Neonazi-Gruppe listet jüdische Geschäfte auf - Staatsschutz ermittelt

Erstveröffentlicht: 
10.11.2016

Adressen von fast 70 jüdischen Einrichtungen werden am Jahrestag der Pogromnacht auf einer rechtsextremen Berliner Facebook-Seite veröffentlicht. Der Staatsschutz ermittelt.

von Felix Hackenbruch

 

Anlässlich des 78. Jahrestags der Reichspogromnacht hat eine Berliner Neonazi-Gruppe auf ihrer Facebook-Seite eine Karte gepostet, auf der die Adressen von fast 70 jüdischen Einrichtungen in Berlin aufgelistet werden. In Frakturschrift steht auf der Karte „Juden unter uns!“, daneben sind Synagogen, jüdische Kitas, Schulen, Denkmäler, Geschäfte, Restaurants und Friedhöfe eingezeichnet. Darüber haben die Autoren geschrieben: „Heut ist so ein schöner Tag!“ Entdeckt hatte den Post die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR). Die Berliner Polizei leitete am Donnerstag Ermittlungen wegen Verdacht auf Volksverhetzung ein, das bestätigte eine Sprecherin dem Tagesspiegel. Nun ermittelt der Staatsschutz des Landeskriminalamtes.

 

Zusammen mit dem Büro des grünen Bundestagsabgeordneten Volker Beck hatte die Organisation alle aufgelisteten jüdischen Einrichtungen informiert und gewarnt. Nach Informationen der MBR-Projektleiterin Bianca Klose werden von der Gruppe, die seit 2010 beobachtet wird, „regelmäßig offen rassistische und antisemitische Beiträge überwiegend zu weltpolitischen Ereignissen geteilt.“ 

 

Volker Beck: "Es ist ein Angriff auf uns alle"


Auf der Karte findet sich auch die Adresse des Holocaust-Mahnmals. „Wir finden so etwas unerträglich“, sagte eine Sprecherin der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas. Die Karte erinnere die Wissenschaftler an Listen, wie sie zur Reichspogromnacht veröffentlicht wurden, so die Sprecherin.

 

Volker Beck äußerte sich empört und bekundete Solidarität mit der jüdischen Gemeinde in Berlin. „Ich sehe darin einen Angriff auf unsere offene Gesellschaft. Es ist ein Angriff auf uns alle,“ sagte er und sprach von einer "gezielten Provokation." Konsequenzen wird der Vorfall allerdings kaum haben. „Unseren ersten juristischen Einschätzung erfüllt dieses Posting aber nicht den Tatbestand der Volksverhetzung.“, sagt Beck.