OberaargauIm Oberaargau oder im Luzerner Hinterland will die Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) ihren Parteitag abhalten. Interessanter als die angekündigte Naziband ist, wer nicht auf dem Einladungsflyer aufgeführt wird.
Von Chantal Desbiolles
«Wut aus Liebe» heisst die Band, die mit offensichtlich rechtsradikaler Symbolik und rechtsradikalen Worten operiert: Mit «Heil» und «GrüSSe» (das Doppel-S eine Reverenz an die Schutzstaffel) wenden sich ihre Mitglieder an Anhänger.
Als Redner präsentiert die Einladung zum 16. Parteitag mit Pnos-Präsident Dominic Lüthard und Florian Gerber bekannte Gesichter aus den eigenen Reihen. Gerber, bereits 2008 in Sempach als Fahnenträger bei der Kranzniederlegung der Pnos, werden Kontakte in die Hammerskins-Szene nachgesagt.
Beide standen sie ebenfalls auf der Rednerliste des Pnos-Anlasses Ende letzten Monat im st.-gallischen Kaltbrunn, der eine Gegendemo forderte. Die Behörden sahen keinen Anlass dafür, einzugreifen. Bis zuletzt war der Veranstaltungsort – wie bei den allermeisten dieser Treffen üblich – nicht bekannt.
Eine Einladung als «Köder»
In Saxon VS ging die Polizei zuletzt am Samstag wegen fehlender Bewilligungen gegen die «Konferenz zum Nationalismus» vor: Nach ihrer Identifikation sind die Anhänger der rechten Szene aufgefordert worden, den Kanton zu verlassen. Die Pnos brüstete sich anschliessend öffentlich damit, die aufgelöste Veranstaltung kurzerhand nach Fully verlegt, dort durchgeführt und damit die Staatsmacht ausgetrickst zu haben.
Dazwischen die Ankündigung für den alljährlichen Parteitag in der Region Oberaargau-Luzerner Hinterland: Durchaus wahrscheinlich, dass die Pnos hier an ihrem Gründungsort auch mit doppeltem Boden zu Gange ist. Umso mehr, als die Stimmung nach dem Neonazi-Grossanlass im Toggenburg angeheizt ist und rechtsextreme Exponenten von einer breiten Öffentlichkeit beobachtet werden.
Dass auch in der Region ein solch grosser Pulk aufmarschieren könnte, halten Szenebeobachter zwar für vorstellbar, aber unwahrscheinlich. Mehr als zwischen 50 und 80 Anhänger wurden bisher an Parteitagen nicht gezählt. Relevanter als die Zahl der Anwesenden an solchen Anlässen sei ihre Vernetzung, sagt Heinz Kaiser, der als sogenannter Nazijäger Bekanntheit erlangt hat.
Bekannte deutsche Gäste
Die Pnos ist wohlbekannt für ihre deutschen Gäste; auf Parteitagen sprechen jeweils auch Genossen aus dem grossen Kanton. Austausch und Verbindungen laufen laut Kaiser «auf Hochtouren» nach ganz Europa. «Man muss sich nicht wundern, dass die Deutschen so gerne in die Schweiz kommen», so Kaiser: Symbolik und Hitlergruss sind hier nicht verboten.
Und immer wieder werden Exponenten der rechten Szene hier auf der Suche nach Lokalitäten fündig: Entweder überprüfen Vermieter den Hintergrund ihrer Mieter nicht – oder es interessiert sie schlicht nicht.
Einer jener, die nicht auf dem Flyer aufgeführt werden, aber dennoch oft bei der Pnos zu Gast sind: Thomas Gerlach, im langwierigen Prozess gegen die Mitglieder des Nationalsozialistischen Untergrunds, weigerte er sich, über seine Verbindungen zur rechtsextremem Organisation Hammerskins auszusagen. Vor Gericht sagte er aus, dass er zu Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt keinen Kontakt gepflegt habe.
Pnos-Parteichef Dominic Lüthard kennt Gerlach und sein Netzwerk, den Thüringer Heimatschutz, mindestens seit 2005. Damals absolvierte er erste Auftritte mit seiner Band Indiziert in Jena, wo Gerlach unter den Organisatoren war. Dieses nennt Kaiser als nur eines von vielen Beispielen für die langjährigen Beziehungen. (Berner Zeitung)