Razzien in vier Bundesländern, das Vermögen beschlagnahmt: Innenminister Schäuble hat die rechtsextreme "Heimattreue Deutsche Jugend" verboten. Die Organisation verherrlicht laut Sicherheitsbehörden den Nationalsozialismus und buhlt in Zeltlagern gezielt um Nachwuchs.
Berlin - Aus für die "Heimattreue Deutsche Jugend" (HDJ): Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat die rechtsextreme Gruppierung am Dienstagmorgen verboten. In Niedersachsen, Berlin, Brandenburg und Sachsen wurden Wohnungen und Büros von führenden Mitgliedern der Organisation durchsucht. Die Verbotsverfügung wurde dem Verein um kurz nach 6 Uhr morgens übergeben. Damit gilt die HDJ mit sofortiger Wirkung als aufgelöst, zugleich wird das Vermögen beschlagnahmt.
"Als bundesweit organisierter Jugendverband verbreitet die HDJ rassistisches und nationalsozialistisches Gedankengut. Im Rahmen scheinbar unpolitischer Freizeitveranstaltungen wird das am Nationalsozialismus orientierte Weltbild der HDJ Kindern und Jugendlichen vermittelt", hieß es zur Begründung. Die in ihrer Satzung formulierten Bekenntnisse der HDJ zur aktiven Jugendarbeit und zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sind laut Innenministerium nur "Fassade". Eigentliche Zielsetzung des Vereins sei die Heranbildung einer neonazistischen "Elite".
Innenminister Schäuble sagte laut Mitteilung: "Mit dem heutigen Verbot setzen wir den widerlichen Umtrieben der HDJ ein Ende. Wir werden alles tun, um unsere Kinder und Jugendlichen vor diesen Rattenfängern zu schützen." Die HDJ habe Jugendarbeit dazu missbraucht, Kinder und Jugendliche zu überzeugten Nationalsozialisten zu erziehen. Das Verbot sei Ausdruck der Entschlossenheit, den Rechtsextremismus entschieden zu bekämpfen.
Die Polizeiaktion ist der letzte Schritt des am 9. Oktober 2008 von Schäuble eingeleiteten Verbotsverfahrens. Schon damals waren bundesweit Wohnungen von HDJ-Aktivisten durchsucht und ein Zeltlager geräumt worden. Das im Herbst beschlagnahmte Material lieferte den Berichten zufolge zahlreiche Belege für die aktiv kämpferische Grundhaltung der Organisation gegen die Verfassung und damit Beweismaterial für ein Vereinsverbot. Zugleich fanden die Ermittler Beweise für NS-Verherrlichung durch HDJ-Aktivisten.
Die HDJ gründete sich 1990 als Abspaltung vom "Bund Heimattreuer Jugend". Ihre Mitgliederanzahl wird bundesweit auf rund 400 geschätzt. Der tatsächliche Einfluss auf die rechtsextreme Szene geht aber offenbar weit über diesen Mitgliederkreis hinaus.
Berüchtigt sind insbesondere die sogenannten "Ferienlager" der HDJ. In diesen Jugendzeltlagern werden - ähnlich wie bei der schon seit 1994 verbotenen "Wiking Jugend" - jeweils mehrere hundert Kinder und Jugendliche im Sinne der NS-Ideologie erzogen. Die Mannschaftszelte tragen zynische Aufschriften wie zum Beispiel "Führerbunker".
Nach Angaben des Ministeriums wurden Kinder und Jugendliche in den Ferienlagern mit nationalsozialistischen und rassistischen Ideen indoktriniert und militärisch gedrillt. Ausländer seien als "Feinde des Volkes" dargestellt worden. Es habe Schulungen in "Rassenkunde" gegeben. In Schulungen sei das Ziel ausgegeben worden, "die Blutreinheit wieder herzustellen."
Die Organisation darf nun auch nicht mehr unter anderem Namen weitergeführt werden. Verstöße gegen das Vereinsverbot werden mit einer Geldstrafe oder einer bis zu einjährigen Haftstrafe geahndet.
ffr/AFP/Reuters/dpa