Ein „Linkslinguist“? Die AfD Sachsen und ihre mangelnde Lesekompetenz

AfD zu "Linkslinguist"

Dass ein Wörterbuch der besorgten Bürger bei diesen selbst nicht auf Zuneigung stoßen würde, überrascht nicht. Die AfD Sachsen allerdings nimmt die Veröffentlichung gleich zum Anlass, ihre unbarmherzig mangelhafte Lesekompetenz unter Beweis zu stellen. Ein „Linkslinguist“ habe das Buch zu verantworten und „Entartung“ wäre ganz falsch dargestellt, poltert Landesvize Thomas Hartung. Dumm nur, dass das Buch 12 Personen geschrieben haben und „Entartung“ darin gar nicht vorkommt.

 

Die AfD Sachsen schert sich bekanntlich wenig darum, wie stimmig und plausibel ihre Aussagen sind. Eine bei Facebook diskutierte Pressemitteilung zum Wörterbuch des besorgten Bürgers leuchtet einmal mehr die Abgründe aus, die diese Praxis mitliefert. Da wird einer von vier Herausgebern des Buchs allein verantwortlich gemacht und als „Linkslinguist“ tituliert. Offenbar kann sich die AfD nicht vorstellen, dass mehrere Leute gleichberechtigt ein solches Werk aufs Gleis setzen. Ohne Führer wird das doch nichts. Und des Lesens ist sie bestenfalls sehr kurzweilig mächtig. Schließlich bezieht sich die Pressemitteilung auf einen Artikel bei bento, bei dem ein irreführender Teaser von R. Feustel und „seinem Team“ sprach. Das Buch hat offenbar keiner In Augenschein genommen, sonst wäre aufgefallen, dass unter den 12 Mitwirkenden zwei Linguistinnen sind.

 

Was genau ein Linkslinguist sein könnte, bleibt Hartung und mit ihm die AfD ebenfalls schuldig. Ist das jemand, der sich anmaßt, von links nach rechts zu lesen? Oder jemand, der nur die linken Seiten eines Buchs zur Kenntnis nimmt, etwa aus ideologischen Gründen? Wir wissen es nicht.

 

Das Beispiel, mit dem Hartung seine wutschnaubenden Aussagen untermauern will, lässt tief blicken. Das Wort „Entartung“ gehe, erklärt er, „auf den jüdischen Publizisten Max Nordau 1892“ zurück. Spricht da das Unbewusste oder warum kolportiert Hartung einen Begriff, der nicht Gegenstand des Wörterbuchs ist? An vermeintlichen Entartungen hat Hartung offenbar einen Narren gefressen, schließlich hat ihn die TU Dresden bereits vor einer Weile vor die Tür gesetzt, nachdem er einen Lehrenden mit Trisomie 21 schwer beleidigt hatte.

 

Und dann glänzt Hartung noch mit Analogienbildung: „Auch Pauschalisierungen sind per se nicht negativ, jedes Curriculum verallgemeinert Bildungsfähigkeiten, jede Krankenkasse Erkrankungen […].“ Stimmt. Nur dass es im Wörterbuch weder um Curricula noch um Krankenkassen geht, sondern um die AfD-typischen Zumutungen, ganze Menschengruppen pauschal zu verurteilen.

 

Am Ende werden Hartungs Ausführungen – die zeigen, wie getroffen die AfD offenbar ist – doch noch bitter. Er zitiert Victor Klemperer als Kronzeuge seiner Aussagen. Dazu schweigen wir betreten.