André Poggenburg lässt Wahlen, die Kritiker gewonnen haben, wiederholen. Einen vergleichbaren Fall gab es in Sachsen-Anhalt noch nicht.
Von Michael Bock
Magdeburg l Poggenburg hatte der Volksstimme am 5. April gesagt, dass die Wahlen der bereits bestätigten AfD-Bundestags-Direktkandidaten Armin Friese (Harz), Wolfgang Rehfeldt (Börde – Jerichower Land) und Kay Uwe Ziegler (Anhalt) wiederholt werden. Das habe der Landesvorstand so beschlossen. Poggenburg zählt das Trio zu einer Verschwörergruppe, die den Vorstand kippen wollte. Friese, Rehfeldt und Ziegler bestreiten das vehement.
Kein vergleichbarer Fall bekannt
Das Agieren des AfD-Landesvorstandes ist bislang einzigartig in Sachsen-Anhalt. Landeswahlleiterin Christa Dieckmann sagte am Montag der Volksstimme: „In der Geschichte Sachsen-Anhalts ist uns ein vergleichbarer Fall nicht bekannt.“ Das Vorgehen selbst wollte sie unter Verweis auf die Parteiautonomie nicht kommentieren.
Die an den Pranger gestellten AfD-Direktkandidaten bestätigten der Volksstimme, sie hätten bislang nur über die Medien von den Neuwahl-Plänen des Landesvorstands erfahren. „Offiziell weiß ich gar nichts“, sagte Wolfgang Rehfeldt. Die rechtliche Grundlage für eine Neuwahl sieht er nicht. „Unbequeme Leute sollen mundtot gemacht werden“, sagte er. „Das ist Stalinismus pur.“ Und weiter: „Wenn der Landesvorstand illegale Mittel einsetzen sollte, werde ich das Landesschiedsgericht und den Bundesvorstand einschalten. Ich will eine ehrliche, saubere AfD.“
Vorwurf: „Stalinismus pur“
Die bislang einzige direkte Reaktion bekam Rehfeldt von Landesvorstandsmitglied Hans-Thomas Tillschneider. Der habe ihm per E-Mail mitgeteilt, dass er, Rehfeldt, seine Funktion als Vorsitzender des AfD-Landesfachausschusses „Mensch und Umwelt“ verliere.
Auch Kay Uwe Ziegler sieht keine rechtliche Basis für eine Neuwahl. „Ich habe mir nichts vorzuwerfen“, sagte er. „Ich habe dem Landesvorstand ein Gesprächsangebot gemacht.“ Eine Reaktion gebe es bislang nicht, bedauert er. Armin Friese wundert sich ebenso über die geplanten Neuwahlen. „Das erschließt sich mir nicht“, sagte er. Beim Parteitag vor wenigen Wochen hatte er der AfD-Spitze einen „Nordkorea“-Stil vorgeworfen. Der Landesvorstand instrumentalisiere angeblich belastende Chatprotokolle, um Kritiker loszuwerden, sagte er jetzt. Zitate würden aus dem Zusammenhang gerissen.
Unklar ist bislang, auf welcher Grundlage genau der Landesvorstand die Neuwahlen rechtlich sauber durchsetzen will. In der Landesgeschäftsstelle herrschte gestern, auch Tage nach der Ankündigung Poggenburgs, Ratlosigkeit. Poggenburg war trotz mehrerer Versuche für die Volksstimme ebenso wenig erreichbar wie der Chef der Landesschiedsgerichts, Bodo Walther.