Landtag von MV untersucht NSU-Aktivitäten

Erstveröffentlicht: 
08.03.2017

Mehr als fünf Jahre nach Bekanntwerden der rechtsextremen NSU-Terrorzelle wird der Landtag Mecklenburg-Vorpommerns deren Verbrechen nun doch untersuchen. Das Parlament machte am Mittwoch mit den Stimmen von SPD, CDU und Linken den Weg dafür frei, dass ein Unterausschuss des Innenausschusses die Aktivitäten der Rechts-Terroristen unter die Lupe nimmt.

 

Mord, Überfälle, Hinweise


Viele Spuren des sogenannten NSU führen nach Mecklenburg-Vorpommern, der Mord an Mehmet Turgut in Rostock im Februar 2004, die beiden Sparkassen-Überfälle in Stralsund oder frühe Hinweise in einem Neonazi-Blatt. Außerdem machten die Rechtsterroristen Urlaub auf Rügen. 

 

Linke: Behördenfehler und Hintermänner aufdecken


Nach einem Untersuchungsausschusses im Bundestag und in mehreren anderen Landtagen sieht der Innenexperte der Linksfraktion, Peter Ritter, für Mecklenburg-Vorpommern weiteren Aufklärungsbedarf. Es gehe auch darum, mögliche Fehler der Sicherheitsbehörden oder Hintermänner aufzudecken. SPD-Fraktionschef Thomas Krüger sieht in dem Unterausschuss eine wichtiges Signal für die Opfer und ihre Angehörigen. 

 

AfD: "Reine Geldverbrennung"


Anders als Linke und SPD verwies die CDU auf bereits eingeleitete Konsequenzen, darüber habe das Innenministerium den Landtag mehrfach informiert. Die AfD lehnte Untersuchungen zu den Verbrechen des NSU ab. Es gebe keine neuen Hinweise, die einen solchen Schritt nötig machten. Der Ausschuss sei "reine Geldverbrennung", so der Abgeordnete Christoph Grimm. Der Fraktionsvorsitzende Leif-Erik Holm sprach sich für die Einrichtung eines mit mehr Befugnissen ausgestatteten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses aus - "wenn es einen neuen Ermittlungsansatz geben sollte". Die gebe es derzeit aber nicht, sagte er. 

 

Politologe sieht Aufklärungsbedarf


Der Politologe Gideon Botsch, der im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages als Sachverständiger für die Taten im Nordosten bestellt worden war, sieht noch Aufklärungsbedarf. Das Handeln der Sicherheitsbehörden im Land sei "erklärungsbedürftig". Offen sei etwa, wie die Täter auf den abgelegenen Imbiss kamen, in dem Turgut an jenem Tag nur zufällig aushalf. Laut Innenministerium hatte der Landesverfassungsschutz den Ermittlern nach dem Mord einen Hinweis gegeben, Turgut hätte Drogen verkauft, das Geld aber nicht an seine Hintermänner abgeführt. "Wie wir heute wissen, war das keine Erkenntnislage, sondern eine reine Vermutung", so Botsch. Es stelle sich die Frage, warum der Verfassungsschutz darauf kam, diesen Hinweis an die Ermittler weiterzugeben. Botsch meinte ferner, es müsse auch beleuchtet werden, wie sich Neonazis in den 1990er-Jahren in Rostock radikalisieren konnten. 

 

Pannenserie bei der Aufklärung


Die deutschen Sicherheitsbehörden tappten bei der Mordserie mit insgesamt zehn Toten lange im Dunkeln und leisteten sich mehrere Pannen. Das räumte auch Innenminister Lorenz Caffier (CDU) bei mehreren NSU-Debatten im Landtag ein. Das Versagen von Polizei und Verfassungsschutz haben auch die bisherigen Untersuchungsausschüsse zu Tage gefördert.