460 Flüchtlinge sind in Gefahr, zwangsweise in ihre instabile Heimat rückgeführt zu werden.
In Freiburg lebende Roma-Kriegsflüchlinge, die zum großen Teil schon vor 2001 in die Stadt gekommen sind, sollen ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten. So sieht es der Gemeinderat. Die Roma dürften wegen der unsicheren politischen Lage nicht in das Kosovo abgeschoben werden. 460 Roma in Freiburg sind dieser Gefahr ausgesetzt. Was die seit Jahresanfang neu angekommenen Flüchtlinge betrifft, fordert das Stadtparlament Hilfe vom Land.
Auf dem Rathausplatz gab es am Dienstag vor der Ratssitzung eine Demonstration der Aktion Bleiberecht mit Balkanmusik, auf der Empore im Ratssaal verfolgten viele Roma die Debatte über die Flüchtlinge mit unsicherem Aufenthaltsstatus. Denn die Ausgangslage hat sich verändert, nachdem die deutsche und die kosovarische Regierung eine Rückführung von Roma vereinbart haben.
Die Roma bilden mit einem Anteil von 90 Prozent die größte Flüchtlingsgruppe in Freiburg. Rund die Hälfte der Roma ist minderjährig. Diese Kinder und Jugendlichen kennen das Kosovo gar nicht. Eine Rückkehr in ein ihnen nicht vertrautes Land, dessen Sprache sie nicht sprechen, wäre für sie besonders hart. Stadtverwaltung und Gemeinderat sind deswegen einmütig gegen eine Rückführung. Die Stadt selbst hat bei der Entscheidung, wer ins Kosovo zurückkehren muss, jedoch keinerlei Mitspracherecht.
Durch die neue Rechtslage sind rund 460 der 690 Roma-Flüchtlinge, die 
schon länger in Freiburg leben, der Gefahr ausgesetzt, in ihr 
Herkunftsland abgeschoben zu werden, berichtete Bürgermeister Ulrich von
 Kirchbach. Lediglich 230 Roma besitzen ein dauerhaftes Bleiberecht. 
Weitere 140 Roma sind nur vorläufig geschützt. Sie befinden sich noch im
 Bleiberechtsverfahren. Sie haben die Möglichkeit, bis Ende 2011 diesen 
Status zu erhalten. Dafür müssen sie eine existenzsichernde 
Beschäftigung nachweisen können. 320 Flüchtlinge verfehlen die 
notwendigen Aufenthaltsfristen, welche die Bleiberegelung voraussetzt: 
Familien müssen mindestens sechs, Einzelpersonen acht Jahre in 
Deutschland sein.
Im Jahr 2006 hat sich der Gemeinderat mit einer Resolution schützend vor
 die verfolgten Menschen gestellt: "Diese Resolution ist heute noch 
gültig", sagte Edith Sitzmann (Grüne): "Wir hoffen, dass möglichst viele
 Roma bis 2011 eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen." Die aktuelle 
menschenrechtliche und wirtschaftliche Situation im Kosovo biete keine 
Existenzperspektive. Sitzmann warnte auch vor dem Drehtüreffekt – 
nämlich dass die, die abgeschoben werden, schnell wieder zurückkämen.
"Wir können sie nicht in ihr Heimatland zurückschicken", sagte auch 
Ellen Breckwoldt (CDU). Renate Buchen (SPD) erinnerte an die humanitären
 Grundsätze der Flüchtlingspolitik. Es brauche mehr preisgünstigen 
Wohnraum, Roma-Familie würden keine Wohnungen finden, klagte Michael 
Moos (Unabhängige Listen). Auch für ihn ist klar: Es dürfe keine 
zwangsweisen Rückführungen geben. Und: Die Stadt müsse den Rückbau der 
Plätze in den Flüchtlingswohnheimen kritisch überdenken.
Moos will wie Coineach McCabe (Grüne Alternative) keine Unterscheidung 
zwischen den alten und neuen Roma-Flüchtlingen treffen. Denn seit 
Jahresanfang sind 137 Roma, darunter 66 Kinder, neu nach Freiburg 
gekommen – die Stadt ist das einzige Ziel der Flüchtlinge in 
Baden-Württemberg (die BZ berichtete). Im Flüchtlingsheim wird nun der 
Wohnraum knapp. Für Stadtrat McCabe ist klar: Eine Abschiebung könne und
 dürfe es nicht geben, weil es im Kosovo für Roma keine 
Existenzgrundlage gebe.
Die Ratsfraktionen sehen bei den Neuankömmlingen aber auch das Land in 
der Pflicht: "Wenn der Zustrom anhält, wird sich die Situation weiter 
zuspitzen und die Stadt braucht Hilfe von außen", sagte auch CDU-Rätin 
Breckwoldt. Die europäische Gemeinschaft müsse sich zudem dringend für 
Verbesserungen in den Herkunftsländern einsetzen.

