Die Meldungen über eine atomare Katastrophe in Japan reißen nicht ab und geben AtomkraftgegnerInnen, die seit Jahrzehnten vor der täglichen Gefahr eines GAU warnen recht. Seitens der Regierenden wird zögerlich reagiert und über Abschaltungen von einigen wenigen Atomanlagen diskutiert, als ob die Gefahr erst durch die aktuelle Katastrophe bekannt geworden wäre. Auch wenn viele AtomkraftgegnerInnen sich über die neu entfachte Debatte um Atomkraft freuen dürfen, ist Euphorie längst nicht angesagt. Denn ausgerechnet die Menschen, die sich für eine atomkraftfreie Welt einsetzen, werden vom Atomstaat seit Jahren bekämpft. Wie der Fall einer kleinen Gruppe CastorgegnerInnen der Umweltorganisation Robin Wood in Lubmin es zeigt.
Gegen den neuesten, stark umstrittenen Atommüllransport wollten sie demonstrieren. Die Polizei verfolgte sie mit Hubschraubern und störte gar ihre Telekomunikation. Anschließend nahm sie sie präventiv in Gewahrsam. "Zur Gefahrenabwehr" hieß es ... damit waren jedoch die Gefahren der Atomkraft nicht gemeint, sondern der Protest dagegen!
Gegen diese willkürliche, unverhältnismäßige Polizeimaßnahme
      wehren sie sich nun mit Klagen vor dem Greifswalder Amtsgericht
      (1). Begleitet von zahlreichen kreativen Protestaktionen zwischen
      Karlsruhe und Lubmin erreichte am 17. Februar 2011 der neueste
      Castortransport sein Ziel. Einmal mehr wiesen die
      AtomkraftgegnerInnen auf die sinnlose Verschiebung von Atommüll
      quer durch die Welt, sowie auf die ungelöste Entsorgungsfrage hin.
      Einmal mehr wurde klar, dass Menschenwürde und Atomkraft
      unvereinbar sind - nicht nur der Gefahren wegen.
      
      "Am frühen Morgen des 17. Februar wollten wir gegen den
      Castortransport in Höhe Stilow zwischen Greifswald und Lubmin
      demonstrieren. Wir wollten u.a. kletternd mit Transparenten an der
      Bahnstrecke demonstrieren - wie wir es bereits im Dezember 2010
      getan hatten (2). Doch daran wurden wir gehindert. Mit
      Hubschraubern und nachrichtendienstlichen Mitteln wurden wir
      ausgespäht und anschließend mitten in der Nacht in ca. 300 Meter
      Entfernung der Bahnanlage festgenommen. In Gewahrsam genommen
      wurden sogar zwei Pressevertreter!!! Eine Begründung für die
      Festnahme erhielten wir von der Polizei nicht. Aus den Gesprächen
      zwischen den Polizeibeamten konnte ich allerdings heraus hören,
      dass gezielt nach mir und meiner Gruppe gesucht wurde", schildert
      Kletteraktivistin Cécile Lecomte die Ereignisse.
      
      Die Aktivistin weiß, wovon sie redet. Mit spektakulären
      Kletteraktionen bringt sie zusammen mit ihren Mitstreitern ihren
      Protest zum Ausdruck. Weil ihre Kletteraktionen den politischen
      Gegner erheblich stören, geriet sie bereits vor einigen Jahren ins
      Visier der Behörde - daran änderte ein Freispruch wegen einer
      Kletteraktion gegen einen Uranmülltranport nach Russland aus dem
      Jahr 2009 vor dem Amtsgericht Steinfurt nichts (3). 2006 wurde die
      Kletterkünstlerin ein erstes Mal "zur Gefahrenabwehr" von der
      Polizei zwei Wochen lang rund um die Uhr vor einem Atomtransport
      nach Gorleben mit "besonderen technischen Mitteln" auf Schritt und
      Tritt verfolgt. Die damalige Maßnahme war rechtswidrig, wie die
      Polizei Jahre später zugeben musste (4).
      
      "Noch kennen wir den vollen Umfang der Maßnahme nicht, noch wissen
      wir nicht, ob die Polizei Informationen hierzu wird preisgeben
      wollen - denn sie weiß bestimmt, dass sie ohne jegliche rechtliche
      Grundlage handelte! Diese erneute Bespitzelung wollen wir uns aber
      nicht ohne Gegenwehr gefallen lassen. Sich mit kreativen Aktionen
      selbstbewusst gegen internationale Atomgeschäfte einzusetzen ist
      eine Notwendigkeit, wie das Geschehen in Japan und anderswo es
      deutlich zeigt!" begründet Patrick Müller seinen Schritt zur Klage
      - auch wenn er in die Justiz nicht allzu große Hoffnung hat. "Ich
      fürchte, das Gericht wird sich drücken. Jetzt schon wird versucht,
      die Angelegenheit durch Kompetenzstreit von sich zu schieben und
      zu verschleppen".
Fußnoten:
        
      
          (1) Das Wortlaut der Klagen ist unter http://www.eichhoernchen.ouvaton.org/deutsch/anti-atom/Luftakrobatik-Atomtransporte.html#lubmin_2011
          nachzulesen
          
          (2) Bericht über die Aktion: http://www.robinwood.de/blog/energie/2011/01/bericht-zum-luftigen-protest-gegen-den-lubmin-castor-im-dezember/
          
          (3) siehe: http://www.eichhoernchen.ouvaton.org/deutsch/anti-atom/Luftakrobatik-Atomtransporte.html#16.1.08
          
          (4) siehe: http://www.eichhoernchen.ouvaton.org/deutsch/repression/ueberwachung.html#200
          
        

