Stadt verschiebt den für Mai 2011 geplanten Baubeginn für das Eingangsgebäude im Stadtteil Vauban / Unmut im Quartier
Von unserem Mitarbeiter Thomas Goebel
"Wagenplätze überall!" , fordert ein Transparent am Eingang zum Stadtteil Vauban, wo seit letztem Sommer die Wagenburgler vom "Kommando Rhino" wohnen. Sie können nun wohl länger bleiben als gedacht: Gestern verschob die Stadt den dort für Mai 2011 geplanten Baubeginn eines Wohn- und Geschäftshauses wegen "Wirtschaftlichkeitsfragen" . Bereits jetzt gibt es neben Unterstützung aber auch Unmut im Viertel über die Besetzung.
Die Sonne scheint auf 
die Bretterzäune der Wagenburg, nebenan stehen Stühle vorm Eiscafé 
"Limette" . Kitty Weis ist trotz der Idylle sauer: "Die Rhinos haben 
ihre Taktik geändert." Am Anfang sei von einer kurzen Besetzung für mehr
 Bürgerbeteiligung die Rede gewesen. Heute hingen Plakate mit Sprüchen 
wie "Mein Wagen braucht Gesellschaft" am Zaun. "Die Tonlage ist schärfer
 geworden" , findet Weis, die ihre Kritik auch in einem Leserbrief an 
den Sonntag äußerte — und dafür nach eigener Aussage viel Unterstützung bekam.
 Weis hat die Wagenburgler im letzten Herbst für das Stadtteilmagazin 
"Vauban actuel" interviewt. "Es sind die ordentlichsten Besetzer, die 
wir je hatten" , findet sie — und trotzdem: "Die Wagen sind die größten 
Dreckschleudern, das ist nicht gerade präsentabel am Eingang zu einem 
Öko-Stadtteil." Richtig wütend aber habe sie die Weigerung gemacht, eine
 Baufirma für Probebohrungen auf das Gelände zu lassen (die BZ 
berichtete): "Die spielen sich wie die Gutsherren auf — dabei stehen sie
 unberechtigt da." 
 Das hat auch 
Annette Schubert geärgert, die persönliche Referentin des 
Oberbürgermeisters: "Wir waren sehr überrascht, dass die Besetzer ihre 
kooperative Haltung aufgekündigt haben." Der Stadtbau als Eigentümerin 
müsse es möglich sein, die Bauarbeiten durch Bohrungen vorzubereiten. 
Das sei die Voraussetzung für eine weitere Duldung. Durch die 
Verschiebung der Bauarbeiten liegt der Konflikt aber erstmal auf Eis: 
Die Bohrungen fänden "nicht mehr in diesem Jahr" statt, sagt 
Stadtsprecherin Petra Zinthäfner, entsprechend verschieben sich die 
weiteren Arbeiten auf unbestimmte Zeit. Sie rechnet mit einem Baubeginn 
nach der Sommerpause 2011. Gibt es keine weiteren Konflikte, können die 
Wagenburgler wohl so lange bleiben.
In 
deren Augen hat sich das Verhältnis zu den Anwohnern nicht 
verschlechtert. "Natürlich gibt es positive und negative Stimmen" , sagt
 ein Platz-Bewohner. "Aber die gab es schon immer." Erst vor wenigen 
Tagen hätten Nachbarn eine Ladung altes Holz vorbei gebracht. Im Café 
des "Kommando Rhino" läuft leise Musik, ein zweiter Bewohner kommt dazu.
 "Die Nachbarschaft weiß, dass sie mit uns reden kann" , sagt er. "Wenn 
es mal Probleme zum Beispiel mit der Lautstärke gibt, lernen wir damit 
umzugehen." Die 30 Besetzer seien aktiv auf der Suche nach Grundstücken 
und hofften auf weitere Gespräche mit der Stadt. Von der Baufirma sei 
man überrumpelt worden; prinzipiell habe man nichts gegen die irgendwann
 anstehenden Probebohrungen, versichern beide.
Schon
 vor Verschiebung des Baubeginns hatte die Gemeinderatsfraktion der 
Freien Wähler verkündet, die "Toleranz der Anwohner" sei "offensichtlich
 allmählich ausgeschöpft" . Aber so eindeutig ist die Stimmung nicht. 
"Mein Eindruck ist, dass die Leute hier die Besetzung interessiert 
beobachten und die Grundidee gut nachvollziehen können" , sagt Michèl 
Ehinger, der neben einem Kinderwagen beim Spielplatz sitzt: "Ich hoffe, 
dass die Stadt oder jemand Privates einen Platz zur Verfügung stellt." 
Eine Mutter stimmt spontan zu: "Irgendwo im großen Freiburg wird es ja 
wohl ein Plätzchen geben" , sagt sie und ergänzt: "Es ist gut, dass die 
Wagenburg das bevorzugte Vauban ein bisschen aufmischt." Eine junge 
Frau, die nebenan ihren Briefkasten leert, findet die Besetzer "nett und
 friedlich" . 
 Kritischer ist eine 
Frau, die gerade mit ihrer Tochter nach Hause kommt: "Die Besetzer 
kümmern sich zunehmend um ihre Privatsphäre und bauen das Grundstück 
immer weiter zu" , sagt sie. "Aber das ist nun mal kein privater Raum." 
Es sei in Ordnung, sich für die eigenen Interessen einzusetzen. Aber die
 Wagenburgler sollten sich lieber ein Finanzierungsmodell für einen 
eigenen Platz überlegen "statt nur zu fragen: Wo bitte ist das Manna, 
das vom Himmel fällt?" 
 Auf die Kritik
 aus dem Viertel haben die Besetzer übrigens bereits reagiert: Seit der 
Leserbrief von Kitty Weis die Runde machte, hängt ein neues Transparent 
über dem Platz: "Hello Kitty!" , steht darauf, "Kommando Rhino loves 
you." 

