Kürzlich schimpfte die CDU noch über Facebook-Partys, nun hat die Partei dasselbe Problem: Etliche Ortsverbände vergaßen auf ihrer Profilseite bei der Einladung zum Sommerfest selbst den Klick für eine private Veranstaltung. Die feixende Netzgemeinde flutet die Konservativen nun mit Zusagen.
Berlin - Dagmar Steiner hat 74 Freunde bei Facebook. Sie ist Vorsitzende des CDU-Ortsverbandes Hasloh in Schleswig-Holstein. Zeitgemäß lud also die Kommunalpolitikerin aus dem 3400-Seelen-Ort über Facebook zum traditionellen Sommerfest im August. Wie jedes Jahr gibt es Bier und Würstchen, normalerweise kommen nach Angaben des Ortsverbandes etwa 300 Hasloher. Doch eine kleine Unachtsamkeit trübt nun die Feieridylle: Die Vorsitzende vergaß, die Veranstaltung auf der Profilseite als privat zu markieren.
Auch wenn es nur ein fehlender Klick ist - die Einladung hatte sich schnell verbreitet in dem sozialen Netzwerk, Hunderte Personen schickten sie weiter. Mit spöttischen Kommentaren wie "Berlin plant Sonderzüge", "Bad Taste Party" oder "Ich komm' mit 'nem gemieteten Leopard aus Saudi-Arabien" beflaggten sie bis Dienstag die Facebook-Seite der Veranstaltung.
Ausgerechnet der CDU passiert das nun, dabei ist eigentlich seit Wochen bekannt, dass Einladungen zu Partys bei Facebook erst einmal öffentlich sind und der Nutzer sie per Extra-Klick als privat kennzeichnen muss. Wer das vergisst, der kann Probleme bekommen, das hat nicht zuletzt der Fall der 16-jährigen Thessa aus Hamburg gezeigt, die versehentlich Hunderte zu ihrem Geburtstag eingeladen hatte . Zu ihrer Party Anfang Juni kamen 1600 Menschen. Es kam zu Schlägereien, Mülltonnen brannten, Autos wurden demoliert, es gab Verletzte und Festnahmen. Und gerade dazu hatten sich mehrere Innenminister der Länder geäußert, allen voran der Niedersachse Uwe Schünemann. Der CDU-Mann forderte ein Verbot von Facebook-Partys unter bestimmten Voraussetzungen .
"Das ist Aufforderung zum Hausfriedensbruch"
Dem Hasloher CDU-Vize Michael Witt ist die ganze Sache unangenehm. "Dass wir unserem Ort diese Art von Aufmerksamkeit bescheren, ist sehr unerfreulich. Wir sind kein Spaßverein." Man sei ernsthaft besorgt, schließlich musste noch nie der Ordnungsdienst bei parteieigenen Festen ausrücken. "Drei Leute können schon nerven, aber 1000? Das ist Aufforderung zum Hausfriedensbruch." Hasloher und Freunde seien willkommen, aber nicht Freunde "in dem Sinne, wie Facebook sie definiert", sagt der Kommunalpolitiker. Witt will ungebetenen Gästen den Zutritt verwehren, "man kennt sich doch".
Die Vorsitzende Dagmar Steiner selbst bemerkte zunächst gar nichts von ihrem Missgeschick - sie ist derzeit im Urlaub, mitsamt den Zugangsdaten für den Facebook-Account. So konnte keines der 60 Mitglieder die Seite vom Netz nehmen, erst am Dienstag wurde sie gelöscht.
Ein ungewohntes Interesse an ihren Sommerfesten registrierten auch andere Parteifreunde im ganzen Land:
- Auch bei der CDU im hessischen Dietzenbach meldeten sich Hunderte Besucher an. Der Stadtverband hat die Lage vorsichtshalber mit der Polizei besprochen. Die Seite der CDU wurde zwar gelöscht, es existiert aber eine Kopie, die der hessische Ableger der PARTEI um Satiriker und SPAM-Chef Martin Sonneborn ins Netz gestellt hat.
- In Berlin-Spandau waren plötzlich rund 400 Facebook-Mitglieder an einer auch auf Facebook angekündigten Stammtisch-Diskussion über innere Sicherheit interessiert. Die Einladung wurde schließlich gelöscht, tatsächlich kamen dann nur 40 Interessierte.
- Zum traditionellen Stammtisch der CDU Freiburg-Vauban lud Ortsvorsitzender Martin Braun. Nachdem die Zusagen in die Höhe schnellten, wurde die Seite ebenfalls vom Netz genommen.
- Auch in Bergisch Gladbach kämpft die Union mit ungebetenen Gästen. Problemlos hatte man in der Vergangenheit über Facebook zu Veranstaltungen geladen. Ein Unbekannter kopierte jedoch die Seite und sammelte bis Mittwochmittag 762 Zusagen. Die CDU behält sich rechtliche Schritte vor.
Doch es gibt offenbar auch Menschen in der CDU, die dem Wirbel etwas Positives abgewinnen können. Zum Sommerfest des Kreisverbandes Oberhausen haben sich innerhalb von 24 Stunden 4600 Menschen angemeldet. Kreisgeschäftsführer Christian Benter war zunächst beunruhigt, die Konservativen ließen die Veranstaltung aus dem Netz nehmen.
Doch das Fest kam - und ging vorbei, ohne dass es zu Zwischenfällen gekommen wäre. Also alles nur Hysterie? "Aus meiner Sicht war da nichts", sagt Benter nun. "Es steht den Gästen ja nicht auf der Stirn geschrieben, dass sie nicht dazugehören." 5000 Besucher kamen zu dem Sommerfest, bei gutem Wetter sei das nicht unüblich, meint Benter. "Für mich ist Facebook kein Problem, diese Sache ist eine Form des virtuellen politischen Protests."