Abschiebeflug startet nach Bombendrohung

Bombenexperten durchsuchten am Morgen diese Maschine der Aeroflot am Flughafen Schönefeld - gefunden wurde nichts. - Foto: dpa
Erstveröffentlicht: 
06.12.2010

Trotz einer Bombendrohung und des Protests von Menschenrechtsaktivisten sind am Nachmittag knapp 50 Vietnamesen vom Flughafen Schönefeld aus abgeschoben worden. Der Start der Maschine verzögerte sich um etwa fünf Stunden.

 

 

Wegen einer Bombendrohung ist eine Maschine der russischen Fluggesellschaft Aeroflot am Montagmorgen am Flughafen Schönefeld stundenlang am Boden geblieben. Der planmäßige Start nach Moskau war 9.50 Uhr, die Maschine hob erst um 14.30 Uhr ab. Am Morgen war in mehreren Zeitungsredaktionen ein Fax von angeblichen tschetschenischen Freiheitskämpfern eingegangen, dass in der Maschine eine Bombe deponiert sei. Das Polizeipräsidium in Frankfurt (Oder) hatte parallel zu den gefaxten Bekennerschreiben eine telefonische Warnung bekommen. Auch dieser Anrufer bezog sich auf Tschetschenien.

 

Die Bundespolizei nahm die Drohung ernst und stoppte die Maschine, die auf eine entfernte Position geschleppt wurde. Nachdem die Passagiere ausgestiegen waren, wurden Sprengstoffhunde eingesetzt, sie fanden jedoch nichts. Zudem seien alle Passagiere und auch das bereits verstaute Gepäck noch einmal genau überprüft worden. Die Maschine soll noch am Nachmittag nach Moskau starten, hieß es bei der Bundespolizei. Der übrige Flugverkehr lief normal.

 

Unter den 140 Passagieren waren 45 vietnamesische Flüchtlinge, die abgeschoben werden sollten – und dies dürfte auch der Hintergrund der Bombendrohung sein. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sagte dem Tagesspiegel, er gehe von einer „Finte“ aus, mit der die linke Szene die Abschiebung verhindern wollte. Zuvor hatten 20 Personen versucht, die Abfahrt des Busses mit den Vietnamesen am Abschiebegefängnis Grünau zu verhindern. Zuerst blockierte der Trupp die Fahrbahn und musste abgedrängt werden. In der Regattastraße hatten Unbekannte ein Stahlseil über die Straße gespannt, um die Durchfahrt zu verhindern. Als die Polizei dieses beseitigen wollte, kam es zu Rangeleien.

 

Körting verteidigt Abschiebung eines erkrankten Vietnamesen

Innensenator Körting sagte am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses, dass unter den 91 Vietnamesen, die am Montag und vor einer Woche ausgeflogen wurden, 19 aus Berlin waren. Alle seien bei Schleusungsversuchen aufgegriffen worden und nur kurz in Berlin gewesen. Einer sei seit 2006 hier gewesen, vier seit 2009, einer seit 2010 und der Rest seit 2008. Körting verteidigte die Abschiebung eines Mannes, der an Hepatitis erkrankt ist. Es sei ein Irrglaube, dass es nur in Deutschland eine medizinische Versorgung gebe, sagte Körting.

 

Vor dem Flughafengebäude hatten am Montagmorgen rund 50 Menschenrechtsaktivisten lautstark gegen die Abschiebung protestiert, die Polizei sprach drei Platzverweise aus. Schon in der Nacht hatte es Proteste von rund 20 Menschenrechtsaktivisten vor dem Berliner Abschiebegefängnis in Grünau gegeben. Von dort wurden die Vietnamesen zum Flughafen Berlin-Schönefeld gefahren.

 

Die Polizei drängte die Abschiebegegner von der Straße. Wenige hundert Meter weiter stoppten Aktivisten den Polizeibus erneut. Schon vergangenen Montag hatten antirassistische Gruppen vor dem Flughafengebäude protestiert: Damals waren ebenfalls 46 Vietnamesen abgeschoben worden. Unter ihnen befand sich ein 23-Jähriger, der an Hepatitis C leidet. Insbesondere Sammelabschiebungen sind umstritten. Flüchtlingsräte, antirassistische Gruppen und kirchliche Seelsorger kritisierten sie immer wieder scharf.