In einem Schrank des Sitzungsraums des Zentralen Fachschaftbüros (ZFB) der Universität Heidelberg entdeckten Studierende jüngst ein Abhörgerät, auch Wanze genannt. Der Raum wurde von linken Studentengruppen, aber auch von verschiedenen Fachschaftsinitiativen und der Fachschaftskonferenz, der Vertretung aller Studierenden genutzt. Nach dem Fund des Abhörgerätes war die Verunsicherung groß, denn damit bestand faktisch die Möglichkeit, die Treffen aller studentischen Gruppen der Uni Heidelberg zu belauschen.
Da ist es kein Zufall, dass unter den Studenten die Verbindung zu dem Fall des Simon Brenner hergestellt wurde, einem LKA-Beamten, der gezielt linke Gruppierungen auch an der Uni Heidelberg ausspionieren sollte. Zur besseren Tarnung war der LKA-Mann an der Heidelberger Universität in den Studienfächern Soziologie, Ethnologie und Germanistik eingeschrieben. Nach seiner Enttarnung gab Brenner zu, zahlreiche Daten von politisch aktiven Studierenden an das LKA weitergeleitet zu haben.
Linke studentische Initiativen sehen nicht nur die mittlerweile abgewählten Politiker der schwarz-gelben baden-württembergischen Landesregierung in der Verantwortung für die Bespitzelung von Studierenden. Sie wollen auch wissen, ob die Universitätsleitung von dem Einsatz von Spitzel und Wanze auf dem Campus informiert war und ob die Überwachung weitergeht. Bisher haben sie keine zufriedenstellenden Antworten bekommen.
»Du fährst zu oft nach Heidelberg« heißt eine Erzählung von Heinrich Böll, in der thematisiert wird, wie schnell jemand in den 1970er Jahren in der alten BRD in die Radikalenecke gestellt werden konnte. Auch mehr als 30 Jahre später hat sich daran so viel nicht geändert, weder in Heidelberg noch anderswo.
Der Autor ist freier Journalist und lebt in Berlin.