Am 1. Oktober trat der neue deutsch-tschechische Polizeivertrag in Kraft. Aus diesem Grund kam es am vergangenen Mittwoch im Rahmen einer zweitägigen Polizeiübung zu einer länderübergreifenden Aktion am ehemaligen Grenzübergang Deutscheinsiedel/Mníšek. Im Zentrum der Übung standen dabei nach Angaben des Sächsischen Innenministeriums „unterschiedliche Einsatzszenarien zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und Gefahrenabwehr“.
Während am Mittwoch die Auseinandersetzung mit Versammlungen geprobt wurde, stand am Tag darauf „die grenzüberschreitende Nacheile von Tschechien nach Deutschland und umgekehrt im Zusammenspiel der Sicherheitsbehörden beider Staaten“ auf dem Programm. Insgesamt waren Landes- und Bundespolizei in den ersten neun Monaten dieses Jahres nach eigenen Angaben zehnmal mutmaßlich straffällig gewordenen Personen ins Nachbarland gefolgt.
Eine Überarbeitung des seit September 2000 geltenden Vertrages war nach Auffassung des Bundesministeriums des Inneren (BMI) notwendig geworden, da dieser „in Teilen hinter dem zwischenzeitlich auch für die Tschechische Republik geltenden europäischen Rechtsrahmen sowie anderen bilateralen Polizeiverträgen“ zurück stand. Der bereits am 28. April 2015 unterzeichnete Vertrag gestattet künftig Polizei und Zoll Hoheitsrechte beiderseits der Grenze ausüben zu können.
Für Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) trägt das Abkommen dazu bei, „die grenzüberschreitende Kriminalität – insbesondere in den unmittelbaren Grenzregionen – in Zukunft noch wirksamer zu bekämpfen“. Seit Monatsbeginn darf sowohl die Polizei, als auch der Zoll in Sachsen und Bayern auch bei Ordnungswidrigkeiten, wie zum Beispiel „Drogenbesitz in geringfügigen Mengen“ mit ihren tschechischen Kolleginnen und Kollegen zusammenarbeiten.
Was genau unter einer im Vorfeld als grenzüberschreitende Übung zur Verbesserung der Einsatzmöglichkeiten zu verstehen ist, wurde schließlich am Mittwochmorgen auch der Presse gezeigt. Auf Bildern ist zu sehen, wie teilweise vermummte Polizeieinheiten beider Länder gemeinsam gegen eine Demonstration von Umweltschützerinnen und Umweltschützern vorgehen. Was dieses Szenario allerdings mit dem von Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) ausgegebenen „Kampf gegen Wohnungseinbruchdiebstahl und Rauschgiftdelikten“ zu tun hatte, blieb unbeantwortet.
Nichtsdestotrotz bezeichnete Ulbig die Übung als „wichtigen Praxistest“: „Kein Krimineller darf vermeintlich unklare Zuständigkeiten und Kompetenzen für sich ausnutzen, um grenzüberschreitende Straftaten zu begehen. Neben weiteren Übungen ist es für die Zukunft wichtig, Sprachbarrieren zwischen den Beamten beider Länder weiter abzubauen, um die Kommunikation zu verbessern.“
In der gleichen Woche hatte de Maizière ebenso wie zuvor schon Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Forderung von Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn und Italien am Rande des EU-Gipfels in Brüssel zurückgewiesen, welche das aktuelle Ausmaß der innereuropäischen Grenzkontrollen als „völlig unangemessen und unrechtmäßig“ kritisiert hatten. „Auch wenn sich die Flüchtlingssituation an den Binnengrenzen derzeit entspannt hat, so stellt sich die Lage nach wie vor als äußerst fragil dar“, so der Deutsche Bundesinnenminister in einem Schreiben, welches auch von den Regierungen in Österreich, Dänemark, Norwegen und Schweden unterstützt wird.
Hintergrund des Streites ist, dass die Mitte September 2015 als „Ausnahmeregelung“ eingeführten und im Mai 2016 „im Interesse von Sicherheit und Ordnung“ noch einmal verlängerten Grenzkontrollen eigentlich Mitte November beendet werden sollten. Nach den Vorstellungen von Deutschland, Österreich und Dänemark sollen die Kontrollen jedoch auf einmal noch bis mindestens ins nächste Jahr verlängert werden.