Am Mittwoch, den 28.09.16, hielt der ehemalige SPD-Politiker – jetzt AfD-Mitglied – Guido Reil einen Vortrag im Krefelder Restaurant „Hexagon“. Das Hexagon befindet sich im Gebäudekomplex des Seidenweberhaus, in dem beispielsweise auch der Sitz des Stadtrates zu finden ist. Eingeladen hatte der Krefelder Kreisverband der AfD; aus Angst vor „linksradikalen Übergriffen“ wurde der Veranstaltungsort allerdings nur intern und nach Anmeldung verbreitet. Bereits in den vergangenen Wochen rückte Guido Reil sich durch Auftritte in Fernseh-Talkshows ins Rampenlicht und konnte sich insbesondere aufgrund seines Parteiwechsels in Aufmerksamkeit suhlen. Um eben jenen Wechsel sollte es auch bei der Veranstaltung gehen.
Mithilfe der medialen Präsenz verbreitete er vor allem Geflüchteten-feindliche Ressentiments, die wir nur zu gut von anderen AfD-Politikern, aber auch aus dem Kreis der „bürgerlichen“ Parteien kennen. „Grenzen dicht“, „Wo nimmt Deutschland auf einmal das Geld her, das für die Deutschen nie vorhanden war“, „Es kommen nur männliche, gut gekleidete Wirtschaftsflüchtlinge“ usw. Seine subjektiven Erfahrungsberichte im Umgang mit Geflüchteten strotzen nur so vor Übertreibung und Falschaussagen. Damit schürt Guido Reil im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht nur Hass und verbreitet widerlegbare Vorurteile, er sorgt auch dafür, dass die Grenze des Sagbaren immer weiter nach rechts verschoben wird.
Als weiteren Grund für seinen Austritt aus der SPD und den Eintritt in die AfD nennt Guido Reil die „Entfremdung der SPD vom Arbeitermilieu“. Warum er dann ausgerechnet die Arbeiter/innen-feindliche AfD unterstützt bleibt sicherlich sein Geheimnis, insbesondere, nachdem er noch im Mai die „Ideologie der AfD“ strikt ablehnte.
Alles in allem Grund genug, um zu sagen: Wir stellen uns gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft. Wir stellen uns gegen den Geflüchteten-feindlichen Vortrag Guido Reils. Wir stellen uns gegen die AfD.
Kurz vor Beginn des Vortrages (19:00 Uhr) sickerte dann auch der Veranstaltungsort durch, sodass wir – einige Krefelder Antifaschist/innen – kurzfristig zu einer Spontandemonstration mobilisieren konnten. Gegen 18:45 erreichten wir unter Parolen wie „AfD-Rassistenpack, wir haben euch zum Kotzen satt“ mit ca. 30 Personen den Theaterplatz (der Platz zwischen dem Seidenweberhaus und dem Krefelder Theater). Auf zwei schnell herbeigeschafften Transparenten wurde unsere Ablehnung gegen die AfD und deren rassistische, nationalistische und antisemitische Politik deutlich. Parallel hierzu fand eine Jubiläumsveranstaltung der Volksbank im Seidenweberhaus statt, wodurch beispielsweise der Oberbürgermeister Frank Meyer (SPD) auf den Gegenprotest aufmerksam wurde und sichtlich irritiert auf die AfD-Veranstaltung reagierte.
Überrascht wurden wir beim Eintreffen auf dem Theaterplatz von 10-20 Polizisten inkl. Hunden. Erst später konnten wir im Polizeibericht erfahren wieso: Im Laufe des Tages hatte eine Privatperson einen Gegenprotest angemeldet und kurze Zeit später wieder abgemeldet. Das wiederum hatte zu einer erhöhten Bereitschaft mehrerer zivilen und uniformierten Polizisten geführt. Nach unserem jetzigen Kenntnisstand handelt es sich bei der anmeldenden Person um einen Besucher des AfD-Vortrags.
Wenige Minuten nach unserem Eintreffen kam es zu einer kurzen Rangelei mit den eingesetzten Polizisten. Diese wollten gerne mehr Abstand zwischen uns und der der Gruppe vor dem Eingang haben, obwohl bis auf wenige beidseitige Provokationen bisher alles ruhig geblieben ist. Im weiteren Verlauf wuchs der Gegenprotest auf knapp 40 Personen an und Passanten wurden mittels Flugblättern über die AfD informiert. Nachdem die etwa 60 AfDler im Inneren des Hexagon verschwunden waren, die Polizei einen Videowagen anforderte und sich auf das Auflösen der Spontandemonstration vorbereitete, verließen wir gegen 19:15 das Gelände. Einige Teilnehmer schlossen sich im Anschluss zu einer Spontandemonstration richtung Hauptbahnhof zusammen. Während der Sponti kam es zu einem Hitlergruß & „Sieg Heil“-Rufen eines Passanten, allerdings auch zu positiven Rückmeldungen.
Laut der AfD Uerdingen (Stadtteil von Krefeld) soll „gegen 23:00 Uhr noch eine mit Böllern gefüllte Bierflasche gegen die Veranstaltungshalle geworfen“ worden sein. Diese sei dann „ähnlich einer Splitterbombe explodiert“. Wie auch immer das funktionieren soll.