, Migration und Integration, Bildung und Erwachsene, Bildung
und Kinder sowie politische Beteiligung. Die Ansichten der Bürger zu
den städtischen Finanzen – auch ein Thema der Bürgerumfrage – waren
schon im Rahmen des Beteiligungshaushalts veröffentlicht worden.
"Für uns ist die Bürgerumfrage eine Schatzkiste", sagt Veronika
Schönstein. Sie ist Leiterin des Projekts "Lernen erleben in Freiburg"
(Leif), mit dem die Stadt an einem bundesweiten Modellprojekt
teilnimmt. Ziele sind unter anderem, ein Bildungsmanagement aufzubauen,
Beratungsangebote darzustellen und sich um lebenslanges Lernen zu
kümmern.
Da sind Daten aus der Bürgerumfrage natürlich nützlich. Ein Beispiel:
Bildung für nachhaltige Entwicklung. Laut Bürgerumfrage nutzen nur
relativ wenige Menschen Ökostation und Waldhaus, allerdings quer durch
alle Schichten. Und die, die dort waren, waren sehr zufrieden. "Alle
sozialen Gruppen kommen zwar, aber wir müssen uns fragen, wie man mehr
Leute erreichen kann", so Schönstein. Wenn Leif solche Daten
ausgewertet hat, soll im Gemeinderat und mit Fachleuten darüber
diskutiert werden. Und schließlich sollen konkrete Empfehlungen und
Beschlüsse im Gemeinderat dabei herauskommen – aus statistischem
Zahlenmaterial wird so konkrete Bildungspolitik.
Bürgerumfrage 2010: Das Heft gibt es für 15
Euro (ohne Versandkosten) beim Amt für Bürgerservice und
Informationsverarbeitung, Fahnenbergplatz 4; Bestellung per Email: statistik@stadt.freiburg.de. Im Internet: http://www.freiburg.de/statistik