Demonstration im Gedenken an Josef Anton Gera (ausführlicher Aufruf)
Wie bereits in den vergangenen beiden Jahren rufen wir auch im Jahr 2010 wieder dazu auf, um Josef Anton Gera und allen anderen Opfern rechter Gewalt zu gedenken. Gera wurde 1997 auf dem Bochumer Kruppgelände aufgrund seiner Homosexualität von zwei Rechtsradikalen ermordet.
Wir möchten uns im Rahmen dieses Gedenkens mit dem Fall Gera, der 
Leugnung des Tatmotivs, aber auch mit verschiedenen Formen von 
Ausgrenzung, Diskriminierung und rechter Gewalt auseinandersetzen. Wie 
jedes Jahr werden wir auch 2010 die Homophobie, die zum gewaltsamen Tod 
von Josef Gera führte, thematisieren. Zusätzlich wollen wir uns in 
diesem Jahr mit der Diskriminierung und Gewalt gegen Wohnungslose und 
sozial Ausgregrenzte auseinandersetzen.
Dies gerade auch deshalb, weil in letzter Zeit immer häufiger von 
gewalttätigen Übergriffen gegenüber deklassierten Menschen zu lesen ist 
(siehe Kamp-Lintfort), und unserer Meinung nach auf sehr weit 
verbreitete ideologische Ressentiments begründet ist, die nicht zuletzt 
immer wieder von der Politik angefeuert werden.
Josef Anton Gera – ein Opfer rechter und homophober Gewalt
Der 59jährige Frührentner Josef Anton Gera bewegte sich im Umfeld 
von Wohnungslosen, hatte aber einen festen Wohnsitz. Am 14. Oktober 1997
 feierte Gera mit seinen späteren Mördern und anderen Personen aus der 
Bochumer Wohnungslosen-Szene in einer leerstehenden Hütte auf dem 
Kruppgelände, in der sich die Mörder des öfteren aufhielten. Sie hatten 
die Hütte mit Hakenkreuzen und SS-Runen bemalt und machten auch während 
des besagten Abends immer wieder Hitlergrüße. Im Laufe des Abends kam es
 zu sexuellen Annäherungsversuchen Geras gegenüber den beiden Tätern. 
Daraufhin schlugen diese mit Eisenrohren auf ihn ein. Gera erlitt 
Rippenserienbrüche, verletzte sich einen Lungenflügel und erlitt einen 
Milz- und Leberriss. Er konnte sich gerade noch zur Alleestraße 
schleppen, wo er von Passanten gefunden und ins Elisabeth-Hospital 
gebracht wurde. Am 17. Oktober starb Josef Gera an seinen Verletzungen. 
Zahlreiche seiner Verletzungen wurden erst bei der Obduktion 
festgestellt, was die Frage nach der Behandlung von als Angehörige von 
Randgruppen wahrgenommenen Menschen in Krankenhäusern zumindest 
aufwirft.
Die Täter prahlten am Tag nach der Tat gegenüber ihren 
Familienangehörigen damit, dass sie es „einem Schwulen gezeigt“ hätten. 
Dies unterstrichen sie mit einem Hitlergruß. Dennoch leugneten 
Staatsanwaltschaft und Polizei das Mordmotiv beharrlich. Der zuständige 
Staatsanwalt Justinsky bezeichnete das Eingeständnis des homophoben 
Motivs der Täter als „Schutzbehauptung“ und meinte, es würde sich um 
eine Exzesstat handeln, bei der „Alkohol und eine Menge Frustration“ 
eine Rolle gespielt hätten. Interessant ist in diesem Kontext natürlich,
 wo das Schützende in dieser Behauptung liegen soll. Ist es etwa weniger
 schlimm, einen Menschen zu töten, wenn einem die Homophobie eine 
„Legitimation“ bietet?
Was sich in Bochum abgespielt hat, ist eindeutig: Justiz und Bullen 
wollten einfach nicht zugeben, dass es hier rechte Gewalt gibt. Wie in 
den meisten Fällen von Nazimorden wurde versucht, diese zu unpolitischen
 Einzelfällen umzudeuten. An eine Gedenktafel für Josef Gera als Opfer 
rechter Gewalt ist natürlich gar nicht erst zu denken. Diesem Versuch 
und der damit einhergehenden Verhöhnung des Opfers setzen wir auch heute
 noch unser öffentliches Gedenken an Josef Anton Gera entgegen.
Bürgerliches Standardprogramm: Homophobie
Wir haben in den vergangenen Jahren verstärkt darauf hingewiesen, 
dass Homophobie ein internationales Problem ist. Von den Naziangriffen 
auf Christopher-Street-Day-Paraden in Osteuropa, über den Amoklauf in 
einem schwullesbischen Jugendzentrum in Tel Aviv, bis hin zur 
staatlichen Ermordung Homosexueller im Iran, gibt es international 
leider mehr als genug Anlässe anzunehmen, dass der Kampf gegen die 
Homophobie noch sehr lange andauern könnte. Selbst in der BRD musste er 
lange und erbittert geführt werden, um zumindest eine gewisse rechtliche
 Ankerkennung zu erreichen. Erst 1994 wurde der § 175 vollkommen 
aufgehoben, der Homosexualität unter Männern unter Strafe stellte. Die 
staatliche Verfolgung von Homosexuellen stellte eine Kontinuität vom 
Nationalsozialismus in die BRD (und auch in die DDR) dar. Heutzutage 
sind einige schwule (interessanterweise kaum lesbische) Spitzenpolitiker
 und Prominente geoutet und dies ohne größere Probleme. Homosexualität 
gilt in der Medienöffentlichkeit als akzeptiert. Dies ist im Alltag 
freilich nicht so. Sich als homosexuelle/r Jugendliche/r zu outen, ist 
immer mit der Angst verbunden, sozial ausgegrenzt, oder sogar körperlich
 angegangen zu werden. Eine repräsentative Umfrage von 2002 besagt, dass
 61 % der deutschen Jugendlichen Homosexualität ablehnend 
gegenüberstehen. Ein Coming Out ohne Diskriminierung stellt quasi eine 
Unmöglichkeit dar. Dies schlägt sich auch in der Selbstmordrate von 
homosexuellen Jugendlichen nieder, die vier mal höher ist als die von 
gleichaltrigen Heterosexuellen. In bestimmten männerdominierten 
Bereichen der Gesellschaft, wie zum Beispiel im Herrenfußball, ist es 
immer noch vollkommen unmöglich sich zu outen. Homophobie wird hier 
nicht einmal als gewünschte (?) Form der Diskriminierung wahrgenommen 
oder kritisch diskutiert (wie z.B. Rassismus), sondern ist einfach 
Standardprogramm. Gerade in den kleinen Fußballvereinen würde ein Coming
 Out zu Ausschluss und Gewalttaten führen. Aber auch die Stimmung in den
 Fankurven der Bundesliga ist so, dass sich bisher kein einziger 
schwuler Profi während seiner Laufbahn geoutet hat. Zwar gibt es derzeit
 Bemühungen des DFB dieses Klima zu ändern, allerdings raten viele 
anerkannte Persönlichkeiten aus dem Profi-Fußball Spielern öffentlich 
davon ab, sich zu outen, um nicht ihre Karriere zu gefährden.
Zwar ist es möglich sich durch eine gesellschaftliche Bewegung 
rechtliche Anerkennung zu erkämpfen, allerdings ist Homophobie durch die
 Struktur der bürgerlichen Gesellschaft verursacht. Die Aufteilung der 
Reproduktionsarbeit (Kindererziehung, Haushalt, etc…) an die Frauen und 
die Besetzung der ökonomischen und öffentlichen Sphäre durch die Männer,
 hat nicht nur ein schon seit Jahrhunderten existierendes patriarchales 
Herrschaftsverhältnis (immer wieder) hervorgebracht, sondern ein 
eindeutiges Mann-Frau-Schema generiert, dass seit der 
Durchkapitalisierung der westlichen Gesellschaften eine unglaubliche 
Dynamik gewonnen hat. Während es in den vormodernen Gesellschaften im 
Westen und auch im nahen Osten durchaus akzeptierte Formen von 
Homosexualität gab, bedeutete das 20. Jahrhundert für Homosexuelle in 
vielen Ländern des Westens staatliche Verfolgung, bis hin zur 
systematischen Ermordung im Nationalsozialismus. Während in den 
westlichen Ländern soziale Bewegungen (mal mehr, mal weniger) Rechte und
 Freiheiten erkämpft haben, werden noch heute in vielen islamischen 
Ländern Homosexuelle staatlicherseits ermordet. Dies hängt weniger mit 
einer angeblichen „Rückständigkeit des Orients“ oder dem besonders 
„faschistoiden Charakter des Islam“ zusammen, wie uns einige Bürgerliche
 und sich als Rechtspopulisten bezeichnende Nazis klarmachen wollen. 
Vielmehr ist die Homophobie, wie viele andere moderne 
Ausgrenzungsmechanismen, ein Westimport aus dem 19. und 20. Jahrhundert 
und hat sich mit dem vom Westen geförderten Aufstieg islamistischer 
Kräfte in vielen Ländern erst derartig gesellschaftlich durchgesetzt, 
wie sie es heute ist. Dazu kommt, dass es für soziale Bewegungen, die 
für Emanzipation und Gleichberechtigung eintreten wesentlich leichter 
ist, Erfolge zu erzielen, wenn sie ihre Kämpfe in Ländern führen, die 
relativen Wohlstand und politische Stabilität bieten (und diese mit 
Waffengewalt nach außen hin verteidigen). Gerade in Ländern, in denen 
der westliche Imperialismus permanent Regimewechsel herbeiführt, 
autoritäre Diktaturen stützt, oder zusammen mit reaktionären Warlords 
einen „Krieg gegen den Terror“ führt (Iran, Saudi-Arabien, Afghanistan 
usw.) haben emanzipatorische Bewegungen wesentlich schwierigere 
Rahmenbedingungen. Dennoch bleibt die Hoffnung auf Erfolge derartiger 
Bewegungen auch in solchen Ländern. Homophobie als durchgehendes Gewalt-
 und Unterdrückungsverhältnis auf vielen anderen Ebenen zu besiegen, 
würde allerdings vorraussetzen, auch die modernen Gender-Rollen, das 
Patriarchat und dessen Grundlage, die bürgerliche Gesellschaft, zu 
überwinden.
Josef Anton Gera – (k)ein ‚typisches‘ Opfer Rechter Gewalt?
In den letzten Jahren kamen einige Menschen – AntifaschistInnen und 
Linke – auf uns zu und warfen die Frage auf, welchen Sinn es habe, einem
 Menschen zu gedenken, der offensichtlich zunächst kein Problem damit 
hatte, mit seinen späteren Peinigern zu feiern und zu trinken, bevor sie
 in einem hasserfüllten Exzess mit Eisenstangen auf ihn einschlugen. Und
 überhaupt, er muss doch gewusst haben, dass es sich bei seinen 
„Saufkumpanen“ um Neonazis handelte, weil sie ja ihre behilfsmäßige 
Unterkunft auf dem alten Kruppgelände mit nationalsozialistischen 
Symbolen verziert hatten. Ist Josef Anton Gera also bewusst ins 
„Verderben“ gelaufen, als er mit den Schwulenfeinden fraternisierte? Mit
 welchem „Recht“ kann Josef Anton Gera dann überhaupt in der Liste der 
Todesopfer rechter Gewalt geführt werden? Welchen Grund kann es dann 
noch geben, sein Andenken mit einer jährlichen Demonstration zu 
würdigen? Wir meinen, dass viele Gründe hierfür sprechen! Auch wenn die 
Täter-Opfer-Konstellation „untypisch“ für rechte Gewalttaten ist, ist 
der neonazistische und homophobe Charakter der Tat auch dann nicht zu 
leugnen!
Welche Motivation Josef Anton Gera für seinen Umtrunk mit Neonazis 
hatte, darüber können wir heute leider nur noch spekulieren. Soweit wir 
wissen hatte er keine Verwandten, die im Nachhinein seinen 
selbstgefährdenden Umgang mit homophoben Gewalttätern hätten erklären 
oder verhindern können. Wir sehen verschiedene Gründe für die Annahme, 
dass Gera ein einsamer Mensch gewesen sein muss. Er lebte allein als 
Frührentner in seiner Wohnung und dürfte wenig Kontakt zu seinen 
früheren ArbeitskollegInnen gehabt haben – wahrscheinlich gingen sie im 
Unterschied zu Gera noch einem geregelten Arbeitsverhältnis nach. Für 
einen Mann in seinem Alter war (und ist) es gewiss schwierig, 
(gleichgeschlechtliche) sexuelle Kontakte zu finden. Und einsam und 
vereinzelt, wie er wohl war, rutschte er in eine Gesellschaft von 
Ausgegrenzten, in der es einem leicht fällt, den eigenen Lebensfrust in 
Alkohol zu ertränken. Wählerisch zu sein lag ihm augenscheinlich fern, 
und so zog er die Trinkbrüderschaft selbst mit Neonazis dem Alleinsein 
vor, die ihm vielleicht sympathisch und sogar sexuell attraktiv 
erschienen.
Für uns ist es platt und undifferenziert, Josef Anton Gera eine wie auch
 immer geartete „Mitverantwortung“ für sein Leiden und seinen Tod zu 
unterstellen, weil er mit Neonazis gefeiert hat. Ganz im Gegenteil: eine
 solche Bewertung grenzt an Täterschutz und Verharmlosung des Tatmotivs.
 Dieser Widerspruch zeigt im Grunde nur auf, wie weit Menschen gehen um 
ihrer Vereinzelung zu ent-gehen. Josef Anton Gera ist dem mörderischen 
homophoben Hass von Rechtsradikalen (und höchstens noch seiner 
gesellschaftlich bedingten sozialen Isolation) zum Opfer gefallen und 
nicht seiner „Naivität“!
Wie wir von GenossInnen hörten, die damals vom Mord an Gera in der 
Zeitung lasen, ist auch die Vorstellung sehr irritierend gewesen, dass 
es sich bei den geständigen Neonazis um Obdachlose handelte, Angehörige 
einer deklassierte Minderheit also, die im Nationalsozialismus selber 
während der Aktion „Arbeitsscheu Reich“ in Konzentrationslager 
deportiert worden wären. Die einzige Erklärung für diesen Widerspruch 
konnte nur sein, dass eine Biographie, wie die der Täter, nicht dazu 
reichte, ein Bewusstsein über die sozialen Ursachen der eigenen 
Ausgrenzung hervorzubringen. Schlimmer noch, ihr Autoritäter Charakter 
befähigte sie dazu, über das Leben eines anderen Ausgegrenzten zu 
entscheiden. Dies kann als Beispiel dafür angesehen werden, wie verwoben
 die verschiedenen Herschafts- und Ausgrenzungsmechanismen untereinander
 sind. Menschen, die von einem Unterdrückungsverhältnis (z.B. 
Klassismus) können zu TäterInnen in einem anderen werden.
Diese Erkenntnis ist unter Linken heute sehr geläufig und nährt 
einerseits die gesunde Skepsis bezüglich einer „uneingeschränkten 
Solidarität“ mit z.B. den Obdachlosen gegen kapitalistische 
Vertreibungspolitik. Schlimmstenfalls kann sie aber auch als billige 
Entschuldigung benutzt werden, sich von Obdachlosen (und anderen sozial 
Ausgegrenzten) im Allgemeinen zu distanzieren oder sie pauschal als 
„Tätergruppe“ zu diffamieren, die mal selbst zusehen soll, wie sie im 
Kapitalismus „zu Potte kommt“. Eine solche Einstellung halten wir für 
fatal, denn sie wendet sich ab von individuellen Nöten, Bedürfnissen 
(und auch Widersprüchen), die zwar im Kern auf gesellschaftliche 
Ursachen zurückzuführen wären, für die im Umkehrschluss die Obdachlosen 
aber aufgrund ihres fehlenden Bewusstseins für „das Ganze“ selbst 
verantwortlich sein sollen. Solche Tendenzen sind für uns ein Grund 
mehr, an diejenigen zu erinnern, die einen großen Teil der Opfer rechter
 Gewalt in den vergangen 20 Jahren ausmachen und darüberhinaus diejenige
 Politik zu kritisieren, zu deren Vollstreckern auch immer wieder 
Neonazis zählen.
Der „Krieg gegen die Penner“ – eine gesellschaftliche Normalität
„Das Gesetz in seiner erhabenen Gerechtigkeit verbietet es den 
Reichen in gleicher Weise wie den Armen unter einer Brücke zu schlafen“ 
Die rechtliche Diskriminierung von Wohnungslosen, die Anatole France 
bereits 1894 entdeckte, ist in unserer Gesellschaft alltäglich. Wenn man
 durch die Stadt geht, sieht man den ein oder anderen „asozialen 
Penner“, der zwar wegen seiner miserablen Lebensverhältnisse doch ein 
Stück weit bemitleidet wird, der aber selbst Schuld an seinem Elend 
habe, da er wahrscheinlich ein Trinker oder ungebildet sei. Die 
Vorurteile gegen Wohnungslose sind in vielerlei Weise verfestigt und die
 Gewalt, die diese Menschen täglich sowohl von staatlicher, als auch 
gesellschaftlicher Seite erfahren, ist erschreckend. Und im Grunde 
unterscheiden sich diese Gewaltformen kaum voneinander. Für Gewalt gegen
 sozial Ausgegrenzte gibt es zahlreiche Beispiele. Zum Beispiel der Tod 
von Dieter Eich im Jahr 2000 in Berlin. Dort prahlten seine Mörder, 
welche Nazis waren, nach seiner Ermordung damit, dass sie einen „Assi 
geklatscht“ hätten. Doch auch aus der bürgerlichen Mitte geht solch eine
 Diskriminierung gegen Wohnungslose hevor. Am 23.5.2010 wurde der 
Wohnungslose Klaus B. in Kamp-Lintfort von zwei Jugendlichen ermordet.1
 Diese besuchten mit zwei Freunden den stadtbekannten Wohnungslosen an 
seinem Auto, in welchem er lebte. Dort pöbelten sie ihn an und 
demolierten sein Auto, bis dieser aus seinem Wagen stieg. Daraufhin 
wurde er von den beiden Jugendlichen so heftig attackiert, dass er an 
den Folgen starb. Die Jugendlichen gaben als Begründung für ihre Tat 
„Langeweile“ an und versuchten damit, ihre Tat zu legitimieren. Obwohl 
diese Taten schon erschreckend genug sind, lassen sich die verachtenden 
Gründe auch in weiteren Beispielen darstellen. Im Jahr 2007 filmten sich
 zwei Jugendliche in Köln dabei, wie sie mehrere Wohnungslose mit Urin 
übergossen und mit Tritten attackierten. Beide waren deutlich auf den 
Videos zu erkennen und stellten diese online auf YouTube.com. Durch 
einen anonymen Tipp fasste die Polizei die Täter. In ihren Videos 
sprachen sie davon, dass sie den „Krieg gegen die Penner“ gewinnen 
würden. Auch in Bochum gab es derartige Vorfälle. 2005 wurde einer 
Wohnungslosen Frau von einem Hausmeister angedroht, sie anzuzünden, wenn
 sie weiterhin im Treppenhaus des RuhrCongress nächtigen würde.2
 Im Dezember 2008 ist ein schlafender Wohnungsloser mit 
Brandbeschleuniger übergossen worden, der nur knapp den 
emporgeschossenen Flammen entging. Die Polizei, die diesen versuchten 
Mord totschwieg, ermittelte laut unseren Informationen damals auch im 
rechtsradikalen Millieu.
Seit dem Mauerfall 1990, auf den eine Reihe von rechten Gewalttaten 
gegen Migranten/innen bbfolgte, gab es auch massive Gewaltbereitschaft 
gegen Wohnungslose. Im Zeitraum zwischen 1990 und 2008 erfolgten 26 
ideologisch motivierte Morde an Wohnungslosen, die die Regierung zugibt.
 Dabei gilt es zu erwähnen, dass die Bundesregierung nur knapp ein 
Drittel von den Morden als ideologisch motiviert einräumt, die z.B. von 
der Amadeu-Antonio-Stiftung gezählt wurden. 
Dann stellt sich natürlich die Frage, wie dieser Hass gegen Wohnungslose zustande kommt, da doch ein großer Teil der Bevölkerung scheinbar Mitleid mit diesen vorgibt. Wir leben in einer leistungsorientierten Gesellschaft. Das heißt, dass wir als Mensch in unserer Gesellschaft nur so viel Wert sind, wie wir produzieren. Arbeit stellt vollkommen losgelöst von ihrem konkreten Inhalt einen moralischen Wert dar. Wer arbeitet, gilt nicht als faul und liegt „dem Staat nicht auf der Tasche“. Genauso wie die repressiven Hartz-Gesetze könnte man sagen, dass die Gewalt gegen Wohnungslose einen militanten Versuch zur Stabilisierung des in die Krise geratenen Leistungsprinzips darstellt. Ob nun ideologisierte Nazis, oder gewaltgeile „Normalos“, die ihren Hass gegen vermeintlich schwächere, wertlosere Menschen richten, auf Wohnungslose einprügeln, macht hierbei keinen großen Unterschied. So sieht es auch der Bielefelder Soziologe Wilhelm Heitmeyer:
„Ökonomistischen Bewertungskriterien können neben den Langzeitarbeitslosen weitere Gruppen zum Opfer fallen, die nur einen geringen oder gar keinen Beitrag zur Effizienzsteigerung der Marktgesellschaft beitragen. Letzteres gilt insbesondere für jene Personen, die in der Sozialhierarchie noch unter den Langzeitarbeitslosen stehen und deren Arbeitsmoral als noch geringer geschätzt wird: die Obdachlosen.“
Die Gewalt gegen Wohnungslose geht aus der Ideologie des Leistungsprinzips, einer Ideologie der bürgerlichen Mitte, hervor. Zusammen mit der Polizei und dem Ordnungsamt bilden diese Täter in dieser Hinsicht den militanten Arm der bürgelichen Gesellschaft. Den „Krieg“, den die Kölner Jugendlichen gegen die „Penner“ führen, führte Bundesinnenmnister Kanther schon 1987. „Die Verteidigung der öffentlichen Ordnung gegen Pennertum, Bettelei und Milieus der Unordnung“ sei die oberste Priorität. Diesen Ansprüchen Kanthers ist nun genüge getan, vor allem durch die Einführung der repressiven „Aktion Sicherheitsnetz“. Diese bestimmt, dass Polizisten und private Sicherheitsfirmen verdachtsunabhängige Personenkontrollen von Wohnungslosen und die Vertreibung aus der Innenstadt und Bahnhöfen von Wohnungslosen durchführen. Dadurch soll ein sauberes Bild der Innenstadt, also theoretisch der deutsche Ordnungswahn, durchgesetzt werden. Damit wird auch dem Wunsch von 35 % der Bevölkerung (Umfrage von 2005) entsprochen, die Wohnungslose aus den Innenstädten vertrieben sehen wollen. Die soziale Ausgrenzung und die Armut fordern letztlich mehr Todesopfer als die direkte körperliche Gewalt. Von 1991 bis 2004 sind 189 Wohnungslose in der BRD erfroren.
All diese Formen von Ausgrenzung und Unterdrückung, die oftmals ihre Ursache in den gesellschaftlichen Verhältnissen finden, sind vehement zu bekämpfen. Bereits in der verbalen Ausgrenzung von Menschen liegt ein Gewaltverhältnis, dass einer gerechten und emanzipierten Gesellschaftsordnung kompromisslos entgegen steht. Die Zuspitzung dieser Gewaltverhältnisse sind körperliche Übergriffe und Morde, wie im Fall Josef Geras. Dass die Institutionen der bürgerlichen Gesellschaft oftmals nicht mit dieser Gewalt klarkommen, sie am liebsten gar nicht wahrhaben möchten, hat sich eindrucksvoll gezeigt. Wir setzen dieser Politik des Verdrängens beispielhaft die Forderung nach einer Gedenktafel für Josef Gera entgegen! Lasst uns auch dieses Jahr wieder gemeinsam an Josef Anton Gera gedenken und die Hintergründe seiner Ermordung aufzeigen. Er bleibt für uns unvergessen und wir werden uns dafür einsetzen zu einer antifaschistischen Jugendkultur in Bochum beizutragen, die ein solidarisches und emanzipiertes Klima schafft. Die Ausbreitung von Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewaltverhältnissen werden wir mit allen gebotenen Mitteln bekämpfen.
Kommt zur Demo!
16. Oktober, 15:00 Uhr, Bochum HBF
Quellen und weiteres:
http://www.bo-alternativ.de/WAZ-26-11-05.htm
http://ajb.blogsport.de/2010/05/31/der-mord-an-klaus-b-in-kamp-lintfort/
Dokumentation:
http://ajb.blogsport.de/2008/10/07/dokumentation-zum-mordfall-josef-anto...
Demo-Aufruf 2008:
http://ajb.blogsport.de/2008/09/10/antifaschistische-demo-in-bochum-am-1...
Demo-Bericht 2008:
http://ajb.blogsport.de/2008/10/19/gedenkdemo-fuer-anton-josef-gera-in-b...
Demo-Aufruf 2009:
http://ajb.blogsport.de/2009/09/12/im-gedenken-an-josef-anton-gera/
Demo-Bericht 2009:
http://ajb.blogsport.de/2009/10/18/demonstrationsbericht-zur-ii-gera-demo/
Reden, Flugblätter und Bilder der Demo 2009:
http://ajb.blogsport.de/2009/10/21/gera-demo-reden-bilder-und-das-vertei...
