Demo gegen das "Vorzeigeprojekt", mehrere Hundert Teilnehmer am Samstag erwartet
Als "Vorzeigeprojekt" bezeichnete Winfried Kretschmann bei seinem Besuch vor einem Jahr im Patrick Henry Village (PHV) die dortige Flüchtlingsregistrierungsstelle, in der Asylanträge deutlich schneller bearbeitet werden als in anderen Einrichtungen. Doch nicht alle teilen die Einschätzung des Ministerpräsidenten: Etwa 50 linke und Flüchtlingsgruppierungen aus ganz Deutschland rufen am Samstag zur Demo unter dem Motto "Solidarität für alle" in Heidelberg auf. Sie sehen in den jüngsten Asylrechtsänderungen sowie dem Heidelberger Modellprojekt einen stetigen Abbau der Rechte von Asylbewerbern.
Das System führe in erster Linie dazu, dass mehr und schneller abgeschoben werde, kritisiert Michael Csaszkóczy von der Antifaschistischen Initiative Heidelberg. "Da wollen wir entgegenwirken", betont der Lehrer: "Dabei geht es nicht um Mitleid für die Geflüchteten, sondern um so etwas Grundlegendes wie gleiche Rechte für alle."
Die sieht Asylrechtsanwältin Brigitte Kiechle, aktiv bei der Interventionistischen Linken Karlsruhe, durch die beschleunigten Verfahren gefährdet: "So haben die Geflüchteten häufig keine Möglichkeit, sich rechtlichen Beistand zu suchen oder im Krankheitsfall eine Abschiebung durch ein Attest zu verhindern." Zudem finde im PHV zu Beginn des Verfahrens eine Kategorisierung der Asylbewerber statt, von der die Bleiberechtsperspektive abhänge: "Die erfolgt nur aufgrund der Herkunft - ohne, dass die Flüchtlinge überhaupt gehört werden."
Auch der neue "Ankunftsausweis" kommt bei den Organisatoren nicht gut weg: Als "datenschutzrechtlich katastrophal" bezeichnet ihn Arne Ruppach von der Linken Heidelberg: "Man guckt, wie weit man gehen kann. Und dann wird das auf andere Leute ausgeweitet", warnt er.
Zur Demo, die am Samstag um 14 Uhr am Hauptbahnhof startet und über den Bismarckplatz und die Hauptstraße zum Uniplatz führt, erwarten die Organisatoren - genauso wie die Polizei - mehrere Hundert Menschen. Auch Hassan Maarfi Poor, der selbst aus dem Iran geflohen ist und seit sechs Jahren in Deutschland lebt, wird dabei sein. Den Studenten, der bei der "Space Initiative Heidelberg" aktiv ist, stört die Selektion unter den Asylbewerbern: "Flüchtlinge müssen das Recht haben, sich weltweit zu bewegen, egal, wo sie herkommen und ob sie eine Doktorarbeit geschrieben haben oder Analphabeten sind."
Musikalisch begleitet wird die Abschlusskundgebung auf dem Uniplatz unter anderem von Mal Éléve von "Irie Revoltés" und der "Mikrofon Mafia".