Tagung vom 28. – 30. Januar 2011 in Marburg
Warum fiebern wir am Bildschirm mit chilenischen Kumpeln? Wer hat 
welches Interesse über Lateinamerika zu berichten? Wem gehören die 
Medien und warum? Wem sollten Sie gehören? Und warum ist eigentlich 
immer nur Chávez im Fernsehen?
Die so genannte vierte Gewalt gilt als Korrektiv der Politik, soll der 
politischen Information der Bevölkerung dienen, gar als deren 
Sprachrohr? Gilt als unabdingbar für ein demokratisches System und 
erfüllt letztlich nur selten diese Funktion. Während in Deutschland mit 
dem System der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die 
Unabhängigkeit der Medien von Politik und Markt (teilweise) 
gewährleistet ist, beschleunigten in Lateinamerika im Zuge neoliberaler 
Transformation seit den 1980er Jahren Deregulierung und Privatisierung 
die Konzentration der Medienmacht bei privaten Akteuren, welche nicht 
die Schaffung demokratischer Öffentlichkeit, sondern Gewinnmaximierung 
zum Ziel haben. 
Mit dem Amtsantritt sogenannter (Mitte-)Links-Regierungen in vielen Ländern des Kontinents wurden neoliberale Wirtschafts- und Politikkonzepte (teilweise) verworfen. Das neuste Objekt staatlicher Transformation sind neue Mediengesetze, die in einigen Ländern des Kontinents (z.B. Argentinien, Bolivien, Ecuador) versuchen bestehende Monopole zu durchbrechen und partizipatorische Elemente zu schaffen. Gleichzeitig gibt es in Lateinamerika nicht nur eine lange Tradition unabhängiger Basismedien, sondern auch einen neuen Boom von Bewegungsmedien, die versuchen von unten demokratische Öffentlichkeiten zu schaffen.
Der Fokus der Tagung liegt auf der Medienpolitik verschiedener 
lateinamerikanischer Länder und ihrer Darstellung in der 
deutschsprachigen Presse. Dabei wollen wir dem Widerspruch nachgehen, 
dass die neuen Mediengesetze zwar auf die Schaffung demokratischer 
Öffentlichkeiten abzielen, viele deutschsprachige Medien darin jedoch 
autoritäres Handeln und eine Einschränkung der Meinungs- und 
Pressefreiheit sehen. Diese Berichterstattung entspricht einer 
allgemeinen Tendenz der deutschsprachigen Presse, welche die 
demokratischen Transformationen in Lateinamerika nicht nur kritisch, 
sondern oft pauschal ablehnend begleiten. Was sind die Gründe für diese 
Berichterstattung? Sind Strukturen oder Ideologien dafür verantwortlich?
 Ein Beitrag zu dieser kritischen Analyse liefert die Auseinandersetzung
 mit der Arbeit von Basismedien als Alternative in Deutschland und in 
Lateinamerika.
Neben Vorträgen und Diskussionen im Plenum und in Workshops bietet die 
Tagung Raum zur Vernetzung zwischen Journalist_innen, die aus der Praxis
 berichten, Aktivist_innen von der Basis und Wissenschaftler_innen, die 
kritische Analysen präsentieren und soll somit auch dem gegenseitigen 
Verständnis und Austausch dienen.
INFOMATERIAL

