Am kommenden Freitag findet der Prozess gegen die beiden Mörder von Kamal K. am Leipziger Landgericht statt. Etwa 500 Menschen beteiligten sich daher am frühen Abend des Pfingstmontags an einer antirassistischen Demonstration in Leipzig. Damit sollte dem 19-jährigen Kamal K. gedacht werden, der in der Nacht zum 24. Oktober 2010 vor dem Leipziger Hauptbahnhof von zwei Neonazis niedergestochen worden war und wenige Stunden später seinen schweren Verletzungen erlegen ist. Während sich die Mörder von Kamal am Freitag vor Gericht verantworten müssen, morden ihre Kameraden in Sachsen weiter und greifen alternative Projekte an.
Prozess zum Mord an Kamal K
Etwa
 500 Menschen beteiligten sich am vergangenen Montag an einer 
antirassistischen Demonstration in Leipzig. „Kurz vor dem Prozessauftakt
 gegen die Täter Daniel K. und Marcus E. vor dem Landgericht wollten wir
 mit der Demonstration ein klares politisches Signal setzen“, sagt 
Miriam Schleicher, Sprecherin des Initiativkreises 
Antirassismus. „Wir kritisieren insbesondere, dass der rassistische 
Hintergrund der beiden Täter bei den Ermittlungen keine Rolle spielt.“ 
So ist der Fall Kamal nicht in die offizielle Statistik rechter 
Tötungsverbrechen aufgenommen worden, obwohl es sich bei beiden Tätern 
nachweislich um Neonazis handelt. Nach Informationen des 
Initiativkreises haben Daniel K. und Marcus E. sogar eine Vielzahl von 
NS-Symbolen und -Parolen auf ihren Körper tätowiert.
Die 
Demonstration zog vom Stadtteil Connewitz aus Richtung Innenstadt, durch
 die City und schließlich vor den Hauptbahnhof – in unmittelbare Nähe 
des damaligen Tatortes. Begleitet wurde die Demonstration auch von 
Angehörigen und FreundInnen des ermordeten Kamal.
Der 
Initiativkreis Antirassismus wird seine Arbeit fortsetzen und ruft zur 
Beobachtung des Prozesses vor dem Leipziger Landgericht auf. Erster 
Prozesstag ist am Freitag, 17. Juni ab 9 Uhr. Die Urteilsverkündung wird
 am 8. Juli erwartet, insgesamt sind fünf Verhandlungstage angesetzt. Am
 ersten und letzten Verhandlungstag werden Mahnwachen vor dem 
Landgericht stattfinden. Zudem fordert der Initiativkreis einen würdigen
 Gedenkort für die mittlerweile sechs Menschen, die seit 1990 in Leipzig
 von Nazis und Rassisten ermordet worden sind. „Nach dem jüngsten Fall 
wäre eine öffentliche Auseinandersetzung mit alltäglichem und 
institutionellem Rassismus das Mindeste“, so Schleicher.
Oschatz: JN-Sympathisant 
ermordet Obdachlosen
 Es ist zehn Tage her,
 dass sich die Mitglieder der “Jungen Nationaldemokraten” (JN) aus 
Delitzsch/Eilenburg, Torgau und Oschatz zum JN-Verband Nordsachsen 
zusammengeschlossen haben. Nach Parteiangaben soll durch die Fusion nahe
 Leipzig die größte Gliederung der Jugendorganisation entstanden sein. 
Zur “Gründungsfeier” am 5. Juni seien 70 Teilnehmer an einem nicht 
benannten Ort erschienen, es gab einen “Einmarsch der Fahnenträger” 
sowie Ansprachen von NPD-Kreischef Maik Scheffler (Delitzsch) und 
JN-Landeschef Tommy Naumann (Leipzig).
Anführer der neuen 
Jugendgruppe ist Paul Rzehaczek (Eilenburg), der wie sein Vater Kai 
Rzehaczek ein Gefolgsmann der nordsächsischen NPD ist. Die Rzehaczeks 
betreiben nebenbei den neonazistischen “Nordsachsen-Versand” und 
arbeiten mit an “Recherche Mitte” – eine “Anti-Antifa”-Website, auf der 
AntifaschistInnen und Linke “geoutet” werden, Gewaltaufrufe inklusive. 
Kurz nachdem im April 2010 ein Jugendlicher aus Geithain auf der Website
 für “vogelfrei” erklärt wurde, griff der Neonazi Albert Reimann den 
damals 15-Jährigen an und verletzte ihn lebensgefährlich (GAMMA 
berichtete). Das Urteil:
 18 Monate Haft.
Es ist keine drei Wochen her,
 dass Nazis in der Region erneut zuschlugen: am Oschatzer Bahnhof 
ermordeten sie einen Obdachlosen. Die Polizei hat (mindestens) drei 
Tatverdächtige ermittelt, die ihr Opfer in der Nacht zum 27. Mai 
niedergeschlagen, zusammengetreten und weiter misshandelt haben sollen. 
Am nächsten Morgen wurde der 50-jährige André K. mit schweren 
Kopfverletzungen gefunden, denen er am 1. Juni im Krankenhaus erlegen 
ist. Einer der Täter sitzt deswegen seit 9. Juni in 
Untersuchungshaft. Sein Name: Ronny Schleider. Der ortsansässige 
27-Jährige ist der ehemaligen “JN Oschatz” und folglich der neuen “JN 
Nordsachsen” zuzurechnen.
Bei der oben erwähnten 
Gründungsfeier sagte übrigens Tommy Naumann, dass die JN “im Kleinen
 das vorzuleben” habe, “was im Großen einmal die neue deutsche 
Volksgemeinschaft darstellen soll” – Mord also.
 Angriffe in Limbach-Oberfrohna 
Am 
Pfingstwochenende gab es mal wieder Naziübergriffe in Limbach-Oberfrohna
 (ein Bericht 
von Panorama zur Situation). Der Ort im Landkreis Zwickau schafft es 
seit längerem aufgrund massiver neonazistischer Bedrohungen und 
Gewalttaten immer wieder zu zweifelhafter Medienträchtigkeit. Während 
die Stadtverwaltung ignoriert oder bagatellisiert, wehren sich junge 
Leute, die im Verein “Soziale und politische Bildungsvereinigung L.O.” 
organisiert sind und Menschen, die sich im Bunten Bürgerforum 
zusammengeschlossen haben. Auf Unterstützung können sie dabei leider nur
 von außerhalb der sächsischen Kleinstadt hoffen.
An besagtem 
Pfingstwochenende versuchten Neonazis wiederum ein Haus anzugreifen, in 
dem sich alternative Jugendliche aufhielten. Diese setzten sich zur 
Wehr. Die anrückende Polizei hatte nichts besseres zu tun als im Haus, 
in dem sich die Opfer des versuchten Angriffes aufhielten, eine Razzia 
durchzuführen. Im Anschluss wurden medial Unwahrheiten verbreitet und 
die Betroffenen zu gewalttätigen Linken stilisiert. Ein ausführlicher 
Bericht zu den Vorfällen auf Indymedia hier:
 "rechte Übergriffe 
& Repression Limbach-O"
 Repression gegen 
antifaschistische Strukturen
Dennoch gehen staatliche 
Behörden in Sachsen davon aus, dass die Gefahr von Linken ausgeht. Aus 
diesem Grund waren bereits am 12. April insgesamt 20 Wohn- und 
Geschäftsräume in Sachsen und Brandenburg von mehreren Hundertschaften 
der Polizei durchsucht
 worden. Die Dresdner Staatsanwaltschaft wirft den 17 Beschuldigten 
die Bildung "krimineller Vereinigungen" nach §129 vor, sie sollen an 
mehreren Übergriffen auf Nazis in Dresden beteiligt gewesen sein. Für 
ihre Ermittlungen hatte das LKA über mehrere Monate Telefone abgehört 
und Beweise gesammelt.
Aber vielleicht ist auch nichts anderes 
aus der "Hauptstadt
 der Bewegung" (Dresden) zu erwarten.
Doch es gibt auch 
Widerstand:
Erklärung gegen die 
Kriminalisierung antifaschistischen Protestes

















