Kritischer Empfang für die Gorch Fock in Kiel

Marine torpedieren, Militarismus versenken

Das Ausbildungsschiff für Soldaten hatte durch verschiedene Skandale Schlagzeilen gemacht, aber trotzdem wurde es als Stolz der deutschen Marine empfangen und auch ein pompöses Feuerwerk ab Vorabend galt dem Einlaufen des Bundeswehrschiffes. Es wurde an diesem Tag allerdings auch kritisch auf das Ereignis geblickt: vier AktivistInnen beschrieben den Bürgesteig vor dem Gelände des Marinehafens-auf welches man sie nicht gelassen hatte-mit ihrer Meinung zur Bundeswehr und auch zum Ausbildungsschiff „Gorch Foch“, denn ohne Ausbildung der Soldaten keine Bundeswehr.

 

„Marine torpendieren Militarismus versenken“ stand auf einem Transparent das die AktivistInnen hielten. Außerdem sendete „Mars-TV“ zu den Zuständen rund um Bundeswehr, Machtstrukturen und Uniformen auf der Erde. Die Befragten wussten auf die Frage „Warum gibt es so etwas?“meistens keine Antwort und die Uniformierten selbst, die das rosafarbene Kriegsschiff das die AktivistInnen aus einem Einkaufswagen gebastelt hatten sehr skeptisch ansahen, wollten schon gar nicht danach gefragt werden.

 

Tosender Sturm, Wellen schlagen über den Bug, heldenhaft stemmen sich Marinesoldaten gegen die Widrigkeiten auf hoher See und kämpfen für das Vaterland… solche oder ähnliche Assoziationen beim Anblick des Segelschiffes Gorch Fock wünscht sich die Propagandaabteilung der Bundeswehr.

Unsere Gedanken bezüglich dieses Militärschiffes sehen anders aus…

 

- Die Deutsche Marine führt Wirtschaftskriege und beteiligt sich so an der globalen Umverteilung gesellschaftlichem Reichtums von unten nach oben. Militärisch umschrieben wird dies mit der Zielformulierung der „Offenhaltung des freien und ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen“ Vor der somalischen Küste führen großindustrielle Fischtrawler zur Überfischung der dortigen Gewässer und entziehen dadurch vielen somalischen Fischern_Innen jede Existenzgrundlage. Piraterie wird so für viele dort lebende Menschen zur finalen Option, um sich und ihre Familien zu ernähren. Dagegen kämpfen die Soldat_innen der Marine

- Das Prinzip von Befehl und Gehorsam widerspricht einem emanzipatorischen Menschenbild zutiefst. Im Kampf um eine solidarische Welt, ein friedliches Miteinander und eine Gemeinschaft, die auf Kooperation anstelle von Konkurrenz ausgelegt ist, hat das bewusste Abgeben von Verantwortung an Befehlende nichts zu suchen.

 

- Es ist eine Ironie, dass der Kieler Bahnhofsplatz offiziell „Platz der Kieler Matrosen“ benannt wird – in Gedenken an die aufständischen Matrosen, die 1918 in Kiel die Novemberrevolution, welche den Krieg beendete und die Monarchie stürzte, auslösten. Durch dieses „Gedenken“ wird freilich die Geschichte insbesondere von der SPD, welche die Revolution verraten und durch Freikorps blutig niedergeschlagen hat, vereinnahmt und umgedeutet zu einer Revolution für die Demokratie. Die Forderungen der revolutionären Arbeiter- und Soldatenräte, u.a. eine dauerhafte Friedensproduktion auf den Werften und Wahl der Offiziere durch die Soldaten, gingen deutlich weiter als eine parlamentarische Herrschaftsform. Diese ist keineswegs das Ziel der Revolution gewesen, sondern ein Manöver der reaktionären Kräfte, um die Revolution mit Hilfe der SPD „in geordnete Bahnen“ zu lenken und die Monarchie zu retten.


So wird man wohl vergeblich darauf warten, dass Stadtpräsidentin Cathy Kietzer (SPD) bei der Einweihung des „Platzes der Kieler Matrosen“ eine solidarische Grußadresse an die Meuterer von der Gorch Fock richtet oder MdB Hans-Peter Bartels (SPD) sich für eine Konversion der Kieler Rüstungsbetriebe zu rein ziviler Produktion einsetzt.