Ladeneröffnung in Niederschöneweide geplant, Anwohner fürchten neuen Treff für Rechtsextreme.
In Niederschöneweide, nur etwa 50 Meter von der Nazi-Kneipe »Zum Henker« entfernt, ist die rechte Szene allem Anschein nach dabei, sich einen zweiten Treff zu installieren. »Outdoor, Camping, Militär, Security« steht auf der noch unvollständig dekorierten Schaufensterscheibe eines Ladens in der Brückenstraße 9. Der wird gerade mit Ware bestückt. Man sieht Lieferwagen davor halten, Männer laden die Ware ab, und durch die meist geöffnete Tür kann man Rucksäcke, T-Shirts und Hosen sehen. Wird hier bald ein neuer Thor-Steinar-Laden eröffnet? Thor Steinar ist eine bei Rechtsextremen beliebte Kleidermarke.
Anwohner hatten sich besorgt an das Bündnis für Demokratie in Treptow-Köpenick gewandt, wie ND erfuhr. Sie hätten, so ein Vertreter des Bündnisses, Sebastian Schmidtke in dem Laden aus- und eingehen und Waren abladen gesehen. Schmidtke ist stellvertretender Landesvorsitzender der rechtsextremen NPD und Anmelder zahlreicher Nazi-Demos. Ein Anwohner will auch szenetypische rechte T-Shirts unter der Ware erkannt haben.
Der Laden war Tagesordnungspunkt auf der Sitzung des Bündnisses für Demokratie in der letzten Woche, sagt Mitglied Kati Becker. Das Bündnis war besorgt, dass in dem rechtsextrem dominierten Niederschöneweide und in unmittelbarer Nachbarschaft zum »Henker« ein zweiter Rechtstreff entstehen könnte. Es sei vereinbart worden, sich an den Vermieter zu wenden.
Die LINKEN-Innenexpertin Marion Seelig wollte wissen, wer hinter dem Laden steckt. »Meine Recherchen haben ergeben, dass Sebastian Schmidtke diesen Laden angemietet hat«, erklärt sie. Schmidtke selbst dementiert auf Anfrage, Betreiber des noch nicht eröffneten Ladens zu sein. Dass er öfter drinnen gewesen sei, räumt er ein. Der Vermieter will sich aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht dazu äußern, wer seinen Laden angemietet hat. Auch der für die Bekämpfung rechtsextremer Straftaten zuständige polizeiliche Staatsschutz interessiert sich bereits für den Laden. »Uns ist die beabsichtigte Öffnung bekannt«, sagt Polizeisprecher Frank Millert. Für Marion Seelig wäre die Eröffnung »ein weiterer dreister Versuch der Rechtsextremen, sich im Kiez Schöneweide zu etablieren«.
Niederschöneweide ist ein Kiez, den die rechte Szene als »ihren« reklamiert. Hier tauchen regelmäßig Aufkleber und Schmierereien mit Hakenkreuzen und rechten Parolen auf, wie »Kauft bei Deutschen«, »Millionen Fremde kosten uns Milliarden. Ausländer in ihre Heimat zurückführen« oder »NS jetzt«. Die Polizei erfasste dort 2010 insgesamt 39 politisch motivierte Straftaten.
Laut aktuellem Verfassungsschutzbericht hat dabei die Kneipe »Zum Henker« eine »hohe Symbolkraft für die gesamte rechtsextremistische Szene Berlins«. Real ging die Netzwerkfunktion der Kneipe aus der Sicht der Schlapphüte allerdings zurück. Sie sei nicht mehr überregional, sondern hauptsächlich für die Berliner Ostbezirke und das angrenzende Brandenburg bedeutsam. Sogar ein Teil der Stammgäste »wich auf andere Lokalitäten in der Umgebung aus«. Nicht auszuschließen, dass das in Zukunft auch ein Kleiderladen sein könnte.