Döbelner Amtsgericht verhängt Geldstrafen nach Platzhirsch-Aktion

Erstveröffentlicht: 
05.01.2017

Die Platzhirsch-Aktion der NPD-Jugendorganisation JN vom Sommer 2014 hatte vor dem Döbelner Amtsgericht ein gerichtliches Nachspiel. Geldstrafen wurden wegen Hausfriedensbruchs am Gymnasium verhängt.

 

Döbeln. Die Platzhirsch-Aktion der NPD-Jugendorganisation JN vom Sommer 2014 hatte am Mittwoch vor dem Döbelner Amtsgericht ein weiteres gerichtliches Nachspiel. Tina W. aus Döbeln (28) und Alexander K. (37) aus Leipzig hatten mit weiteren Beteiligten bereits im Sommer 2016 dafür jeweils einen Strafbefehl wegen Hausfriedensbruchs und eine Geldstrafe in Tagessätzen bekommen. Dagegen hatten beide Einspruch eingelegt. Deshalb wurde der Hausfriedensbruch am Mittwoch vor Amtsrichter Janko Ehrlich erneut verhandelt.

Staatsanwalt Thomas Hinke warf den beiden Angeklagten vor, sich Anfang Juli 2014 mit weiteren Mitglieder und Sympathisanten der Jungen Nationaldemokraten (JN) zu der von ihnen selbst als Drogen-Aufklärungskampagne bezeichneten Aktion verabredet zu haben. Dabei drangen die rechtsgerichteten jungen Leute zwischen dem 7. und dem 11. Juli 2014 unangekündigt mit einer größeren Personengruppe und einer in einem Hirschkostüm verkleideten Person in mehrere Schulen in Sachsen ein. Dort versuchten sie an Schüler Propaganda-Material der JN zu verteilen. Unter anderem wurde auf diese Weise in Reichenbach, Plauen, Leisnig, Döbeln, Riesa und Bischofswerda der Unterricht an Schulen, Berufsschulen und Gymnasien gestört. Der Schulleiter des Döbelner Lessing-Gymnasiums und der Leiter des Berufsschulzentrums Plauen hatten daraufhin Anzeige wegen Hausfriedensbruchs gegen die Teilnehmer der Aktion gestellt und die Ermittlungen ins Rollen gebracht. Speziell verhandelt wurden am Mittwoch im Falle der jungen Frau der Hausfriedensbruch am Döbelner Gymnasium vom 9. Juni 2014 und im Falle des 37-jährigen Leipzigers der Hausfriedensbruch am Plauener Berufsschulzentrum vom 7. Juli 2014.

Die junge Frau aus Döbeln ist bislang nur einmal durch eine Verurteilung zu einer Geldstrafe wegen Diebstahl aufgefallen. Der Leipziger Alexander K. hat dagegen ein stattliches Vorstrafenregister, das von Diebstahl, Betrug, Nötigung, bis Sachbeschädigung reicht. 2003 war er wegen versuchten schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung sogar zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. 2009 folgte eine weitere Haftstrafe wegen Körperverletzung. Unter anderem war Alexander K. an einem Überfall auf Prinzen-Sänger Sebastian Krumbiegel und Schlagzeuger Ali Zieme in einem Leipziger Park beteiligt. Dennoch hatte der gelernte Landschaftsgärtner und Beikoch, der aktuell von Arbeitslosengeld II lebt, 2015 für die NPD im Leipziger Stadtrat kandidiert und sollte von dieser Partei auch für die Landtagswahl nominiert werden. Weil er wegen seiner umfangreichen Vorstrafen aber nicht wählbar gewesen wäre, musste in seinem Leipziger Wahlkreis die Stadtratswahl wiederholt werden.

Am Mittwoch vor dem Amtsgericht Döbeln kassierte der Leipziger eine Geldstrafe über 40 Tagessätze zu zehn Euro, die er jedoch nicht bezahlen und als Ersatzfreiheitsstrafe absitzen will. Zugrundegelegt wurde bei der Bemessung sein Hartz-IV-Satz. Tina W., die als Servicekraft arbeitet, wurde zu 40 Tagessätzen zu 20 Euro verurteilt. Richter Janko Ehrlich blieb dabei knapp unter dem vom Staatsanwalt geforderten Satz von 25 Euro.

Tina W. hatte vor Gericht eingeräumt, dass sie an der Aktion beteiligt war. Allerdings habe sie nur auf dem Gehweg vor dem Lessing-Gymnasium versucht, Flyer und Material der JN zu verteilen. Auch Alexander K. räumte eine Beteiligung ganz klar ein. Aufgrund der Vielzahl der heimgesuchten Schulen wollte er sich nach zweieinhalb Jahren aber nicht mehr daran erinnern, ob er auch in dem ihm zur Last gelegten Fall aus Plauen dabei war. Richter Janko Ehrlich ließ jedoch keinen Zweifel daran, dass er beide Angeklagte wegen Mittäterschaft verurteilen werde. Die Staatsanwaltschaft Chemnitz und das für Extremismus zuständige Operative Abwehrzentrum (OAZ) hatte in insgesamt 17 Fällen gegen sechs Männer und eine Frau ermittelt. Im März 2015 wurden mehrere Wohnungen, darunter auch eine in Döbeln, sowie die Geschäftsstellen des NPD-Jugendverbandes durchsucht. Auf Computern und Handys wurden dabei auch Fotos der Aktion gesichert, welche die Beteiligten selbst zu Propagandazwecken angefertigt hatten. Darauf waren auch die beiden gestrigen Angeklagten zu erkennen. Allerdings war trotz der Zeugenaussagen eines Döbelner Schülers und eines Plauener Berufsschullehrers nicht eindeutig zu klären, ob sich beide auch wirklich im Schulhaus in Döbeln beziehungsweise in Plauen aufgehalten haben. Dies und die Tatsache, dass beide eine Tatbeteiligung nicht abstritten, wirkte sich mildernd auf das Urteil aus. Bis nächste Woche haben beide die Chance, gegen die Verurteilung Widerspruch einzulegen.

Auch der Döbelner NPD-Stadtrat Stefan Trautmann war im Zusammenhang mit der Platzhirschaktion am Döbelner Gymnasium per Strafbefehl zu 160 Tagessätzen zu 20 Euro verurteilt worden. Dieses Urteil ist rechtskräftig, denn er war nicht in Widerspruch gegangen.

Von Thomas Sparrer