Hinweis auf NSU nicht verfolgt

Erstveröffentlicht: 
28.06.2017

Ein interner Bericht des hessischen Verfassungsschutzes zu der Mordserie des NSU enthält Kritik am eigenen Amt.

 

Der hessische Verfassungsschutz und mindestens eine andere Verfassungsschutzbehörde erhielten Ende der 90er Jahre einen Hinweis auf „National Sozialistische Untergrundkämpfer Deutschlands“. Zumindest in Hessen wurde der Hinweis nicht weiterverfolgt. Die Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) flog 2011 auf und wird beschuldigt, von 2000 bis 2007 zehn Menschen ermordet zu haben.

 

Der Hinweis aus dem Jahr 1999 geht aus dem internen Bericht über die Aktenprüfung im hessischen Landesamt für Verfassungsschutz hervor, der vom früheren Innenminister Boris Rhein (CDU) 2012 in Auftrag gegeben worden war und der Frankfurter Rundschau in Auszügen vorliegt.

 

Einzelne Ergebnisse waren erstmals am Montag bekannt geworden, als die hessische Linken-Fraktionsvorsitzende Janine Wissler im NSU-Untersuchungsausschuss bei der Befragung von Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) daraus zitierte. Weite Abschnitte des Berichts sind als geheim eingestuft – teilweise für 90, teilweise für 120 Jahre. 

 

Briefwechsel im August 1999


In einem Zwischenbericht, den der Verfassungsschutz am 19. Dezember 2013 ans Innenministerium übersandte, wird festgestellt, „wie oft interessanten Hinweisen oder Anhaltspunkten zum Zeitpunkt der Datenerhebung nicht wirklich nachgegangen wurde“. Als Beispiel dafür wird der Hinweis auf die „National Sozialistischen Untergrundkämpfer Deutschlands“ angeführt. Wie genau dieser Hinweis aussah, steht in einer geheimen Anlage zum Bericht, die der FR nicht vorliegt.

 

Aus dem Bericht ist zu erfahren, dass es im August 1999 einen Briefwechsel zwischen dem hessischen und einem anderen, ungenannten Landesverfassungsschutz gab. Es ging darum, wer zuständig war – denn der Hinweis war anscheinend von einer Person gekommen, die nicht in Hessen wohnte, während der außerhessische Verfassungsschutz einen hessischen Wohnort angenommen hatte. „Insbesondere in den 1990er Jahren wurde Sachverhalten nicht immer adäquat nachgegangen“, stellte der Verfassungsschutz 2013 über die eigene Arbeit in früheren Zeiten fest.

 

Im Abschlussbericht von 2014 ist zu lesen, dass die Akten „keine Bezüge oder Informationen zu den Straf- und Gewalttaten des NSU“ enthielten. Sie umfassten allerdings „Informationen zu szenetypischen Aktivitäten“ des NSU-Trios „bzw. zu Personen aus deren Umfeld“.