Beihilfe zur Tötung: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat Ermittlungen gegen eine 90-Jährige aus dem Raum Lörrach aufgenommen. Ihr wird vorgeworfen, im KZ Stutthof gearbeitet zu haben.
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat Ermittlungen aufgenommen gegen eine
 90 Jahre alte Frau aus dem Landkreis Lörrach wegen des Verdachts der 
Beihilfe zur Tötung in einer noch unbestimmten Zahl von Fällen. Die Frau
 soll im Konzentrationslager Stutthof unweit von Danzig als Telefonistin
 tätig gewesen sein.
Die Ermittlungen gehen zurück auf die Arbeit der Zentralen Stelle der 
Justizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistisches Verbrechen in 
Ludwigsburg. Nach dem Urteil des Landgerichts Lüneburg im Fall Oskar 
Gröning im Jahr 2015 und der Bestätigung des Richterspruchs durch den 
Bundesgerichtshof wurden in Ludwigsburg noch einmal die Akten überprüft.
 Gröning war im KZ Auschwitz tätig und wurde verurteilt, obgleich er 
nicht unmittelbar an der massenhaften Tötung von Juden beteiligt war. 
Für den Vorwurf der Beteiligung an der Tötung reiche es aus, einen 
Beitrag dazu geleistet zu haben, dass das Mordsystem funktionierte.
Die Zentralstelle in Ludwigsburg hat in der Folge auch das KZ Stutthof 
geprüft und stieß auf zunächst neun Personen, fünf Wachmänner und vier 
Frauen, die in unterschiedlicher Funktion in der Lagerkommandantur tätig
 waren. Eines der Verfahren wurde inzwischen eingestellt. Zwei der 
Personen leben in Baden-Württemberg, zuständig ist die 
Staatsanwaltschaft in Stuttgart.
Im Fall der Frau aus dem Kreis Lörrach spielt eine Rolle, dass sie als 
Mitarbeiterin in der Telefonzentrale über alles informiert war, was in 
dem Lager passierte. "Die Wachmänner sind natürlich näher dran am 
eigentlichen Verbrechen", sagt der Leiter der Zentralstelle, Jens Rommel
 der Badischen Zeitung. "Aber die Telefonistinnen wussten sehr viel, sie
 haben viele Informationen weitergegeben." Zwar räumt auch Rommel ein, 
dass der Vorwurf der Beteiligung in diesem Fall weit ausgelegt ist, 
"aber wir halten das für strafbar". Daher habe man die Akten an die 
Staatsanwaltschaft weitergereicht.
Jan Holzner, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart, nennt das 
Verfahren "einen spannenden Fall". Denn es stelle sich die Frage, welche
 Rolle eine Telefonistin für den reibungslosen Betrieb dieser 
Mordmaschine gespielt habe und wie weit zurechenbar der Begriff der 
Beteiligung an einem Tatgeschehen ist. Dazu müsse man zum Beispiel mehr 
über den genauen Aufgabenbereich wissen. Bisher gebe es lediglich einen 
"Anfangsverdacht", ob sich daraus ein "hinreichender Tatverdacht" 
ergibt, müsse sich zeigen. Detail könne er nicht nennen.
Die Zentralstelle in Ludwigsburg prüft derzeit parallel eine Liste mit 
mehr als 3000 Namen von Personen, die im Konzentrationslager Auschwitz 
tätig waren. Die Namensliste wurde der Behörde Ende Januar von Polen 
übergeben.
