(deutsche Transkription da im Internet nur mehr Audio-Aufnahmen existieren)
Manifest für eine emanzipatorische Bildproduktion
...es ist nicht möglich nicht zu sehen...
Die
 Ebene der visuellen Wahrnehmung ist heute die wichtigste Fläche auf der
 Ideologie, Mythen und Ideenwelten produziert und verbreitet werden.
Ästhetische
 Darstellungen sind ideologisierbar, und Image-Kampagnen, Filme und 
Bild-Strategien arbeiten daran in unsere Wahrnehmung zu dringen, sie zu 
formen und zu manipulieren.
Wir halten es daher für wichtig, visuelle Denkprozesse in emanzipatorischer Absicht zu versträken.
Die Werbung geht weiter, auch wenn Radio und TV ausgeschaltet sind.
Die
 warenförmigen Bilder die von der Unterhaltungs-, Film-, Medien- und 
Werbeindustrie produziert werden, haben folgendes gemeinsam:
Sie machen versprechungen und Sie stellen Bedingungen
Das
 Versprechen ist bekannt: Wenn du mich kaufst und konsumierst, wird 
deine Lust, dein Spass und dein Glück, aber auch deine Begierde, dein 
Trieb, dein Schuldgefühl, dein Minderwertigkeitskomplex und deine 
Kränkung usw. befriedigt. Die Bedingungen sind noch bekannter: Um mich 
zu besitzen mußt du arbeiten, und je größer das Begehren oder das  
Versprechen, jenes langfristiger, zu befriedigen, minutenlang isst du 
schokoriegel, monatelang ist iPod, jahrelang ist auto, umso mehr und 
länger mußt du arbeiten, und umso länger muß dein wahres begehren 
gezügelt werden, um in arbeitskraft transformiert und gebunden werden zu
 können.
Bilder werden konsumiert.
Bilder werden in Form von TV, Kino, PC und anderen Medien, in sehr großen Mengen konsumiert.
Und
 die dahinterstehende Industrie erzeugt durch große Anstrengung die 
menschliche Seele zu erkennen, einen Perfektionsgrad und eine 
Virtousität. Um das Subjekt, die Konsumentin - und das Objekt, die Ware,
 einander zu nähern. Das Objekt, zum Beispiel in Form von Image, soll 
sich im Subjekt wiederfinden, in vice versa (und umgekehrt) - der_die 
Konsument_in beginnt sich selbst als Ware zu begreifen.  Subjekt und 
Objekt des Konsums beginnen einander zu ähneln, Widerstand verflüchtigt 
sich, individuelle 
Entscheidungen sind Konsumentscheidungen, und
 die Wahl bestimmter Waren definiert die Individualität des 
konsumierenden Subjekts. Von da an werden Geschmacksfragen zur 
Existenzfragen, dabei löst sich das Subjekt warenkonsumierend selbst in 
eine Ware auf. 
Destroyed Love
Die durch Bilder geweckten 
Triebe können nicht durch Bilder befriedigt werden. Das durch Bilder 
aufgeladene Warenimage kann das Begehren nach liebevoller Sexualität, 
Kreativität und autonomer Lebensbestimmung nicht erfüllen. Niemals. 
Einzig der Destruktionstrieb, der unter anderem dazu genutzt werden 
kann, Dinge und Umstände zu zerstören die menschenverachtend sind und 
Kränkungen und Schuld erzeugen, wird durch Verbrauch und Konsum 
befriedigt und befriedet. Der Kreislauf, die durch Waren zu befriedigten
 Bedürfnisse, mit ständig neuen Begehrlichkeiten tendenziell unendlich 
auszudehnen, und aus diesem Rohstoff unterdrückter Bedürfnisse neue zu 
schaffen, verwandelt die Menschen in ewig unbefriedigte Wesen und erhöht
 die Akzeptanz unlustvoller gesellschaftlicher Forderungen wie mehr 
Arbeit und größere Unterordnung.
Handlungsanweisung:
- Bilder 
sind potentiell handlungsanleitend, und der konformistische Hintergrund 
der Darstellungen drängt alle anderen Darstellungsmöglichkeiten zurück. 
In diesem Sinn funktioniert das Bild als ideologisches Werkzeug, um  das
 Mehrheitsdenken der herrschenden Ordnung abzustützen.
"Die herrschenden Gedanken sind die Gedanken der herrschenden." Karl Markx
In
 der Materialisierung manifestieren sich diese Vorstellungen in Form von
 Filmen, Fotos, Computerspielen etc. und werden damit quasi real. Die 
Wirklichkeit des alltäglichen Leids, und das Leiden an der 
Alltäglichkeit  verschwindet in die Bildlosigkeit, und ist als Problem 
nicht evident, sondern erscheint als unabänderlich. Bildproduktion als 
Trägerin von Ideologie darf vor allem durch ihre ununterbrochene Präsenz
 und Prenetrierung  des Alltags dem unaufwendigen Zugang und der 
Verdrängung von Wirklichkeit nicht unterschätzt werden, da sie 
ermöglicht das sich gewünschte Botschaften fortschreitend 
verinnerlichen. Trotz der oft eingebildeten Erhabenheit der 
Konsument_innen über die Werbung und die Medien mobilisieren diese immer
 aufs neue in der Regel im Unbewußten und damit ohne Gegenkontrolle eine
 Angst zu kurz zu kommen, oder etwas zu verpassen. 
Bist du die Lösung, oder Teil des Problems?
Wir möchten einen emanzipatorischen Prozess in Bezug auf Bildproduktion anregen der über die bloße Analyse hinausgeht.
Wir
 sprechen dabei von Bildproduktion nicht im Sinne von Kunst, sondern im 
Sinn von konkreter, kontroverser, progressiver und emanzipativer 
Bildpolitik die gegen eine mit viel Geld finanzierter Dominanz von 
Bildwaren interveniert. Werbung ist auch keine Kunst. Unser Anliegen ist
 es unser Sehen gegen eine allgegenwärtige Funktionalisierung zu retten.
Die
 folgenden Forderungen richten sich an Personen die sich kritisch mit 
Bildpolitik auseinandersetzen und emanzipatorische Bildpolitik betreiben
 wollen.
Für eine gesellschaftspolitisch emanzipatorische Bildpolitik scheinen folgende Forderungen wichtig:
1.
 Kunst kann die Aufgaben emanzipatorischer Bildpolitik nicht mehr allein
 leisten, da sie sich bereits für unzählige gesellschaftliche Funktionen
 zur Verfügung stellt: Aufklärung, Geschmacksbildung, Eröffnung neuer 
Seh- und Sichtweisen aber auch Affirmation von totaler Herrschaft, Image
 und Distinktionsgewinn, Neutralisierung von abweichenden 
Subjektpositionen und vieles andere. Man_Frau kann die Emanzipation 
durch Bilder nicht ausschließlich der Kunst als Aufgabe zuschieben, 
sondern muß sie selbst in die Hand nehmen. 
2. Aufforderung zu 
einer Bildproduktion mit pluralistischen Darstellungsoptionen die formal
 und inhaltlich Stereotypisierung hinsichtlich Rollenklischees auflöst, 
und in der jene Teile der Realität Darstellung finden die sonst nie 
abgebildet werden. Vorsicht ist geboten hinsichtlich der Ambivalenz 
universaler Zeichen wie Fahnen, gereckte Fäuste usw. 
3. Öffnen 
eines Gesprächsraums der Analysen und Diskussion jenseits von subjektiv-
 und kulturellvorgeformten Geschmack möglich macht, und eine Erhöhung 
der Kommunikationsfähigkeit bezüglich Darstellung und Vermittlung von 
Bildern, um bei Bildentscheidungen das Lieblingssujet der Aussagekraft 
nachordnen zu können. 
4. Erstellen eines Werkzeugkastens der 
sowohl Analyse als auch Produktionstool zur Bildproduktion enthält. 
Erfassen und promoten von gelungenen Bildkampagnen- und Strategien, 
Gründung einer unabhängigen Bilddatenbank.
5. Autonome 
Bildproduktion durch Bindung an konkrete und daher nicht kommerziell 
verwertbare Inhalte, wodurch sich die Bilder der Warenförmigkeit 
verweigern.
6. Bilder herrstellen die ethische und kategoriale 
Forderungen stellen, aber nicht auf einer moralischen Überlegenheit 
aufbauen da dies nicht fruchtbar ist, und eine ambivalente Methode 
bleibt.
7. Corperate Identity für Projekte und Gruppen als 
grafische Möglichkeit transparenter Selbstdarstellung und Selbstfindung,
 was als produktiver Prozess der Erweiterung der Selbsterkenntnis dienen
 und auch zur Non-Corperate Identity führen kann.
8. Anwendung von Selbstkritik und Ironie um die Mechanismen der Bildproduktion offen zu legen.
9.
 Angriff auf die Permanenz visueller Manipulation durch Bildproduktion 
im öffentlichen Raum als Einschränkung der individuellen Freiheit und 
forcierte Diskussion über Maßnahmen gegen das flächendeckende 
Vereinnahmen der Aufmerksamkeit und des Blicks durch Werbung.
10. Strategien der visuellen Aufklärung über manipulierte Bilder entwickeln.
Wir sind vom Erfolg einer emanzipatorischen Kampagne als gesellschaftliche Intervention überzeugt.
(transkripiert vom Audiofile (ger/engl/esp) 
http://www.dieweisseblatt.org/manifest.html
    
Manifest für eine Emanzipatorische bildproduktion
...es ist nicht möglich nicht zu sehen...
Die
 Ebene der visuellen Wahrnehmung ist heute die wichtigste Fläche, auf 
der Ideologie, Mythen und Ideenwelten produziert und verbreitet werden. 
Ästhetische Darstellungen sind ideologisierbar und Imagekampagnen, Filme
 und Bildstrategien arbeiten daran in unsere Wahrnehmung zu dringen, sie
 zu formen und sie zu manipulieren. Wir halten es daher für wichtig, 
visuelle Denkprozesse in emanzipatorischer Absicht zu verstärken. 
(Beuys)
)
