Kontaktsperre für Brandstifter

Erstveröffentlicht: 
17.06.2011

Das Landgericht Bochum hat den ehemaligen „Jugendbeauftragten“ des NPD-Kreisverbandes Bochum/Wattenscheid am Freitag zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

 

Der heute 19-Jährige hatte mehrere Brände gelegt und sogar mit einem selbst gebastelten Sprengsatz die Briefkastenanlage des Hauses, in dem er wohnte, in die Luft gejagt. Den Verdacht wollte er dabei auf die „Antifaschistische Jugend Bochum“ lenken. Fingierte, von ihm selbst verfasste Flugblätter ließ er an mehreren Tatorten zurück. Bei den Brandstiftungen und der Explosion entstand ein Sachschaden in fünfstelliger Höhe.

Verurteilt wurde der Rechtsextremist am 17. Juni außerdem unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung: Am Rande eines Infostandes der NPD war er mit Pfefferspray gegen eine Gegendemonstrantin vorgegangen; auch gänzlich Unbeteiligte wurden verletzt. Zudem legte ihm die Staatsanwaltschaft einen Verstoß gegen das Waffengesetz zur Last: Am Neujahrstag 2011 war er mit einer Schreckschusspistole in der Stadt unterwegs. Dabei wies der Anklagevertreter darauf hin, dass in der Hauptverhandlung nur wegen eines Teils der Vorwürfe gegen ihn verhandelt worden sei. Weitere Delikte waren gar nicht erst zur Anklage gebracht worden, da sie keinen Einfluss auf die Strafhöhe gehabt hätten. Das Landgericht Bochum verurteilte den 19-Jährigen am 17. Juni zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.

„Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung“

Noch am ersten Prozesstag Ende Mai schwieg die (Ex-)NPD-Nachwuchskraft zu den Vorwürfen. Zuvor hatte er gegenüber seinen Partei-„Kameraden“ bestritten, die ihm vorgeworfenen Taten begangen zu haben. Offenbar unter der erdrückenden Last der Indizien sagte der 19-Jährige dann aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus und legte ein weitgehendes Geständnis ab. Zugleich erklärte er seinen Austritt aus der NPD. In der Partei hatte der Jugendliche, der, wie ein psychiatrisches Gutachten deutlich machte, erkennbar unter einer Selbstwertproblematik litt, offenbar erstmals in seinem Leben Anerkennung gefunden. Und eine Funktion samt Titel, den des „Jugendbeauftragten“, gab es außerdem.

Bremsen konnte oder wollte ihn aus seinem Umfeld offenbar niemand bei seinen Straftaten – bis er am 20. Mai kurz vor Verhandlungsbeginn in U-Haft genommen wurde, weil er erneut pyrotechnische Gegenstände gezündet hatte.

Auf drei Jahre setzte das Landgericht Bochum die Jugendstrafe zur Bewährung aus. Eine der Weisungen des Gerichts: Der 19-Jährige muss sich einer „intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung“ unterziehen – „weit außerhalb von Bochum“ und vorerst auch mit einer „Kontaktsperre“ zu seinem bisherigen Umfeld, wie der Leiter der Einrichtung betonte, die sich nun um den Ex-NPDler kümmert. (rr)

17. 06. 2011 -