Mit bunten Schirmen und Kerzen haben rund 300 Dresdner am Donnerstagabend ein stilles Zeichen gegen das Getöse der Fremdenfeinde am Tag der Deutschen Einheit gesetzt. Aufgerufen von zwei Bürgern versammelten sie sich unter dem Motto „Dresden bleibt bunt“ auf dem Neumarkt, an dem am Montagmorgen ähnlich viele „Patrioten“ mit Wut und Hass getobt hatten.
Mit bunten Schirmen und Kerzen haben rund 300 Dresdner am Donnerstagabend ein stilles Zeichen gegen das Getöse der Fremdenfeinde am Tag der Deutschen Einheit gesetzt. Aufgerufen von zwei Bürgern versammelten sie sich unter dem Motto „Dresden bleibt bunt“ auf dem Neumarkt, an dem am Montagmorgen ähnlich viele „Patrioten“ mit Wut und Hass für Negativschlagzeilen gesorgt hatten. Mit dem Glockenschlag der Frauenkirche um Punkt 19 Uhr wurden die Schirme aufgespannt und Kerzen angezündet. Auf laute Parolen und auf Reden wurde bewusst verzichtet. Stattdessen gab es für eine Stunde leise Gespräche, dazu wurde gesungen.
In vielen Gesprächen, an denen sich auch Sachsens SPD-Chef und Wirtschaftsminister Martin Dulig beteiligte, ging es noch einmal um den 3. Oktober. An dem Morgen hatten rund 300 Anhänger von Pegida, AfD-Sympathisanten und Politiker sowie Neonazis für ein regelrechtes Hass-Spalier für die Gäste des Gottesdienstes in der Frauenkirche gesorgt. Dabei wurden zahlreiche beleidigende und volksverhetzende Parolen gebrüllt. Polizei und Ordnungsamt hatten die Fremdenfeinde entgegen der gültigen Rechtslage gewähren lassen.
Markus Papperitz, Organisator der Veranstaltung, nahm hier auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) und Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) in die Pflicht. Beide seien regelrecht abgetaucht, ohne ein Wort der Entschuldigung für die Vorkommnisse. Was am 3. Oktober passiert sei, sei nichts, was eine Demokratie aushalten müsse. Das sei schlicht eine Grenzüberschreitung gewesen. Dem wolle man entgegen wirken und zeigen, dass Dresden bunt ist.
Stille gegen fremdenfeindlichen Lärm
Er wolle zeigen, dass die Dresdner auch auf die Straße gehen und miteinander reden können, ohne laut zu werden, erklärte Organisator Papperitz. „Genießt die Stille dieser wunderschönen Stadt“, sagte er zu Beginn. „Wir können zusammenfinden, ohne laut zu sein.“ Über das Ergebnis äußerte er sich am Ende stolz. Es seien doppelt so viele Menschen gekommen, wie erwarte. „Da kann man sehen, was einfache Bürger erreichen können“, freute sich eine Teilnehmerin sichtlich.
Es gab allerdings auch Kritik. Es fehle an Inhalt, still stehen reiche nicht, hieß es sowohl vorab als auch auf dem Neumarkt. Das wollte der Anmelder aber nicht auf sich sitzen lassen. „Dresden braucht einen Ruhepunkt“, so Papperitz. Pegida sei nicht in der Mehrheit, sie seien schlicht besonders laut. Und dem wolle er an diesem Abend mit Ruhe begegnen.
Aufruf für Herz statt Hetze am 17. Oktober
Für den lautstarken Protest sei der 17. Oktober der richtige Anlass, sagte Papperitz weiter. An diesem Tag will die Gruppe „Herz statt Hetze“ gegen den zweiten Jahrestag von Pegida demonstrieren. Entsprechend war der 17. Oktober das zweite große Gesprächsthema des Abends. Während viele auf ein kraftvolles Zeichen der Bürgerschaft hoffen, zeigten sich andere besorgt, dass das Ordnungsamt einmal mehr Pegida den „roten Teppich“ ausrollen werde.
Denn theoretisch sind alle Innenstadt-Plätze durch Veranstaltungen belegt, auch der von Pegida längst als Treffpunkt beworbene Theaterplatz, auf dem Sachsens Grünen-Chef Jürgen Kasek laut einem Bericht der Sächsischen Zeitung bereits im Februar eine eigene Versammlung angezeigt hat. Lebhaft wurde vor Ort diskutiert, wie Dresdens Versammlungsbehörde entscheiden wird. Optimistisch waren die wenigsten, dafür sei in Dresden schon zu viel passiert.
Stephan Lohse